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Medikamente

Lachgas: Freizeit-Droge mit Risiken

Lesedauer unter 5 Minuten

Redaktion

  • Janina Jetten (freie Autorin, für Nerdpol – Redaktionsbüro für Medizin- und Wissenschaftsjournalismus)

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Die meisten kennen Lachgas als Narkosemittel in der Medizin. Doch mittlerweile ist es vor allem für Jugendliche zur beliebten Party-Droge geworden. Der Konsum kann jedoch schwere gesundheitliche Folgen haben.

Auf Spielplätzen, in Parks oder vor Clubs – gerade nach einem Wochenende finden sich kleine Metallkapseln, mit denen eigentlich Sahne aufgeschäumt wird, zuhauf an beliebten Jugend-Treffpunkten. Sie sind die Spuren des Konsums einer unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen immer beliebter werdenden Droge: Lachgas.

„Du fühlst alles wie betäubt, bist kurz vorm Ohnmächtigwerden. Stell dir vor, du bist im Nirvana“, beschreibt ein Nutzer auf der Diskussionsplattform Reddit die Wirkung. Nach wenigen Minuten ist dann alles vorbei. Die gesundheitsgefährdenden Risiken? Werden für den kleinen Kick für Zwischendurch ausgeblendet.

Was ist Lachgas? 

Lachgas ist ein farbloses Gas aus der Gruppe der Stickoxide. Seine chemische Bezeichnung lautet Distickstoffmonoxid, kurz N2O. 

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Für was wird Lachgas verwendet?

Lachgas kommt in der Medizin als leichtes Narkosemittel zum Einsatz. Es wird außerdem als Treibgas in Spraydosen oder als Aufschäummittel in Sahnespenderkapseln verwendet. 

Medizinischer Einsatz von Lachgas

Wegen seiner schmerzstillenden Wirkung wird Lachgas seit dem 19. Jahrhundert in der Medizin als Schmerzmittel eingesetzt. Dabei wird es in der Regel in einem bestimmten Mischungsverhältnis mit Sauerstoff verabreicht. Der Zahnarzt verwendet Lachgas, um ängstliche Patientinnen und Patienten zu beruhigen. In der Gynäkologie kann es zur Schmerzlinderung bei der Geburt eingesetzt werden, was vor allem in Schweden eine gängige Methode ist. 

Junge Frau bringt ein Kind zur Welt und wird vom Vater unterstützt

Das schmerzstillende Lachgas kommt in der Medizin verdünnt zum Einsatz, zum Beispiel beim Zahnarzt oder bei Geburten.

Wirkung von Lachgas 

Wie fühlt man sich mit Lachgas?

„Lachgas hat ein ganz eigenes Wirkspektrum“, beschreibt es Marc Pestotnik, Referent in der Fachstelle für Suchtprävention Berlin. „Die Wirkung tritt nach wenigen Sekunden ein. Lachgas bewirkt je nach Dosis kurzzeitige heftige Bewusstseinsveränderungen und Rauschzustände.“

Konsumentinnen und Konsumenten berichten von Halluzinationen, von Losgelöstheit, Benommenheit und davon, von Wärme- und Glücksgefühlen durchströmt zu werden. Die Euphorie kann von Kichern oder Lachen begleitet werden. 

Warum muss man mit Lachgas lachen?

Welche biochemischen Prozesse durch Lachgas im Körper ausgelöst werden, ist noch nicht vollständig erforscht. Es scheint, als würde das Gas bestimmte Bereiche und Rezeptoren im Gehirn beeinflussen. 

Lachgas als Droge 

Auf Partys nutzen manche Feiernden Lachgas, um sich in einen Rauschzustand zu versetzen. Es sei vermutlich vor allem den sozialen Medien geschuldet, dass Lachgas an Popularität gewonnen habe, so Marc Pestotnik. „Dort finden sich zahlreiche Kurzvideos, die witzig und harmlos anmuten“, sagt er. „Die animieren dazu, es auch einfach mal mit seinen Freunden auszuprobieren.“ 

Trend: Steigender Konsum der Party-Droge

Die Nutzung von Lachgas hat in den vergangenen Jahren laut der Drogentrend-Studie „Monitoring-System Drogentrends“ (MoSyD) stark zugenommen: Jeder 6. Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, so ergab die Erhebung aus Frankfurt im Jahr 2022, habe mindestens einmal in seinem Leben Lachgas konsumiert. 

Der Konsum von Lachgas unter Jugendlichen ist in den letzten Jahren stark angestiegen.

Der Konsum von Lachgas unter Jugendlichen ist in den letzten Jahren stark angestiegen.

Gründe für den Konsum von Lachgas

Warum die Droge unter Minderjährigen so beliebt ist, hat mehrere Gründe. „Im Gegensatz zu anderen Substanzen ist sie unkompliziert zu bekommen“, so Pestotnik. Im Internet liest sich so manche Rezension dann auch recht eindeutig: „Bringt die Sahne zum Dancen“, heißt es dort etwa.

Auch die überschaubare Wirkungsdauer ist ein Grund für die Nutzung. „Die kurze Rauschdauer von bis zu wenigen Minuten kann für Konsumenten und Konsumentinnen attraktiv sein. Man nimmt nicht irgendetwas und ist dann für mehrere Stunden im Vollrausch“, sagt der Suchtexperte. Das bestätigen die Jugendlichen im Drogenbericht MoSyD: „Wenn man Lachgas konsumiert, merkt man es einem hinterher nicht an, und das finde ich gut“, sagten 55 Prozent. Ähnlich viele Jugendlichen gaben an, dass man damit „gut Langeweile bekämpfen“ könne. 

Nebenwirkungen: Wie gefährlich ist Lachgas? 

„Was nur kurz wirkt, kann so schädlich nicht sein – das ist der Irrglaube vieler Lachgas-Konsumenten und -Konsumentinnen“, weiß Suchtexperte Pestotnik. Ein Trugschluss, denn die gesundheitlichen Folgen können schwer und langwierig sein. 25 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer geben laut Drogentrendstudie MoSyD zu, dass sie schon einmal negative körperliche Nebenwirkungen von Lachgas-Konsum erlebt haben. Als Beispiele waren im Fragebogen Bewusstlosigkeit, Kopfschmerzen, Herzrasen, Erfrierungen und Taubheitsgefühle genannt.

Unmittelbare Risiken

Eine akute Folge während des Konsums von Lachgas kann Sauerstoffmangel im Blut sein, der zu Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislauf-Versagen und Hirnschäden führen kann. 

Wer Lachgas inhaliert, riskiert außerdem Verletzungen: Distickstoffoxid ist ein kryogenes Gas, das heißt, es ist mit -55 Grad Celsius extrem kalt. Kommt es direkt mit der Haut oder Schleimhaut in Berührung, muss mit Erfrierungen an Mund und Lippen, Rachen oder Stimmbändern gerechnet werden. Sogar die Lunge kann betroffen sein, Risse bekommen und in sich zusammenfallen (Pneumothorax). 

Auch der sogenannte Mischkonsum, dann also, wenn Lachgas mit anderen Drogen eingenommen wird, kann fatale Folgen haben: „Wird Lachgas etwa auf Partys zusätzlich zu anderen Substanzen, wie Alkohol oder Cannabis, konsumiert, potenzieren sich Nebenwirkungen und gesundheitliche Risiken“, so Pestotnik. In Kombination mit Alkohol oder Cannabis kann es leichter zu Überdosierungen kommen. 

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Mögliche Langzeitfolgen

Chronischer Konsum von Lachgas kann toxisch auf die Nerven wirken. Das Gas stört den Vitamin-B12-Stoffwechsel im Körper und verhindert, dass Methionin gebildet werden kann, eine Aminosäure, die für den Bau der Nervenhüllen benötigt wird. Wenn diese nicht ausreichend vorhanden ist, kommt es zu Nervenschäden wie Polyneuropathie oder sogar einer Schädigung des Rückenmarks. Das äußert sich beispielweise durch Kribbeln in Händen oder Füßen. Bei fortschreitender Schädigung folgen Taubheitsgefühle und Muskelschwäche. 

Die neurologischen Beschwerden ließen durch eine Behandlung mit Vitamin B12 wieder nach, so das Ergebnis einer Untersuchung mit zwölf Lachgas-Patienten. Acht Personen, die mehrere Wochen später zu einer Nachuntersuchung kamen, litten aber noch immer unter sensorischen Beschwerden und Bewegungsstörungen. 

Lachgas ist also eine gefährliche Droge – und kein Party-Gag für Minderjährige.

Lachgas belastet das Klima

Die Auswirkung von Distickstoffmonoxid auf das Klima ist eher selten Thema, wenn es um Lachgas geht. Kohlendioxid und Methan sind als sogenannte Treibhausgase bekannt – dass auch Lachgas dazu gehört, wissen die wenigsten. Dabei hat es das Gas in sich: Es bleibt mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre, womit jedes Molekül einen etwa 300-fach stärkeren Treibhauseffekt als Kohlendioxid besitzt. Eisbohrkerndaten zufolge hat die Lachgaskonzentration in der Atmosphäre seit der Industrialisierung zugenommen. Hauptursache ist allerdings nicht die Popularität als Party-Droge, sondern der Einsatz von Stickstoffdünger in der Landwirtschaft. 
 

Literatur und weiterführende Informationen

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