Alkohol, Nikotin, Drogen, Medikamente, Handy: Sucht hat viele Ausprägungen und Ursachen. Doch wann spricht man überhaupt von einer Sucht? Was ist der Unterschied zwischen einer Sucht und einer Abhängigkeit? Warum werden Menschen süchtig oder abhängig von bestimmten Substanzen? Wann treten Entzugserscheinungen auf?
Wir klären über Risiken von Suchtmitteln auf, räumen mit Mythen auf und informieren über Möglichkeiten, von einer Sucht oder Abhängigkeit loszukommen.
Noch kein Mitglied?
Jetzt zur Barmer wechseln und von diesen und vielen weiteren Vorteilen profitieren.
Jetzt Mitglied werden
Nimmt man alle Süchte zusammen, sind das nicht wenige, zeigt das Epidemiologische Suchtsurvey 2018: 6,8 Prozent aller deutschen Erwachsenen sind zum Beispiel tabaksüchtig, 3,4 Prozent alkoholabhängig, 3,2 Prozent süchtig nach Medikamenten wie Schmerz-, Schlaf- oder Beruhigungsmittel. Knapp ein Prozent ist abhängig von Cannabis, Amphetaminen, Kokain oder Crack. Dazu kommen 0,34 Prozent, die laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) glücksspielsüchtig sind. Digitale Medien ziehen in Deutschland vor allem Kindern und Jugendlichen in den Bann, doch genaue Zahlen zum Onlinesuchtverhalten gibt es noch nicht. Klar ist aber, dass bei etwa drei bis fünf Prozent die Nutzung so bedenklich ist, dass sich daraus eine Sucht entwickeln kann oder bereits eine Abhängigkeit besteht.
Es gibt keinen. „Sucht ist der Begriff, der nur noch im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird. Fachleute sprechen dagegen von Abhängigkeitserkrankung oder Abhängigkeitssyndrom“, erklärt Josef Strohbach, stellvertretender Bereichs-Geschäftsführer des Vereins Condrobs, der unter anderem Suchtgefährdeten und -kranken beim Ausstieg hilft. Beide Begriffe meinen also das Gleiche.
Sucht ist – auch wenn manche Außenstehende das meinen - keine Willens- oder Charakterschwäche, sondern eine chronische Krankheit, die jeden treffen kann. Sie entsteht durch ein Zusammenwirken verschiedener biologischer, psychologischer, psychotraumatologischer und sozialer Faktoren. Weiterlesen
Wichtiger als das WIE ist die Tatsache, DASS man eine Sucht überwinden kann. Zwei Wege aus der Abhängigkeit sind möglich:
Die Reduktion: Man kann den Konsum reduzieren, um seiner Gesundheit wenigstens nicht mehr ganz so massiv zu schaden und wieder zu einem freudvollen Leben zurückzufinden. Einzelne schaffen das. Sie rauchen dann etwa nur noch drei Zigaretten pro Tag, trinken nur noch ein Bier pro Abend oder reduzieren das schädliche Kaufverhalten so weit wie möglich. „Ich erlebe es allerdings selten, dass man auf einen genussvollen Konsum zurückkommen kann, gerade wenn die Sucht schon lange besteht“, sagt Experte Strohbach.
Die Abstinenz: Diese therapeutische Strategie beruht auf der Annahme, dass Sucht eine chronische Krankheit ist: Sie ist zwar nicht heilbar, aber man kann sie so weit lindern, dass sie für den Betroffenen nicht mehr relevant ist. Dafür müssen Suchtkranke lernen, konsequent die Finger von der entsprechenden Substanz zu lassen oder sich ihr schädliches Verhalten komplett abzugewöhnen. „Ich vergleiche das gerne mit einer unglücklichen Liebe: Man kann durch reduzierten Konsum versuchen, sie zu reparieren – oder sich ganz davon verabschieden und Alternativen finden, die einem das Leben wesentlich schöner machen“, sagt Experte Strohbach. Die Abhängigen lernen in der Therapie auf Alkohol oder Drogen komplett zu verzichten. Bei einer Tablettenabhängigkeit ist dies jedoch oft sehr schwer, wenn zum Beispiel chronische Schmerzen bestehen.
Der erste Schritt ist getan, wenn der Betroffene im Internet nach einer Beratungsstelle oder Fachambulanz in der Nähe sucht. Adressen finden sich nach Bundesländern sortiert etwa im Verzeichnis der Suchtberatungsstellen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Auf den jeweiligen Webseiten erfährt man, ob man einen Termin ausmachen sollte oder unangemeldet kommen kann. Weiterlesen
Um festzustellen, ob jemand von einer Substanz oder einem Verhalten abhängig ist, haben Experten sechs Anzeichen identifiziert, die sich sowohl körperlich als auch psychisch bemerkbar machen. Sie sind in den ICD-10-Richtlinien („International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems“) festgehalten. Weiterlesen
Wie die Sucht nach einer bestimmten Droge ist auch das starke Verlangen nach häufigem Sex (Fachbegriff Hypersexualität) sowie nach Online-Pornografie eine Abhängigkeit. Beides kann das Leben enorm einschränken, weil immer mehr Zeit und Energie für die Sucht verwendet wird: „Wo, wie und wann bekomme ich den nächsten Kick?“ Weiterlesen
Nein, es gibt auch Verhaltens-Abhängigkeiten. Einige Beispiele:
Essstörungen teilen sich in verschiedene Untergruppen auf. Dazu gehören etwa die Binge-Eating-Störung, bei der dem Körper in wiederholt unkontrollierten Heißhungerattacken Essen zugeführt wird. Auch die Ess-Brech-Sucht (Bulimie) ist eine Essstörung: Hier wird das unkontrolliert Gegessene möglichst schnell willentlich wieder erbrochen.
Beim Kaufzwang, der Kaufsucht oder dem pathologischem Kaufen (alle unter dem Fachterminus Oniomanie zusammengefasst) shoppen Betroffene nicht, um etwas zu besitzen, sondern erleben den Kick allein durch den Kaufvorgang. Weiterlesen
Sich selbst im eigenen Umfeld outen: Das kostet sehr viel Mut, gerade wenn man erst beginnt, sich die Sucht selbst einzugestehen. „Deshalb passiert es selten, dass die Betroffenen ihrem direkten Umfeld freiwillig von ihrer Abhängigkeit erzählen“, weiß Sucht-Experte Josef Strohbach. Trotzdem ist es ein Befreiungsschlag, sich seinen liebsten Menschen zu offenbaren, dem Doppelleben ein Ende zu setzen. Was dabei helfen kann, ist sich klarzumachen: Eine Sucht ist eine Krankheit, für die ich mich nicht schämen muss. Um Hilfe zu bitten ist mutig und kein Zeichen von Schwäche. Ich übernehme dadurch Verantwortung – für meine Partnerschaft, meine Familie, mein eigenes Leben. Und ich habe die Aussicht auf Erfolg. Frühzeitig das Steuer herumreißen erhöht die Chancen, die Sucht hinter sich lassen zu können und neue gesündere Lebenswege einzuschlagen. Dazu kommt: Wer ein Umfeld hat, auf das er sich verlassen kann, das einen unterstützt, hat wesentlich bessere Chancen wieder gesund zu werden.
Traut man sich trotzdem nicht, seine Angehörigen einzuweihen, ist vielleicht der Weg in die Suchtberatungsstelle eine Möglichkeit. „Hier kann man erste Informationen einholen, sich bekennen und weitere Schritte beraten, auch was das Outing bei Familie oder Arbeitgeber betrifft“, so Strohbach.
Um eine Therapie erfolgreich zu beginnen und auch abzuschließen, muss der Betroffene selbst einsehen, dass er ein Problem hat. Trotzdem kann es nützlich sein, den Angehörigen, die Freundin oder den Bekannten darauf anzusprechen. Weiterlesen
Grundsätzlich wird zwischen stationärer und ambulanter Behandlung unterschieden. Zudem gibt es Tageskliniken, in denen die Therapie tagsüber stattfindet, der Betroffene aber zu Hause wohnt. Auch Selbsthilfegruppen sind eine Form der Therapie. Weiterlesen
Ja, es ist wahr, viele Menschen, die mit dem Rauchen aufhören, nehmen in den ersten Monaten oder Jahren zu. Zum einen weil sich der Stoffwechsel verändert: Der Körper verbrennt ohne Zigaretten pro Tag rund 200 Kilokalorien weniger. (Ein guter Beweis dafür, wie hart sein Kampf gegen die Zigarettenfolgen davor war.) Mit der Zeit pendelt sich das aber ein.
Außerdem wird der Schokoriegel oder der Energy Drink für viele Ex-Raucher zum Zigarettenersatz: nicht gut! Sport und eine gesunde Ernährung sind besser. Ein paar Kilo mehr auf den Hüften sind vielleicht aber auch gar nicht sooooo schlimm. Zumindest besser, als weiter zu rauchen.
Erfahren Sie, was im Körper noch passiert, wenn man aufhört zu rauchen
Auch wer nur pafft, hat Tabakrauch im Mund, Hals und im Rachen. Dort kann er genauso Krebserkrankungen auslösen wie in der Lunge. Und selbst beim softesten Paffen gelangen immer Teile des Rauchs bis in die Lunge. Mehr Fakten
Schlecht für die Umwelt ist nicht nur der Rauch, der in die Luft geblasen wird …
… Wälder werden abgeholzt, um Platz für Tabakplantagen zu machen.
… Tabakpflanzen brauchen im Vergleich sehr viel Wasser, um zu wachsen.
… Milliarden von Zigarettenfiltern landen im Meer: schwer abbaubare Kunstfasern, vollgesogen mit Gift.
Wenn ein Raucher 50 Jahre lang 20 Zigaretten am Tag raucht …
… verbraucht er 1,4 Millionen Liter Wasser
… bläst er 5,1 Tonnen Kohlendioxid in die Luft
Tabak ohne zugesetzte Stoffe klingt erst einmal gut. Er ist aber nicht unbedingt weniger schädlich. Auch hier entstehen krebserzeugende Giftstoffe, wenn der Tabak verbrannt wird. Und auch in vermeintlich gesünderem Tabak steckt Nikotin, das schnell abhängig macht. Mehr Fakten
Dass Zigaretten gar nicht mehr „leicht“ oder „light“ heißen dürfen, zeigt schon, dass das nur ein Trick der Tabakindustrie war. In manchen Sorten steckt zwar tatsächlich weniger Nikotin, Kondensat und Kohlenmonoxid. Dafür zieht man daran meistens häufiger und tiefer, um auf die nötige Nikotindosis zu kommen. Für die Lunge ist das dann noch schlechter. Mehr Fakten
Tabakrauch ist ein gefährliches Giftgemisch – egal ob aus der Zigarette oder der Wasserpfeife. Beim Verbrennen des Tabaks entstehen giftige Stoffe, die Krebs erzeugen und in die Lunge gelangen. Punkt. Zwar wird der Wasserpfeifentabak bei niedrigeren Temperaturen nicht direkt verbrannt, sondern nur „verschwelt“. Im Tabak stecken aber Zucker und Sirup, die dann Krebs erzeugen und die Schleimhäute reizen können. Mehr Fakten
In einer E-Zigarette verdampft eine Flüssigkeit, Liquid genannt, zu weißlichem Qualm. Im Vergleich zu Zigarettenrauch enthält er wahrscheinlich tatsächlich weniger Schadstoffe. In ihm stecken aber genauso Substanzen, die Entzündungen in den Atemwegen auslösen und sie reizen können, das Herzkreislaufsystem schädigen und außerdem vielleicht Krebs erregen. Ganz genau weiß man das noch nicht, weil die Technik neu ist und Wissenschaftler noch viel über E-Zigaretten lernen müssen. Besser als Zigaretten sind sie wohl wirklich. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie ungefährlich sind. Dasselbe gilt für E-Shishas. Mehr Infos
Der Dampf einer E-Zigarette ist wahrscheinlich weniger schlimm als der Rauch einer normalen Zigarette. Wenn ein Kettenraucher komplett auf E-Zigaretten umsteigt, kann das für ihn also das geringere Übel sein. Übel ist es trotzdem. E-Zigaretten können helfen, von normalen Kippen loszukommen. Nur hängt man dann erstmal an der E-Zigarette. Wer E-Dampfer beobachtet, erkennt dieselben Verhaltensmuster wie bei Zigarettensüchtlingen. Nikotin macht abhängig. Und wer abhängig ist, braucht regelmäßig Nachschub. Den umgekehrten Weg gibt es übrigens auch: mit E-Zigaretten angefangen, bei normalen Kippen gelandet. Wer fit und frei sein will, qualmt gar nicht! Mehr Fakten
Die ersten positiven Auswirkungen machen sich schon nach 20 Minuten bemerkbar: Puls und Blutdruck pendeln sich auf einem normalen Niveau ein. Die Durchblutung verbessert sich. Zigarettenrauch ist nämlich keine Entspannung für den Körper, sondern purer Stress.
Laut einer Befragung der Stiftung Gesundheitswissen im Jahr 2017 rauchen 28 Prozent der Deutschen. Im Durchschnitt rauchen sie 900 Zigaretten pro Jahr. Im Jahr 2019 waren das in Deutschland insgesamt 74,6 Milliarden Zigaretten.
48,9 % der Deutschen haben schon mindestens 100 Zigaretten geraucht.
32 Prozent der männlichen Befragten einer Erhebung der Stiftung Gesundheitswissen greifen zum Glimmstengel, bei den weiblichen Befragten liegt der Anteil bei 25 Prozent.
Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lag das Einstiegsalter im Jahr 2019 im Durchschnitt bei 14,8 Jahren. Immerhin: Zwei Drittel der jungen Raucher zwischen zwölf und 25 Jahren geben an, dass sie aufhören wollen.
Laut Tabakatlas 2020 haben 58 Prozent der Deutschen schon mindestens einmal versucht, mit dem Rauchen aufzuhören.
Versuchen sie es, dann unternehmen nur 13 % von ihnen den Versuch mithilfe einer Methode, die Experten empfehlen.