Eine Frau sitzt auf der Couch und nimmt Nasenspray ein.
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Sucht nach Nasenspray: Tipps gegen Abhängigkeit

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Heidi Günther (Apothekerin bei der Barmer)

Es ist so schön einfach: Ein kleiner Sprühstoß schützt bei akutem Schnupfen und verstopfter Nase. Mit 50 Millionen Packungen ist Nasenspray das meistverkaufte Medikament, um eine laufende Nase loszuwerden.

Nasenspraysucht: So kann eine Abhängigkeit zu Nasensprays entstehen

Im Herbst und Winter haben daher nicht nur Erkältung und Schnupfen Hochzeit, sondern auch verschreibungsfreie Mittel aus der Apotheke: Meerwasser-Nasensprays. Alternativ stehen auch abschwellende Nasensprays hoch im Kurs. Abschwellende Nasensprays enthalten sogenannte Sympathomimetika wie Xylometazolin und Oxymetazolin. 

Die Wirkstoffe Xylometazolin und Oxymetazolin haben einen abschwellenden Effekt. Die Schleimhaut schwillt ab, der Schnupfen klingt ab und die Nase ist wieder frei. Aber: Beide Varianten, auch die natürliche Alternative mit Meerwasser, können süchtig machen.

Und beide können zum Beispiel zu chronischem Schnupfen und weiteren Erkrankungen führen.

Hausarzt, HNO-Arzt und Apotheker warnen regelmäßig, abschwellende Nasensprays nach einer Woche, spätestens nach zehn Tagen wieder abzusetzen. Ansonsten bestehe die Gefahr einer Abhängigkeit. (Sprays mit Meerwasser enthalten hingegen keine chemischen Wirkstoffe, sie können länger angewandt werden.)

Die Warnung einer Nasenspray- oder Nasentropfensucht wird aber oft nicht gehört oder als nicht so wichtig erachtet. Ist es doch nur ein kleiner Sprühstoß oder ein kleiner Tropfen, den man in die verstopfte Nase gibt und den es rezeptfrei in der Apotheke gibt. 

Nicht frei durchatmen können ohne Nasenspray

Eine Nasenspray-Sucht kann gefährlich werden und schlimme Folgen haben – körperlich und seelisch. Denn die Nasenschleimhaut gewöhnt sich an das Medikament, es kommt zu einem sogenannten Rebound-Effekt / Rebound-Phänomen: Bereits kurze Zeit nach der Einnahme lässt die Wirkung des Nasensprays nach. Die Nasenschleimhaut schwillt zwar ab, wird aber schnell wieder dicker – man muss erneut zum Spray greifen, um durchatmen zu können.

Schätzungsweise 100.000 bis 120.000 Menschen in Deutschland sind betroffen von einer Nasenspray-Abhängigkeit. Sie können nicht mehr frei atmen, ohne Nasentropfen und Co. zu benutzen.

Daher nehmen sie das Spray (oder die Tropfen) über Monate oder Jahre ein, steigern die Dosis immer weiter. Sollte das Mittel höchstens drei Mal am Tag benutzt werden, sprühen oder tropfen Betroffene oft mehr als zehn Mal am Tag, denn die Wirkung lässt immer schneller nach. Die Nasenspraysüchtigen bekommen ohne das Medikament keine Luft mehr beim Sport oder können nicht mehr einschlafen.

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Ein Teufelskreis in der Nasenschleimhaut: Mehr Erkältungen durch Nasenspray

Die Schleimhaut in der Nase ist durch die chemischen Inhaltsstoffe irgendwann derart gereizt, dass sie extrem trocken wird und leicht blutet. Eine trockene Nasenschleimhaut fühlt sich lästig an und kann mitunter gravierende Folgen haben.

Außerdem kann durch eine trockene Nasenschleimhaut die Nase ihre Abwehrfunktion nicht mehr erfüllen: Die Härchen in der Nase und die Schleimhaut sind eigentlich perfekte Schutzschilde gegen Krankheitserreger. Ist dieser Mechanismus jedoch gestört, haben Viren und Bakterien ein leichtes Spiel.

Die Betroffenen werden immer häufiger krank. Außerdem entwickeln sie einen fließenden Schnupfen – also genau das, wogegen sie eigentlich mit dem Wirkstoff kämpfen.

Eine Frau putzt sich mit einem Taschentuch die Nase

Bei einer Nasenspraysucht kann es vorkommen, dass man häufiger erkältet ist.

Welche körperlichen Folgen hat eine Nasenspray-Sucht? 

Bei einer schweren Nasenspray-Sucht kann es zu heftigen körperlichen Auswirkungen kommen: Das Gewebe in der Nase ist irgendwann so sehr geschädigt, dass sich Bakterien ausbreiten und faulige Substanzen absondern, die einen schlimmen Geruch verströmen.

Die Betroffenen riechen dies nicht – ihre Mitmenschen aber sehr wohl. Dieses Krankheitsbild wird Stinknase genannt (Fachbegriff: Ozäna). Auch psychisch kann die Sucht heftige Auswirkungen haben: Die Nasensprayabhängigen haben oft das Gefühl, selbst an der frischen Luft nicht mehr frei atmen zu können oder sogar zu ersticken.

„Meine Schleimhäute waren irgendwann so stark angegriffen, dass ich ständig Nasenbluten bekam."

Eine Betroffene erzählt von Ihrer Nasenspraysucht - und wie sie davon loskam. 

Wann liegt eine Nasenspray-Abhängigkeit vor? 

- Sie nehmen das Mittel schon länger als eine Woche ein.
- Bereits kurze Zeit nach der Anwendung bekommen Sie wieder schlecht Luft.
- Die Dosis hat sich im Laufe der Zeit gesteigert.
- Sie müssen das Präparat vor dem Einschlafen nehmen, sonst können Sie nicht ruhig liegen.
- In der Handtasche oder in der Hosentasche haben Sie immer ein Spray dabei.
- Sie sind häufiger krank und eine Erkältung hält länger an.
- Nasenbluten, trockene Haut in der Nase und ein übler Geruch – Sie nehmen in der letzten Zeit Veränderungen an Ihrer Nase wahr.

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Entwöhnung: 5 Tipps, um eine Nasenspray-Sucht loszuwerden

1. Kalter Entzug

Benutzen Sie das Nasenspray noch nicht allzu lange, dann können Sie versuchen, es einfach wegzulegen. Am besten werfen Sie alles, was Sie noch besitzen, in den Mülleimer.

Durchhalten kostet Willenskraft. Sie werden wahrscheinlich drei Wochen lang eine verstopfte Nase haben und schwer atmen können, aber danach ist es geschafft. Pflegende Salben mit Bepanthol und Inhalationen mit Meerwasser oder Kräutern machen den dreiwöchigen Entzug leichter.

Auch Pflegesprays mit natürlichen Inhaltsstoffen tun gut, da die enthaltene Hyaluronsäure viel Wasser bindet und so die Nasenschleimhaut pflegt. Verkrustungen in der Nasenschleimhaut lösen sich, Wunden heilen und mit der Zeit wird die Nase freier.

2. Kontinuierliches Ausschleichen

Manche Nasenspraysüchtige greifen immer wieder zum Mittel, da sie es nicht ertragen können, kaum Luft zu bekommen. Für sie eignet sich die Variante, bei der die Nasenspraydosis langsam reduziert wird.

Dies ist empfehlenswert für Betroffene, denen ein strikter Entzug zu hart ist. Schrauben Sie ein halbleeres Mittel auf und füllen Sie es mit einem Nasenspray auf Meerwasserdosis auf. Ist die Dose wieder halb leer, füllen Sie es erneut auf. So reduziert sich die chemische Dosis immer weiter.

Auch die Anwendung von Kindernasenspray mit abschwellender Wirkung kann eine Möglichkeit sein – es enthält viel weniger Wirkstoffe.

3. Häufigkeit der Sprühstöße reduzieren

Versuchen Sie die Anwendung stetig zu reduzieren. Haben Sie das Mittel zum Beispiel bisher zehn Mal am Tag genommen, sollten Sie auf acht Mal, sechs Mal, vier Mal verringern – bis Sie es ganz lassen können. Zu dieser Methode gehört aber viel Disziplin, um nicht mehr abhängig zu sein.

Unterstützend kann wirken, wenn Sie sich im Kalender jedes Mal notieren, auf welche Dosis Sie reduzieren wollen und sich mit einer kleinen Aufmerksamkeit belohnen, wenn Sie es geschafft haben.

4. Die Ein-Loch-Therapie

Sprühen Sie das Medikament nur noch in ein Nasenloch – solange bis Sie das Gefühl haben, durch dieses Nasenloch besser atmen zu können. Dann können Sie auch das zweite Nasenloch weglassen oder hier langsam die Dosis reduzieren.

5. Entzug mit ärztlicher Betreuung

Bemerken Sie bei längerer Anwendung schon heftigere körperliche Folgen wie häufiges Nasenbluten, eine geschädigte Schleimhaut, fehlenden Geruchssinn oder ein Loch in der Nasenschneidewand, sollten Sie die Entwöhnung nicht ohne ärztliche Betreuung starten.

Er kann Ihnen kortisonhaltiges Nasenspray verschreiben, diese machen nicht abhängig und bauen die Nasenschleimhaut wieder auf. Er kann auch entscheiden, ob vergrößerte Nasenmuscheln oder eine eventuell durchlöcherte Nasenschneidewand durch eine Operation korrigiert werden müssen. Auch Schwellkörper können mit einer Lasertherapie verkleinert werden.

Literatur

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