Ein junger Mann gibt einer Frau einen Kuss auf die Nase
Transparenzbericht

HPV-Impfung: Sicher sein beim ersten Mal

Lesedauer weniger als 9 Min

Redaktion:

Jessica Braun

Qualitätssicherung:

Fachbereich Arzneimittel (Barmer)

Humane Papillomviren sind für die meisten sexuell übertragbaren Infektionen verantwortlich. Sie können Krebs verursachen – bei Frauen aber auch Männern. Eine Impfung schützt. Und ist auch noch bei jungen Erwachsenen sinnvoll.

Die Pubertät ist eine anstrengende Zeit – für wirklich alle Beteiligten. Eltern erleben, wie sie über Nacht von den weltbesten Mamis und Papis zu nervigen Taschengeldlieferanten degradiert werden. Kleine Geschwister bekommen die Zimmertür vor der Nase zugeschlagen. Und für die Pubertierenden selbst ist es am allerschlimmsten. Der eigene Körper verändert sich, die Gefühle sind durcheinander – und dann wollen die Erwachsenen auch noch über Dinge wie Empfängnisverhütung oder Geschlechtskrankheiten sprechen. Me!-ga!-unangenehm!

In Umfragen zeigt sich jedoch: Bei HPV besteht wirklich Redebedarf – und es wäre gut, wenn Familien schon früh darüber sprechen würden. Infektionen mit HP-Viren zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen. Das heißt, wer Sex hat, kommt höchstwahrscheinlich auch damit in Berührung. Die Abkürzung HPV steht für Humane Papillomviren. Fast jeder Mensch infiziert sich damit im Laufe seines Lebens. Oft sogar mehrmals – und manchmal sogar, ohne dass Sex im Spiel war (mehr Infos dazu hier: HPV-Impfung: Schutz vor Gebärmutterhalskrebs).

Krebserkrankung kann auch Männer treffen

Nicht immer merkt man etwas von der Infektion. Sie kann durchaus von selbst heilen. Dass viele der Menschen um einen herum schon mal infiziert waren, bedeutet jedoch nicht, dass diese Viren harmlos wären. Mehr als 200 verschiedene HP-Viren haben Forschende mittlerweile identifiziert. Manche sind für Hautwarzen oder für die nicht bösartigen, aber unangenehmen genitalen Feigwarzen verantwortlich. Daneben gibt es jedoch welche, die Krebserkrankungen auslösen. Entwickelt sich zum Beispiel bei Frauen Gebärmutterhalskrebs, sind meist HP-Viren der Grund. Aber auch am Penis, im Analbereich sowie im Mund- und Rachenraum kann sich in Folge der Infektion Krebs entwickeln. Und davon sind nicht nur Frauen betroffen, sondern auch Männer. Im Jahr entstehen geschätzt aktuell etwa 10.000 neue Krebserkrankungen in Deutschland durch HPV, davon etwa 7.000 bei Frauen und knapp 3.000 bei Männern.

Impfung für Kinder und Jugendliche kostenlos

Mit einer Impfung lässt sich das Risiko, durch HPV an Krebs zu erkranken, deutlich senken – bei Gebärmutterhalskrebs sogar um bis zu 90 Prozent. Man kann auch sagen: Die HPV-Impfung rettet Leben. Nur haben noch nicht genug Menschen davon gehört. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat dazu eine Studie durchgeführt. Dass es für Mädchen eine kostenlose HPV-Impfung gibt, wussten demnach nur 63 Prozent der Befragten. Von der kostenlosen Impfung für Jungen hatte bislang nur ein Drittel gehört. Dabei schützt diese unabhängig vom Geschlecht: Wird vor einer HPV-Infektion geimpft, sind Geimpfte keine Virenträger mehr. Sie können andere Menschen also nicht mehr infizieren.

Zweimal impfen zwischen 9 und 14 Jahren

Immerhin: Am besten informiert waren in dieser Umfrage die 16- bis 19-Jährigen. Vielleicht hilft hier also ausnahmsweise mal ein Aufklärungsgespräch in umgekehrter Richtung, vom Kind zu den Eltern? Denn ohne Unterstützung der Erwachsenen wird es schwierig mit dem Impftermin. Die Impfung sollte erfolgen, wenn sie das Immunsystem am besten gegen die Infektion wappnet – und idealerweise ist sie vor dem ersten Sex vollständig. Fachleute empfehlen sie deshalb bereits zwischen 9 und 14 Jahren. Also in einem Alter, in dem noch die Eltern die Termine bei Ärztin oder Arzt machen.

Impfungen während der Pandemie rückläufig 

Dr. André Breddemann

Dr. André Breddemann ist Apotheker und Leiter der Abteilung Arzneimittel der Barmer.

„Das Wissen, was HPV sind und wie diese mit Gebärmutterhalskrebs in Zusammenhang stehen, ist noch nicht bei genug Menschen angekommen“, sagt Dr. André Breddemann, Apotheker und Fachbereichsleiter Arzneimittel bei der Barmer. Eine aktuelle Analyse der Krankenkasse macht dies deutlich. Entsprechend der langfristigen Analyse sind 40 Prozent der Mädchen mit 14 Jahren und 75 Prozent der Jungen im Alter von 13 Jahren gar nicht oder nicht vollständig geimpft. Verglichen mit 2015 gehen die HPV-Impfungen bei Kindern seit 2021 zudem massiv zurück. Das ergab der Barmer Arzneimittelreport 2024. Zumindest teilweise liege das an der Corona-Pandemie, sagt Breddemann: „Wer in dieser Zeit nicht dringend mit dem Kind zu Ärztin oder Arzt musste, hat auf Termine in der Praxis eher verzichtet“, so der Apotheker. „Nun sind diese Kinder in der Pubertät und wollen vielleicht nicht mehr so gerne gehen.“

Nur aus eventueller Scham oder pubertärer Anti-Haltung heraus nicht zur Impfung zu gehen, bedeutet, auf Schutz zu verzichten. Denn Studien zeigen immer wieder, dass Impfen einen Unterschied macht. Bei den Frauen zwischen 20 und 29 Jahren erkrankten im Jahr 2022 nur noch sieben von einer Million an Gebärmutterhalskrebs. Dies ist die niedrigste Rate seit 2011. Forschende schreiben dies der Impfung zu.

HPV-Impfung ist auch für Erwachsene sinnvoll?

Zwei Impfstoffe gegen HPV sind in Deutschland zugelassen. Beide bieten einen hochgradigen Schutz vor jenen HPV-Typen, die für Gebärmutterhals- und Rachenkrebs verantwortlich sind. Wer sich bis zum 14. Lebensjahr impfen lässt, benötigt nur zwei Dosen im Abstand von fünf bis 13 Monaten. Auch mit 15 Jahren ist die Impfung noch sehr effektiv. Es braucht dann allerdings drei Impfdosen, zwischen denen ebenfalls mehrere Monate liegen sollten. Und selbst wer schon älter ist, bereits Sex hatte, kann vom Schutz profitieren, sofern noch keine Infektion vorliegt. Bei Erwachsenen ist die Immunantwort auf die Impfung nur nicht mehr so stark wie bei Jugendlichen. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten deshalb regulär bis zum 18. Lebensjahr. Wer bei der Barmer versichert ist, kann sich diese sogar noch bis zum 26. Geburtstag erstatten lassen. Ist die Impfung vollständig, hält sie nach den derzeitigen Erkenntnissen ein Leben lang und muss nicht aufgefrischt werden.




Selbstbewusster Umgang mit Sexualität

Zwei Jugendliche mit Gitarre entspannt am Flussufer

Klar, in der Pubertät sind Gespräche über den eigenen Körper am gruseligsten. Aber Gespräche über Viren und Impfungen gehören nie zu den angenehmen. Egal in welchem Alter. Laut Norbert Brockmeyer, Präsident der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit, sollte die Aufklärung möglichst früh stattfinden. Sie müsse eben kindgerecht formuliert werden, so Brockmeyer in einem Interview: „Es gibt sehr schöne Studien aus den USA, die deutlich zeigen, dass Jugendliche bezüglich der HPV-Impfung sehr genau über Sexualität aufgeklärt wurden, schon mit zehn Jahren. Und diese Kinder und Jugendlichen, die entsprechend sehr gut aufgeklärt worden sind, hatten später sexuelle Kontakte, waren im Umgang mit Sexualität wesentlich bewusster und selbstbewusster. Und sie hatten weniger sexuell übertragbare Infektionen.“ Für Eltern ist es vielleicht sogar leichter, die Aufklärungsgespräche – HPV-Vorsorge inklusive – bereits zu führen, bevor die Pubertät das heranwachsende Kind dazu bringt, alle Peinlichkeits-Rollläden runterzulassen.

Ärztin und Arzt wichtige Ansprechpersonen

Manchmal ist die Person, die einem am nächsten steht – so wie Mama oder Papa – für so ein Gespräch jedoch einfach zu nah dran. Bei der Barmer Jugendstudie 2024 wurden 14- bis 17-Jährige gefragt, von wem sie sich mehr Informationen zu HPV erwarten. Ganz oben auf der Wunschliste: Ärztin oder Arzt. „Kinderarzt oder Hausarzt sind in einer wichtigen Position, wenn es darum geht, Kinder und Jugendliche zur Impfung zu beraten“, sagt André Breddemann. Danach folgt die Schule. Krankenkassen gehören ebenfalls zu den von den Jugendlichen bevorzugten Informationsquellen. Die Eltern hingegen kommen erst danach. Sie liegen fast gleichauf mit den Sozialen Medien. Dort sind es oft Gleichaltrige die über – oft auch eigene – Infektionen oder Impfungen sprechen. Viele tun dies offen und fundiert. Aber eben nicht alle.

Informationen aus den Sozialen Medien hinterfragen

In sozialen Netzwerken kursieren Behauptungen, die HPV-Impfung bringe angeblich kaum etwas, sei sogar gefährlich. Es heißt, sie mache im schlimmsten Fall unfruchtbar – besonders bei Mädchen, weil sie die Eierstöcke schädigen könne. Es genüge, ein starkes Immunsystem zu haben, dann passiere schon nichts. Die Fakten sehen aber anders aus: „Die HPV-Impfung ist sicher, gut verträglich und – neben der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt – eine der wirksamsten Präventionsmaßnahmen gegen HPV-bedingte Krebserkrankungen“, sagt Dr. Cornelia Hösemann, Vorstandsmitglied des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF). Dass ein starkes Immunsystem eben kein ausreichender Schutz vor den Viren ist, zeigen die hohen Infektionszahlen in der nicht geimpften Bevölkerung.

Sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen, auch nachzufragen, wenn man unsicher ist, ist Teil des Erwachsenwerdens. Es ist eine Phase, in der man sich mit Dingen befassen muss, über die man noch wenig weiß. Umso wichtiger ist es also, sich bei Informationsquellen schlau zu machen, auf die wirklich Verlass ist. Denn Wissen gibt Sicherheit. Gerade, wenn es um das erste Mal Sex geht. Und wer über den eigenen Körper Bescheid weiß, was in diesem vorgeht und wie man sich und die andere Person schützt, kann sich auf die schönen Gefühle konzentrieren. Auf Neugier und vielleicht sogar ein bisschen Aufregung – aber eben die gute Sorte. Nicht die stressige.

Literatur:

Eine junge Frau umarmt ihre Freundin und hat dabei die Augen geschlossen

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