Porträt eines jungen Mannes der in der einen Hand eine Schüssel mit Tabletten hält und in der anderen Brokkoli und Karotten
Ernährung

Nahrungsergänzungsmittel: Nutzen oder Risiko?

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Silke Stadler (Medizinjournalistin, Jellyfish)

Qualitätssicherung

  • Dr. Simone K. Frey (DR. AMBROSIUS - Studio für Ernährungsberatung)
  • Dr. Christina Steinbach (DR. AMBROSIUS - Studio für Ernährungsberatung)

Nahrungsergänzungsmittel (NEM) enthalten Nährstoffe wie Vitamine und Mineralstoffe oder bestimmte Nährstoffe in konzentrierter Form. Viele Menschen möchten damit eine gesunde Ernährung fördern oder ihre Leistung steigern. Ob das eine gute Idee ist und welche NEM überhaupt sinnvoll sind.

Was sind Nahrungsergänzungsmittel?

Nahrungsergänzungsmittel gehören rechtlich zu den Lebensmitteln und sind Produkte, die Nährstoffe in konzentrierter Form liefern. Deshalb werden sie laut Lebensmittelrecht in einer lebensmitteluntypischen Form dargereicht. Sie werden als Lebensmittel angezeigt und geprüft. Sie müssen nicht, anders als Arzneimittel, zugelassen werden. Deshalb kann man sie in der Regel auch außerhalb von Apotheken kaufen, z.B. im Supermarkt, in der Drogerie oder im Internet. Allerdings müssen NEM der sogenannten Health-Claim-Verordnung entsprechen. Diese regelt, dass gesundheits- und nährwertbezogene Aussagen zu einem Produkt wissenschaftlich nachgewiesen und von der EU zugelassen sein müssen.

Inhaltsstoffe von NEM sind beispielsweise:

  • Vitamine – beliebt sind etwa Vitamin C, Vitamin E, B-Vitamine wie Vitamin B1 und B6 (oft kombiniert in einem Vitamin-B-Komplex erhältlich), Vitamin K, Vitamin D
  • Mineralstoffe (etwa Magnesium, Calcium, Zink, Selen)
  • Aminosäuren
  • essenzielle Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren
  • Ballaststoffe
  • verschiedene Pflanzen- und Kräuterextrakte
  • Probiotika
  • Koffein
  • Kreatin
  • L-Carnitin
  • Coenzym Q10

Im Herbst und Winter boomen Vitamin-Pillen, weil sich gerade dann viele Menschen vor einem gefürchteten Nährstoffmangel  oder Krankheiten schützen möchten. Nahrungsergänzung (auch als Supplementierung bezeichnet) soll außerdem zur

  • Leistungssteigerung,
  • Regeneration oder
  • Kompensation einer unausgewogenen Ernährung dienen.

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Die verschiedenen Nahrungsergänzungsmittel

Antioxidative Präparate

Antioxidative Präparate sollen ausgelösten oxidativen Stress minimieren. Allerdings wurde gezeigt, dass sie sogar negativ wirken können und die muskulären Anpassungen z.B. bei einem speziellen  Training einschränken. Die Einnahme von hochdosiertem ß-Carotin kann ohne ärztliche Rücksprache nicht empfohlen werden, da diese möglicherweise die Entstehung von Krebs fördert.

Vanadium

Vanadium ist ein Ultraspurenelement, das in schwarzem Pfeffer, Dillsamen, Petersilie, Pilzen, Fisch und Meeresfrüchten enthalten ist. Mit der Nahrung werden äußerst geringe, aber ausreichende Mengen von etwa 6 bis 20 µg/Tag aufgenommen.

In Bodybuilderkreisen wird Vanadylsulfat zur Muskeldefinition verwendet. Durch einen insulinähnlichen Effekt soll es die Bildung von Glykogen und die Neubildung von Zellen begünstigen. Diese Hypothese wurde jedoch bislang nicht bestätigt. Vorsicht ist geboten, da bereits bei Dosierungen von weniger als 10 mg/Tag Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Magendarmkrämpfe auftreten können.

Magnesiumpräparate

Magnesiumpräparate werden gerne gegen Muskelkrämpfe eingesetzt. Häufig reicht es aber auch, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr mit magnesiumreichem Mineralwasser während sportlicher Belastungen zu achten. Ab 50 mg Magnesium pro Liter darf man ein Mineralwasser magnesiumhaltig nennen.

Koffein

Koffein kann die wahrgenommene Ermüdung bei erschöpfenden Belastungen verringern, kann aber in Dosierungen von über 250 mg auch Einschlafstörungen, Herzrasen, Durchfall und andere unerwünschte Nebenwirkungen auslösen. Forschungen konnten die entwässernde Wirkung nicht belegen.

Die Meinung, dass Kaffee dem Körper Wasser entzieht, beruht auf falsch interpretierten Daten früherer Studien,

sagt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Kaffee wäre sonst ein verschreibungspflichtiges Diuretikum, also ein harntreibendes Medikament, und kein Getränk.

Kreatin

Kreatin wird im Kraftsport als Leistungsförderer eingesetzt. Es wird im Körper aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin gebildet wird und ist in tierischen Lebensmitteln enthalten. Kreatin verzögert die Anhäufung von Laktat (Milchsäure) in den arbeitenden Muskeln und damit die Ermüdung. Durch eine Supplementation von Kreatin kann eine Zunahme des Körpergewichts um rund 2 kg erfolgen. Durch den erhöhten Druck in den Zellen steigt das Verletzungsrisiko an.

Natriumbicarbonat

Natriumbicarbonat (Natron) setzt die muskuläre Ermüdung herab. Eine Leistungssteigerung ist möglich, wenn große Muskelgruppen involviert sind. Es ist zu berücksichtigen, dass Natriumbicarbonat in einigen Fällen Erbrechen und Durchfall auslösen kann.

Sonderfall Schlankheitstees

Über das Internet werden Schlankheitsmittel wie "Schlankheitstees" oder "Trainingsbooster" (meist aus Fernost) auffällig beworben. Diese sind nicht zu empfehlen. Denn viele der in Deutschland auf dem Markt nicht verfügbaren Nahrungsergänzungsmittel deklarieren zwar diverse Kräuter, jedoch nicht beigemengte, unerlaubte, pharmakologisch relevante Substanzen wie Sibutramin (Appetitzügler), Deren gesundheitliche Risiken sind nicht kalkulierbar.

Wie wird festgelegt, wann wir Nahrungsergänzung benötigen?

Die DGE legt Referenzwerte für die Zufuhr von Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen fest. Diese Werte sind so großzügig bemessen, dass “nahezu alle gesunden Personen einer Bevölkerungsgruppe vor mangelbedingten Gesundheitsschäden” geschützt werden.

“Repräsentative Studien in Deutschland zeigen”, so die DGE, “dass bei der Mehrzahl der Vitamine die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr im Mittel erreicht oder sogar überschritten werden.” Selbst wenn man die empfohlenen Werte unterschreitet, droht nicht automatisch ein Mangel, denn der individuelle Nährstoffbedarf kann dennoch gedeckt sein.

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Nahrungsergänzungsmittel: Wann einnehmen?

Viele Menschen haben Sorge, ohne NEM einen Nährstoffmangel zu entwickeln. Das ist laut DGE jedoch in den meisten Fällen unnötig: Deutschland sei kein Vitaminmangelland. Bei gesunden Menschen, die ausreichend mit Nährstoffen versorgt sind, ist eine Supplementierung daher überflüssig.

Es gibt jedoch Personengruppen, denen zu einer ausgewogenen Ernährung die ergänzende Einnahme von Vitaminen und Mineralstoffen empfohlen wird, so zum Beispiel Frauen mit Kinderwunsch, Schwangere, Stillende oder Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen. Auch eine vegane Ernährung kann eine Supplementierung mit bestimmten Nährstoffen nötig machen. Bitte sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, um Ihren Nährstoffbedarf und die richtige Dosis für eventuelle NEM abzuklären.

Falls Sie Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, dann idealerweise zusammen mit einer Mahlzeit. So stellen Sie sicher, dass die Nährstoffe optimal aufgenommen werden (siehe unten). Zum gleichen Zeitpunkt wie Medikamente dürfen Sie NEM in der Regel nicht zu sich nehmen. Machen Sie hier bitte nur eine Ausnahme, wenn Ihr Arzt oder Ihre Ärztin ausdrücklich zugestimmt hat.

Wirken künstliche Vitamine genauso wie natürliche?

Ob Vitamine künstlich hergestellt wurden, hat zumeist keine Auswirkungen auf Ihre Wirksamkeit. Nur in Ausnahmefällen wird die künstliche Variante vom Körper nicht so gut aufgenommen wie die natürliche. Allerdings werden über Nahrungsergänzungsmittel Vitamine und Mineralstoffe in isolierter Form verabreicht und dies hat in der Tat Effekte auf die Wirksamkeit. Denn die Resorption von Nährstoffen wird durch das gleichzeitige Vorhandensein anderer Nährstoffe beeinflusst. So nimmt der Körper beispielsweise Eisen besser auf, wenn gleichzeitig Vitamin C zugeführt wurde.

Studien haben gezeigt, dass es nicht isolierte Vitamine und Co. sind, die einen positiven Effekt auf die Gesundheit entfalten: Vielmehr profitiert unser Körper von der Vielfalt der in Obst und Gemüse enthaltenen biologisch aktiven Substanzen, die über eine ausgewogene Ernährung aufgenommen werden. Um sich vor Nährstoffmangel und Krankheiten zu schützen, empfiehlt die DGE gesunden Menschen daher nicht die Einnahme von NEM, sondern viel Obst und Gemüse zu essen.

Als Faustregel für Lebensmittel gilt: Mindestens 2 Portionen Obst und 3 Portionen Gemüse am Tag. Über eine vielseitige und ausgewogene Ernährung bekommt der Körper außerdem weitere wichtige Inhaltsstoffe, die bei Nahrungsergänzungsmitteln in aller Regel fehlen, z.B. Ballaststoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe.

Nahrungsergänzungsmittel: Nutzen nicht nachgewiesen – Schaden nicht ausgeschlossen

Einigen NEM wird von den Herstellern, aber auch von den Medien immer wieder eine leistungssteigernde Wirkung zugesprochen. Für die meisten dieser Produkte gibt es jedoch keinerlei wissenschaftliche Evidenz bezüglich positiver Effekte auf die sportliche Leistung. Nachgewiesen sind leistungssteigernde Effekte lediglich für Koffein, Kreatin und Natriumbicarbonat/-citrat – natürlich nur in Kombination mit Sport.

Wichtig: Es können auch unerwünschte Wirkungen auftreten. Insbesondere Wechselwirkungen zwischen einzelnen NEM, NEM und Lebensmittel sowie zwischen NEM und Arzneimitteln werden häufig ebenso übersehen wie mögliche Verunreinigungen durch nicht deklarierte Inhaltsstoffe.

Unter Umständen sind bei Überdosierung sind auch auch eine akute oder schleichende Vergiftungen, zum Beispiel mit Vitamin D möglich. Als fettlösliches Vitamin kann sich der Stoff bei im Fettgewebe und in den Muskeln einlagern.

Wegen möglicher Nebenwirkungen sollten Sie Nahrungsergänzungsmittel nur in Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt einnehmen.

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Schützt eine ausgewogene Ernährung ausreichend?

Eine gesunde Ernährung macht eine Nahrungsergänzung in aller Regel überflüssig. Ausnahmen können Jod und Vitamin D sein. Daher empfehlen Experten, jodiertes Speisesalz zu verwenden. Der Vitamin-D-Spiegel kann nach ärztlicher Rücksprache bei einem Nährstoffmangel mit entsprechenden Vitamin-D-Präparaten erhöht werden. In der Regel sind aber die Sonnenstunden zwischen März und Oktober ausreichend, um den gesamten Vitamin D Bedarf zu decken.

Durch einen gesunden Lebensstil fördern Sie Regeneration und Gesundheit auf ganz natürliche Weise:

Literatur

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