Im Gespräch sitzen Felicitas Marx und Marx Huebner und ihr Interviewpartner zusammen.
Transparenzbericht

Interview: Raus aus der Black Box

Lesedauer unter 4 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Felicitas Marx leitet den Bereich Stationäre Versorgung und Versorgungsstrategie
  • Michael Hübner leitet den Bereich Ambulante Versorgung, Pflege und Innovation

Transparenz ist die Basis für Vertrauen und Selbstbestimmung. Deshalb setzt sich die Barmer für ein offenes Gesundheitswesen ein. Ein Gespräch mit den Barmer-Bereichsleitenden Felicitas Marx und Michael Hübner über nachvollziehbare Prozesse und informierte Entscheidungen.

Herr Hübner, warum muss das Gesundheitssystem transparenter werden?

Michael Hübner: Das Gesundheitssystem ist für Versicherte oft eine ziemliche Black Box. Die Informationen, die sie benötigen, sind nicht zugänglich oder nur schwer zu bekommen. Hinzu kommt, dass viele Menschen die Gesundheitsversorgung noch eher paternalistisch begreifen. Sie haben den Eindruck, dass Leistungserbringer wie Ärztinnen, Krankenhäuser oder Apotheker über ihre Gesundheit entscheiden. Unser Ziel sind jedoch mündige Patientinnen und Patienten. Wir möchten weg von einer Gesundheitsversorgung, die erst aktiv wird, wenn eine Krankheit auftritt. Das ist aber nur gemeinsam mit den Versicherten zu erreichen.

Frau Marx, was hat die Barmer als Krankenversicherung davon?

Felicitas Marx: Transparenz ist in vielen Branchen ein zunehmend wichtiges Thema. Die Digitalisierung hat es sehr viel einfacher gemacht, Informationen aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. In der Gesundheitsversorgung gibt es in dieser Hinsicht aber noch einiges zu verbessern. Wir möchten hier eine Vorreiterrolle einnehmen – um etwas zu bewegen, aber auch um zu zeigen, dass wir gute Arbeit leisten. Als Krankenversicherung sind wir Dienstleister. Die Versicherten stehen für uns im Mittelpunkt. Transparent zu sein heißt für uns, dass wir ihnen den nötigen Kontext für wichtige Entscheidungen liefern.

Welche Rolle spielt hier der Transparenzbericht?

Michael Hübner: Wir geben unseren Versicherten Informationen an die Hand, mit denen sie objektiv beurteilen können, wie gut wir unsere Arbeit machen: Zahlen zu genehmigten Anträgen, Bearbeitungsdauer oder Widersprüchen aber auch zu besonderen Leistungen und Services, die wir bieten. Gleichzeitig richtet sich der Transparenzbericht an unsere Mitarbeitenden. Wir zeigen damit, dass wir beim Thema Transparenz nicht über eine Vision reden, sondern diese als Unternehmen leben.

Wie sieht gelebte Transparenz in einer Krankenversicherung aus?

Michael Hübner: Wir wollen diejenigen Abläufe für unsere Versicherten unkomplizierter und nachvollziehbarer machen, die für ihre individuelle Situation entscheidend sind. Wir haben schon vor einigen Jahren mit niederschwelligen Prozessen begonnen. Zum Beispiel haben wir das Zahnbonusheft überflüssig gemacht. Das klingt zunächst profan, aber wir waren die erste Versicherung in Deutschland, die für ihre Versicherten deren Zahnarztbesuche digital dokumentiert. Wir sammeln also keine neuen Daten, sondern nutzen die vorhandenen und bereiten sie so auf, dass die Versicherten sie jederzeit abrufen können. Wir bieten auch eine Erinnerung an den nächsten notwendigen Zahnarzttermin an. Ein anderes Beispiel ist der digitale Impfplaner, den wir 2019 eingeführt haben. Dieser zeigt den aktuellen Impfstatus an, warnt vor drohenden Lücken und erinnert an Auffrischungsimpfungen. Leider müssen Impfungen derzeit noch selbst von den Versicherten eingetragen werden. Wir hoffen, dass wir dies in Zukunft auch automatisieren können: Ab 2022 soll der digitale Impfpass Bestandteil der elektronischen Patientenakte werden – die Ärzte pflegen den digitalen Impfpass dann, so wie das bisher beim papierbasierten Impfpass geschieht.

„Die passende Information oder das passende Angebot zur richtigen Zeit, für die eine Person, für den konkreten Anlass.“
Felicitas Marx, Bereichsleiterin 

Felicitas Marx: Wir bauen diese Maßnahmen kontinuierlich aus. Im vergangenen Jahr haben wir den Kompass realisiert, eine neue Anwendung in unserer Barmer-App. Der Kompass macht für die Versicherten einen komplexen Leistungsprozess nachvollziehbar und verständlich: das Krankengeld. Krankengeld zu bekommen bedeutet, über einen längeren Zeitraum krank und auf Hilfe angewiesen zu sein – für Patientinnen und Patienten an sich schon eine belastende Situation. Obwohl sie durch uns abgesichert sind, kommt dann noch die Existenzangst dazu: Ist meine Krankschreibung rechtzeitig eingegangen? Wieviel Krankengeld bekomme ich? Wurde es schon überwiesen und wenn nicht, warum nicht? All diese Fragen beantwortet nun der Kompass. Sie können jederzeit einsehen, welcher Bearbeitungsschritt bereits erfolgt ist und wissen, wann sie aktiv werden müssen. Das gibt ihnen ein großes Stück Sicherheit.

Sind noch weitere solcher Angebote geplant?

Felicitas Marx: Wir planen den Kompass in den kommenden Monaten um Themen wie Mutterschaftsgeld, Hilfsmittel oder Zahnersatz zu erweitern. Dabei beziehen wir die Versicherten mit ein. Wir wollen wissen, was für sie in Bezug auf den jeweiligen Prozess wichtig ist und wie wir am besten auf ihre individuellen Bedürfnisse reagieren. Sie wollen ja nicht die Hintergründe aller internen Abläufe kennen, sondern möglichst unkompliziert eine Lösung für ihre Fragestellung erhalten. Wir führen deshalb von Anfang an Befragungen durch und holen uns im Lauf der Entwicklung Feedback von den Versicherten. Und wir nehmen die Mitarbeitenden mit, indem wir sie für die Sicht der Versicherten sensibilisieren. Informationen sinnvoll zu verzahnen, ist schließlich auch ein Weg zu mehr Transparenz.