Nachbarschaftshilfe kann für Pflegebedürftige und deren Familien eine große Entlastung bedeuten. Ein flexibler Online-Kurs hilft Interessierten, sich für diese ehrenamtliche Aufgabe zu qualifizieren.
Wer an seine Zukunft denkt, hat wahrscheinlich klare Vorstellungen davon, wie diese aussehen soll. Hilfsbedürftigkeit gehört sicher nicht dazu. Diese kann jedoch über Nacht Realität werden. Fast sechs Millionen Pflegebedürftige gibt es laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Rund 80 Prozent davon werden zu Hause versorgt. Oft übernehmen das Angehörige. Mehrheitlich sind es Frauen. Da diese häufig aber eine Vielzahl weiterer Verpflichtungen haben, wie eine Familie und einen Beruf, kann die Situation für alle Beteiligten zur Belastung werden. Den Pflegenden wird dann geraten, dass sie sich regelmäßig Auszeiten nehmen und Unterstützung suchen sollen. Genau hier setzt die Nachbarschaftshilfe an: Nachbarschaftshelfer unterstützen pflegebedürftige Personen ehrenamtlich im Alltag. Sie begleiten sie zur Arztpraxis oder übernehmen Einkäufe, kochen das Essen, oder sitzen am Bett und plaudern. Für alleinlebende Pflegebedürftige ohne Angehörige ist dies eine sehr wertvolle Unterstützung. Und Angehörigen, die pflegen, gibt die Nachbarschaftshilfe Gelegenheit, sich um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern – oder einfach mal zu verschnaufen.
Entlastungsbetrag ermöglicht Vergütung für Ehrenamtliche
„Ehrenamtliche leisten hier einen enormen Beitrag“, sagt Nina Henkels vom Team für pflegende Angehörige bei der der Barmer. Und dieser Einsatz lässt sich in manchen Bundesländern sogar finanziell vergüten. Denn allen pflegebedürftigen Personen, die zu Hause versorgt werden, steht ein sogenannter Entlastungsbetrag zu. Aktuell liegt dieser bei 131 Euro pro Monat.

Nina Henkels vom Team für pflegende Angehörige bei der Barmer
„Das ist eine ganz reguläre Pflegeleistung“, sagt Nina Henkels. „Diese wird monatlich gewährt und kann auch angespart werden.“ Wenn eine pflegebedürftige Person dies möchte, kann sie diesen Betrag nutzen, um ihre Nachbarschaftshilfe für deren ehrenamtliche Unterstützung zu entschädigen. „Die Helferinnen und Helfer erhalten dann pro Stunde eine Aufwandsentschädigung von 5 bis maximal 10 Euro.“
Vorgaben unterscheiden sich nach Bundesland
Welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, damit die Nachbarschaftshilfe über den Entlastungsbetrag vergütet werden darf, ist jedoch auf Länderebene und deshalb nicht einheitlich geregelt. In einigen Bundesländern können Einzelpersonen als Nachbarschaftshelfer tätig werden. In anderen müssen sie dafür einer Organisation, also zum Beispiel einem Verein angeschlossen sein. In manchen Bundesländern wird auch eine Qualifizierung erwartet.

Andreas Kiefer ist Fachreferent im Team für pflegende Angehörige bei der Barmer
Andreas Kiefer, Fachreferent im Team für pflegende Angehörige: „Für Interessierte war es bisher oft schwierig und aufwändig herauszufinden, was im eigenen Bundesland gilt, wo man einen passenden Kurs findet und welche Formulare nötig sind.“ Gerade während der Corona-Pandemie habe sich jedoch gezeigt, wie dringlich Ehrenamtliche gebraucht würden: „In Deutschland herrscht Pflegenotstand. Deswegen haben wir nach einem niedrigschwelligen Angebot für Menschen gesucht, die sich gern qualifizieren möchten“, so Kiefer.
Anerkannter Online-Kurs für Helferinnen und Helfer
Seit März 2025 gibt es nun ein neues Online-Kursangebot, das genau dies möglich macht – unkompliziert und kostenlos. „Das Angebot steht allen Interessierten offen, unabhängig davon, wo sie krankenversichert sind“, so Andreas Kiefer. Die Kurse sind auf die unterschiedlichen Vorgaben der jeweiligen Bundesländer zugeschnitten: Inhalt und Umfang entsprechen den Landesverordnungen und es werden landesspezifische Regelungen sowie Anerkennungsverfahren erläutert. Alle nötigen Formulare gibt es zudem als Download. Gestartet ist die Barmer mit Kursen für Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Ein bundeslandneutraler Kurs ergänzt das Angebot. Er richtet sich an Menschen, die in ihrem Bundesland keine Qualifikation benötigen, sich aber dennoch zu Pflegethemen informieren möchten.
Diese Themen sind vielseitig: Es geht um die eigene Rolle als Helferin oder Helfer, den angemessenen Umgang mit Menschen mit Demenz oder Behinderungen oder das Verhalten bei Notfällen. Aber auch rechtliche Hintergründe oder die Pflegeversicherung kommen zur Sprache. Die Zeiteinteilung ist für die Lernenden dabei frei, der Kurs kann jederzeit unterbrochen oder fortgesetzt werden. Lernfortschritte speichert das Portal automatisch.
Qualifiziert und mit Zertifikat
Am Ende jedes Moduls wartet ein Multiple-Choice-Test. Um den Kurs erfolgreich abzuschließen, müssen Teilnehmende alle Tests mit mindestens 80 Prozent richtigen Antworten bestehen. Als Belohnung gibt es das Zertifikat, das zur Nachbarschaftshilfe qualifiziert. Auch wenn die Kurse umfassend informieren: „Pflegerische Tätigkeiten dürfen die Ehrenamtlichen allerdings nicht ausführen“, sagt Nina Henkels. Letztlich zeigt sich der Wert der Nachbarschaftshilfe oft in den kleinen Dingen des Alltags: Denn ein gemeinsamer Spaziergang oder ein erledigter Abwasch können für Pflegebedürftige und ihre Familien tatsächlich einen großen Unterschied machen.
- Statistisches Bundesamt (Destatis) (Abruf vom 26.05.2025): Pressemitteilung Nr. 478 vom 18. Dezember 2024: 5,7 Millionen Pflegebedürftige zum Jahresende 2023
- Statistisches Bundesamt (Destatis) (Abruf vom 26.05.2025): Mehr Pflegebedürftige

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