Person sitzt auf einem Bett und zieht sich eine Decke über den Kopf
Angst

Klaustrophobie: Die Angst vor Enge und Eingesperrtsein

Lesedauer weniger als 6 Min

Redaktion:

Helge Brumme (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung:

Nele Peerenboom (Psychologin, PhD)

Klaustrophobie: Die wichtigsten Fakten

Was bedeutet der Begriff Klaustrophobie?

Klaustrophobie ist die starke, unbegründete Angst vor engen oder verschlossenen Räumen. Sie zählt zu den Angststörungen und lässt sich durch Verhaltenstherapie gut behandeln.

Welche Ursachen für Klaustrophobie gibt es?

Es gibt verschiedene Gründe für eine Klaustrophobie. Sie kann durch ein prägendes Angsterlebnis entstehen und durch eine Veranlagung für Phobien begünstigt werden. 

Sollte ich mich der Angst stellen?

Sich therapeutisch begleitet auslösenden Situationen zu stellen und einen Umgang mit der Angst zu lernen, ist meist Teil der Behandlung – und nachweislich wirksam gegen Klaustrophobie.

Ein Hotelzimmer, in dem sich die Fenster nicht öffnen lassen, ein fensterloser Kellerraum oder ein enger Fahrstuhl: Für manche Menschen sind diese Orte mehr als nur unangenehm. Bereits die Vorstellung daran lässt die Hände schwitzen und das Herz schneller schlagen – und die Gedanken kreisen darum, wie die beengte Situation vermieden werden kann. Wer diese Symptome bei sich bemerkt, ist womöglich von Klaustrophobie betroffen. Was über die Ursachen bekannt ist und wie sich Klaustrophobie erfolgreich behandeln lässt. 

Was ist Klaustrophobie?

Klaustrophobie ist mehr als nur Unbehagen in engen oder abgeschlossenen Räumen. Sie gehört zu den spezifischen Phobien innerhalb der Angststörungen und ist damit keine Eigenart oder Schwäche, sondern eine anerkannte psychische Erkrankung. Der Begriff Klaustrophobie leitet sich vom lateinischen Substantiv „claustrum“ ab, das zu Deutsch Verschluss, Riegel, Schloss bedeutet. Fachleute schätzen, dass rund vier Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens davon betroffen sind – also deutlich mehr Menschen, als viele denken. 

Die gute Nachricht: Klaustrophobie ist gut behandelbar – besonders bewährt hat sich hier die Verhaltenstherapie.

Was steckt hinter der Klaustrophobie?

Viele Menschen mögen in einem fensterlosen Kellerraum Beklemmungen empfinden, aber sie können das Gefühl einordnen und sich mit ihm arrangieren. Die Angst eines Menschen mit Klaustrophobie wirkt auf Außenstehende dagegen irrational und übertrieben. Auch wenn Betroffene wissen, dass die Decke des Kellers sie nicht erdrückt und die Luft nicht wirklich knapper wird, ruft die Enge des Raums handfeste körperliche und psychische Symptome hervor. Die Angst übernimmt die Kontrolle und überflügelt das rationale Denken. Sie erfüllt ihren Zweck genau wie bei einer realen Gefahr und sorgt dafür, dass Betroffene die Angstquellen – also beengte und geschlossene Räume – verlassen und meiden. Auch wenn die Betroffenen wissen, dass ihre Angst nur ein Fehlalarm ist: Diese Erkenntnis hilft ihnen wenig, solange sie keine Strategien und Techniken erlernt haben, um die Angst zu managen. 

Was bedeutet der Alltag mit der Angst vor engen Räumen?

Um sich zu schützen, überlegen sich Menschen mit spezifischen Phobien wie der Klaustrophobie im Vorhinein, wie sich die angstauslösenden Situationen vermeiden lassen: Wo ist die Treppe, um ja nicht in den Fahrstuhl steigen zu müssen? Wer könnte an meiner Stelle in den Keller gehen? Wie viel Zeit muss ich einplanen, falls der Bus zu voll ist und ich den nächsten nehmen muss? Viele Betroffene arrangieren sich mit spezifischen Angststörungen und nehmen die Einschränkungen in Kauf, bis der Leidensdruck irgendwann zu groß wird. Dabei gibt es wirksame Therapien, um Lebensqualität zurückzugewinnen und die Herrschaft der Angst zu beenden.

Platzangst ist nicht Klaustrophobie: Was ist der Unterschied?

Der Fachbegriff für Platzangst lautet Agoraphobie. Sie unterscheidet sich von der Raumangst, also der Klaustrophobie. Während die Klaustrophobie zu den spezifischen Phobien zählt, bildet die Agoraphobie eine eigene Diagnosekategorie. Gemein ist ihnen die Angst vor bestimmten Orten, weshalb sie vermutlich häufig verwechselt werden. Für Menschen mit Agoraphobie sind öffentliche Orte und Situationen ein Problem, die sie nicht leicht verlassen können: etwa eine große Menschenmenge oder ein gut besuchter Supermarkt. Bei der Klaustrophobie hingegen flößen die Enge und Geschlossenheit des Raums Angst ein. Beide Angststörungen rufen ähnliche Symptome hervor, können auch gemeinsam auftreten und führen bei Betroffenen zu Vermeidungsstrategien.

Frau sitzt in der Terrassentür und schaut in den Garten

Menschen mit Klaustrophobie versuchen, Situationen, in denen sie sich eingeschlossen fühlen könnten, aktiv zu vermeiden. Das kann die Lebensqualität mehr und mehr einschränken.

Klaustrophobie: Welche Symptome gibt es?

Neben einem übermäßigen Angstgefühl gehören eine Enge in der Brust, Atemnot, beschleunigter Herzschlag, schwitzige Hände und Fluchtgedanken zu den typischen Anzeichen für eine Klaustrophobie. Bei sehr starker Ausprägung kann die Klaustrophobie in Panikattacken mit Herzrasen, Atemnot und einem Gefühl der Todesangst und des Kontrollverlusts münden. 

Auch jenseits konkreter angsteinflößender Situationen kann die Angst präsent sein, etwa wenn die bloße Vorstellung eines beengten Raums die Symptome hervorruft. Es kann eine allgegenwärtige Furcht vor möglicherweise angstauslösenden Ereignissen entstehen, die den Alltag massiv beeinträchtigt: Das Berufs- wie Sozialleben muss sich unterordnen, um die angstbesetzten Situationen zu umgehen. 

Wenn Panikattacken jedoch unabhängig von konkreten Situationen auftreten oder die Angst nicht mehr eindeutig auf enge Räume bezogen ist, kann auch eine Panikstörung vorliegen – eine eigenständige Form der Angststörung, die von Fachleuten abgeklärt werden sollte.

Ursachen der Klaustrophobie: Wie kommt es zu der Angst vor engen Räumen?

Wie bei anderen Angststörungen gibt es vielfältige Ursachen, die eine Klaustrophobie auslösen können. Dazu gehört auch eine familiäre Veranlagung, also eine genetische Disposition. Die Biografie der betroffenen Person spielt ebenfalls eine Rolle. Es kann ein auslösendes Angstereignis geben, das in der Vergangenheit liegt und nicht zwangsläufig erinnert werden muss – beispielsweise, wenn die betroffene Person als kleines Kind von älteren Geschwistern in einem Schrank eingesperrt wurde. Insgesamt sind die Ursachen für das Auftreten einer Klaustrophobie aber vielschichtig. Sie kann im Jugend- und Erwachsenenalter erworben werden, sich schleichend festsetzen und keinen konkreten Anlass besitzen oder mit anderen Faktoren wie Leistungsdruck, Beziehungsproblemen oder traumatischen Erlebnissen in Verbindung stehen.

Diagnose einer Klaustrophobie: Wie läuft sie ab?

Erste Ansprechperson für Betroffene ist die Hausärztin oder der Hausarzt. Sie oder er kann eine Überweisung an eine psychotherapeutische oder psychiatrische Praxis veranlassen. Um auszuschließen, dass die Symptome andere Ursachen wie zum Beispiel eine Herz-Kreislauf-Erkrankung oder Lungenerkrankung haben, können körperliche Untersuchungen nötig werden. Im Zentrum der Diagnose steht aber zunächst die Anamnese, also das ausführliche Gespräch, in dem die Ärztin oder Arzt gezielte Fragen zu den Symptomen und etwaigen Erkrankungen stellt. Gegebenenfalls kommen Fragebögen zum Einsatz, um die Diagnose einzugrenzen und die Klaustrophobie von einer Agoraphobie zu unterscheiden. 

Welches ist die wirksamste Behandlung bei Klaustrophobie?

Wie bei anderen spezifischen Phobien ist das wichtigste Werkzeug bei der Behandlung der Angststörung die kognitive Verhaltenstherapie. Zusammen mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten wird den Ursachen der Angst auf den Grund gegangen. „Was glauben Sie, könnte im schlimmsten Fall passieren?“ oder „Wie sicher sind Sie sich, dass genau das passieren wird?“ sind dabei typische Fragen, um gedankliche Muster, Gefühle und Verhaltensweisen aufzudecken, die die Klaustrophobie aufrechterhalten.

Teil der Therapie kann die direkte Konfrontation mit der Angst im Rahmen einer sogenannten Expositionstherapie sein. Dabei werden Betroffene gezielt den angsteinflößenden Situationen ausgesetzt. Der „Schwierigkeitsgrad“ steigert sich im Verlauf der Therapie. Sollte etwa ein voll besetzter Fahrstuhl die Panik auslösen, würde die erste Stufe der Therapie nur bis zur Schwelle des Fahrstuhls führen oder zunächst lediglich in Gedanken durchgespielt werden. In den folgenden Sitzungen würde der Schritt in den Fahrstuhl hinein probiert werden, wobei die Patientin oder der Patient unter Anwendung gelernter Techniken – wie Entspannung, Achtsamkeit, Reflexion – die Angst zu kontrollieren lernt und eine Panikreaktion verhindert wird.

Im Rahmen einer Expositionstherapie lassen sich oft bereits innerhalb weniger Sitzungen deutliche Fortschritte erzielen. Die Angst kann sich deutlich verringern, sodass Betroffene zuvor gemiedene Situationen wieder selbstbestimmt bewältigen können. Viele Patientinnen und Patienten lernen, dass ihre Angst vor engen Räumen nicht ins Unermessliche steigt und sich kontrollieren lässt. 

Die Konfrontation mit der Angst lässt sich auch in der virtuellen Realität (VR) wirksam durchführen. Dafür werden VR-Brillen genutzt, die mithilfe von 3D-Welten oder 360-Grad-Videoumgebungen ein Eintauchen in die angstbesetzten Situationen ermöglichen. Auch nicht ohne Weiteres zugängliche Räume wie ein Flugzeug können virtuell ohne Aufwand betreten werden.

Weitere Therapieoptionen sind in bestimmten Fällen die dynamische Psychotherapie, die systemische Therapie oder eine medikamentöse Behandlung der Angststörung.

Warum lohnt es sich, etwas gegen die Angst zu tun?

Sofern Sie selbst betroffen sind und darüber nachdenken, wie Sie etwas ändern können, tun Sie bereits etwas gegen Ihre Klaustrophobie: Sie setzen sich mit Ihrer Angst auseinander und informieren sich. Es lohnt sich, diesen Weg weiterzugehen und wieder die Kontrolle über Ihr Leben und angstbesetzte Situationen zurückzugewinnen. Auch wenn das Erleben von Angst in engen oder abgeschlossenen Räumen vielleicht nie vollständig verschwindet oder in bestimmten Situationen zurückkehrt: Sie können lernen, Ihre Angst wirksam zu managen, und sich Lebensqualität zurückerobern. 

Stellen Sie sich Ihre Angst nicht als Gegner vor, den es niederzuringen gilt. Sondern als Teil von Ihnen, mit dem Sie immer besser auskommen werden. Therapeutinnen und Therapeuten unterstützen Sie auf Ihrem Weg und auch Sie selbst können mit Atemübungen, Mediation und Entspannungstechniken wirksam etwas dafür tun. 

Literatur und weiterführende Informationen

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