Diversität, Inklusion und Chancengleichheit sind wichtige Ziele für Unternehmen. Ein neuer Leitfaden hilft diesen dabei, ihre digitalen Prozesse entsprechend auszurichten.
Darüber, dass Vielfalt einem Unternehmen guttut, wird gerade in großen Firmen viel gesprochen. Das hat seinen Grund: Ist Vielfalt – oft auch mit dem englischen Begriff „Diversity“ umschrieben – gelebte Unternehmenskultur, kann das ein Unternehmen für Mitarbeitende attraktiver machen. In einer Umfrage beispielsweise gaben 76 Prozent der befragten Angestellten und Arbeitssuchenden an, dass Vielfalt für sie „ein wichtiger Faktor bei der Bewertung von Unternehmen und Jobangeboten“ sei. Sie suchen einen Arbeitsplatz, an dem sich alle als Teil des Teams fühlen: Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Geschlechts und Alters, unabhängig von sexueller Orientierung und Religion.

Maria Hinz ist Teamleiterin für Gesunde Arbeit, Diversity, Nachhaltigkeit und CDR in der Barmer.
Für Maria Hinz, bei der Barmer Teamleiterin für Gesunde Arbeit, Diversity, Nachhaltigkeit und Corporate Digital Responsibility, steht außer Frage, dass Vielfalt ein Erfolgsfaktor im Unternehmen ist: „Gerade die jüngeren Mitarbeitenden erwarten diese mittlerweile ganz selbstverständlich.“ Während Führungskräfte in Umfragen oft angeben, ihr Unternehmen sei bereits vielfältig und inklusiv, gibt es in der Realität meist noch einiges nachzubessern. „Selbst denen, die das Thema wirklich ernst nehmen, ist nicht immer klar, wie man Diversity konkret im Arbeitsalltag umsetzt und in Prozesse integriert“, sagt Maria Hinz. „Deswegen haben wir die Diversity-Folgenabschätzung entwickelt, ein Werkzeug, um neue Maßnahmen und ihre Wirkung zu analysieren.“
Bei der Diversity-Folgenabschätzung handelt es sich genau genommen um einen Leitfaden. „Unternehmen können damit untersuchen, welche Auswirkungen ein neues Projekt auf die Vielfalt haben wird – idealerweise, bevor dieses startet“, sagt Hinz. Ein Beispiel: Die Personalabteilung eines Autobauers will zukünftig beim Einstellungsprozess mit einer Künstlichen Intelligenz arbeiten. Die Verantwortlichen möchten jedoch sicher gehen, dass die KI Vielfalt fördert und niemanden ausschließt. „Mit der Diversity-Folgenabschätzung können sie analysieren, wie sich der Einsatz der KI auswirken würde“, sagt Maria Hinz. „Alle wichtigen Dimensionen werden betrachtet und die verschiedenen Perspektiven beleuchtet, bevor das neue Tool implementiert wird. So lässt sich verhindern, dass viel Geld und Arbeitszeit investiert wird, und sich dann doch ungewollte Auswirkungen zeigen.“
Entwickelt wurde das Werkzeug von der Corporate Digital Responsibility (CDR)-Initiative. Diese ist ein Projekt des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU), die Unternehmen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft zusammenbringt, um einen verantwortungsvollen und gemeinwohlorientierten digitalen Wandel zu gestalten. Die Barmer ist seit 2021 Mitglied. Maria Hinz vertritt die Krankenkasse in den Gremien der Initiative. An der Diversity-Folgenabschätzung war sie als Autorin beteiligt.
Potenzielle Probleme frühzeitig erkennen
Der Einsatz sei schrittweise aufgebaut und leicht zu erlernen, so Hinz: „Man überlegt zuerst, welche Aspekte der Diversity-Dimensionen für das Projekt besonders wichtig sind – zum Beispiel Frauen, Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationshintergrund oder eine bestimmte Altersgruppe. Dann entscheidet man, wer aus dem Unternehmen in den Prozess einbezogen werden sollte.“ Das können beispielsweise Mitarbeitendenvertretungen für Frauen oder Menschen mit Behinderungen sein. Nun treffen sich alle Beteiligten zum gemeinsamen Workshop. „In diesem arbeitet man einen Fragenkatalog durch, der Teil unseres Tools ist. Die Fragen lassen sich unkompliziert an das jeweilige Projekt anpassen“, erklärt Hinz. Potenzielle Probleme werden so frühzeitig identifiziert und die Verantwortlichen können das weitere Vorgehen gegebenenfalls ändern.
Neben der Barmer haben mit der ING-DiBa und Otto eher große Unternehmen an der Entwicklung der Diversity-Folgenabschätzung mitgearbeitet. Diese richte sich aber an Firmen jeder Größe, sagt Maria Hinz. „Es kann in einer einfacheren Variante sogar von einer einzelnen Person, wie einer Einzelunternehmerin oder einer Führungskraft, genutzt werden.“ Bei der Barmer wurde das Tool direkt an einem bereits bestehenden Projekt getestet, einem digitalen Bildungsangebot für die Mitarbeitenden. „Wir stießen dabei auf einige Aspekte, über die wir vorher nicht so intensiv nachgedacht hatten – zum Beispiel, ob unser Bildmaterial alle Geschlechter gleichermaßen anspricht und die Inhalte für unterschiedliche Bildungshintergründe verständlich und gleichzeitig informativ genug sind“, sagt Maria Hinz. In Folge wurde das Bildungsangebot aufgefrischt. Auch bei der ING-DiBa sei der der Leitfaden zum Einsatz gekommen. Die Erfahrungen dort seien so positiv gewesen, dass die Großbank nun prüfe, die Diversity-Folgenabschätzung dauerhaft zu nutzen, sagt Hinz. In einer Zeit, in der es in vielen Bereichen an Fachkräften mangelt, sichert gelebte Vielfalt die unternehmerische Zukunft. Und wenn sich alle am Arbeitsplatz gesehen und willkommen fühlen, ist das schließlich ein Zeichen von guter Unternehmenskultur.
- Corporate Digital Responsibility (CDR)-Initiative (Abruf vom 26.05.2025): Diversity-Folgenabschätzung

CDR-Award in Bronze für den Barmer Campus Coach
Mit ihrem Online-Angebot für Studierende überzeugte die Barmer bei der Preisverleihung.
Nächstes Thema