Lexikon Krankheiten A-Z

Prostatakrebs

Lesedauer unter 13 Minuten

Prostatakrebs ist eine bösartige Erkrankung der Vorsteherdrüse (Prostata). Es ist die häufigste Krebsart bei Männern. Je früher ein Prostatakarzinom entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen. 

Was ist Prostatakrebs?

Prostatakrebs ist ein bösartiger Tumor der männlichen Vorsteherdrüse (Prostata). Mediziner sprechen auch von Prostatakarzinom oder kurz PCA. Die Prostata ist wie eine Walnuss geformt und auch in etwa so groß. Sie liegt unterhalb der Harnblase am Beginn der Harnröhre und umkleidet sie wie ein Ring. Die Prostata produziert einen Teil der Samenflüssigkeit, die als Transport- und Aktivierungsmittel für die Spermien dient und bei der Ejakulation ausgestoßen wird.

Medizinisch ist es wichtig, einen Prostatakrebs von gutartigen (benignen) Krankheiten der Prostata wie zum Beispiel benigner Prostatavergrößerung (Prostatahyperplasie), benignem Prostatasyndrom oder Entzündungen zu unterscheiden. Die gutartige Prostatavergrößerung kommt sehr häufig vor: Unter den 50- bis 59-Jährigen haben 20 Prozent aller Männer eine benigne Prostatahyperplasie. In der Altersgruppe der über 70-Jähringen leiden schätzungsweise sogar mehr als 70 Prozent an den Beschwerden einer vergrößerten Prostata. Dazu gehören etwa Probleme beim Wasserlassen, weil die Harnröhre eingeengt wird. Prostatakrebs macht dagegen in frühen Stadien kaum Beschwerden, da der Krebs vor allem in der äußeren Zone der Vorsteherdrüse entsteht. Die gutartige Prostatavergrößerung entwickelt sich dagegen hauptsächlich in der inneren Zone, also in der Nähe der Harnröhre. Nicht selten liegen beide Erkrankungen gleichzeitig vor. Bei der Abklärung der Symptome wird dann der Krebs entdeckt, obwohl er nicht für die Beschwerden verantwortlich ist.

Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern, wobei die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Im Jahr 2010 wurde bei knapp 66.000 Männern Prostatakrebs festgestellt. Für das Jahr 2014 liegt die Prognose der Neuerkrankungen bei über 70.000. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt etwa 70 Jahre.

Welche Ursachen hat Prostatakrebs?

Die Auslöser für Prostatakrebs sind noch nicht genau bekannt. Es gibt aber einige Risikofaktoren:

Alter:

Dies ist der wichtigste Risikofaktor für Prostatakrebs. Vor dem 50. Lebensjahr kommt Prostatakrebs selten vor. Mit zunehmendem Alter steigt aber das Erkrankungsrisiko stetig an.

Gene (erbliche Veranlagung):

Eine familiäre Komponente spielt bei Prostatakrebs eine Rolle. Männer, deren Brüder und/oder Väter an einem Prostatakarzinom erkrankt sind/waren, haben ein zweifach erhöhtes Risiko, im Lauf ihres Lebens ebenfalls an dieser Krebsart zu erkranken. Das Risiko erhöht sich weiter, je jünger der nahe Verwandte zum Zeitpunkt der Erkrankung war und je mehr Prostatakrebs-Fälle in der Familie vorkommen.

Abstammung:

Männer schwarzafrikanischen Ursprungs erkranken häufiger an Prostatakrebs als Europäer und weiße Nordamerikaner.

Ernährung:

Der Einfluss der Ernährung ist noch nicht abschließend geklärt. Eine kalorien- und fettreiche Ernährung (tierische Fette) mit wenigen Ballaststoffen könnte das Risiko für Prostatakrebs steigern, besagen einige Studien. Viel Getreide, Gemüse und Sojaprodukte wirken dagegen offenbar schützend – Asiaten und Vegetarier haben ein niedrigeres Erkrankungsrisiko. Eventuell haben auch Phytoöstrogene (pflanzliche Hormone, vor allem aus Soja) und eine lycopinreiche Ernährung einen schützenden Effekt. Lycopin steckt vor allem in Tomaten.

Vitamin E:

Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin E in hoher Dosierung steigern nachweislich das Risiko für Prostatakrebs.

Gewicht:

Welchen Einfluss die Fettleibigkeit als Risikofaktor für ein Prostatakarzinom hat, dazu gibt es widersprüchliche Daten. 

Soziokulturelle Faktoren:

Das Risiko für Prostatakrebs ist weltweit sehr unterschiedlich verteilt. Global gesehen gibt es mehr Erkrankungsfälle in den USA als in Asien. In Europa werden mehr Prostatakrebs-Erkrankungen in Nordeuropa als in Südeuropa verzeichnet. Neben Ernährungsgewohnheiten sollen auch soziokulturelle Faktoren dafür verantwortlich sein.

Entzündungsprozesse:

Mediziner vermuten, dass sexuell übertragbare Erkrankungen sowie eine chronische Prostataentzündung (Prostatitis) zu einem erhöhten Prostatakrebsrisiko beitragen.

Hormone:

Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass die Testosteronwerte eines Mannes im Serum keinen Rückschluss darauf zulassen, ob sich ein Prostatakrebs entwickelt oder nicht. Allerdings könnte eine Testosteronersatztherapie ein vorhandenes, unentdecktes Prostatakarzinom zum Wachstum anregen, vermuten Experten. Vor Therapiebeginn sollte daher das Vorliegen einer Prostatakrebserkrankung ausgeschlossen werden.

Weitere Faktoren:

Nicht abschließend geklärt sind der Einfluss beruflicher Risiken wie Schwermetall- und Strahlenbelastung oder ein Mangel an Vitamin D auf das Prostatakrebsrisiko. Das Gleiche gilt für die Sterilisation (Vasektomie).

Welche Beschwerden können auftreten?

Prostatakrebs verursacht im Frühstadium meist keine Beschwerden. Die ersten Symptome treten oft erst auf, wenn der Krebs schon eine bestimmte Größe erreicht hat und auf die Harnröhre übergreift. Symptome zeigen sich auch, wenn der Krebs gewandert ist und sich Tochtergeschwulste (Metastasen) außerhalb der Prostata gebildet haben, zum Beispiel in den Lymphknoten oder Knochen.

Mögliche Symptome eines Prostatakarzinoms sind:

  • Schwierigkeiten zu Beginn des Wasserlassens
  • Unfähigkeit zu urinieren (Harnverhalt)
  • Schwacher oder unterbrochener Harnfluss
  • Schmerzen beim Wasserlassen
  • Starker Harndrang, vor allem nachts
  • Schmerzen in der Prostata
  • Erektionsstörungen, schmerzhafte Ejakulation
  • Verminderter Samenerguss
  • Selten: Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit

Diese Beschwerden sind aber wenig charakteristisch, sie können auch bei einer gutartigen Prostatavergrößerung oder anderen Erkrankungen auftreten. Solche Beschwerden sollten aber dennoch unbedingt ärztlich abgeklärt werden.

Aber auch Tochtergeschwulste können Symptome verursachen. Krebszellen breiten sich meistens zuerst auf die Lymphknoten im Becken, seltener in der Leiste, aus. Sind diese Lymphknoten von Krebszellen befallen, kann sich Flüssigkeit in den Beinen und im Hodensack ansammeln.

Starke Schmerzen im unteren Rückenbereich (in Richtung des Kreuzbeins), in Becken, Hüften oder Oberschenkeln können darauf hindeuten, dass sich Metastasen in den Knochen gebildet haben. Tochtergeschwulste können sich auch in der Leber oder Lunge ansiedeln.

Bei fortgeschrittenem Prostatakrebs sind auch allgemeine Begleitsymptome von Tumorerkrankungen wie Fieber, Nachtschweiß, Abgeschlagenheit, Leistungsschwäche und ungewollter Gewichtsverlust möglich.

Welche Untersuchungen gibt es?

Ab dem 45. Lebensjahr haben Männer einmal jährlich Anspruch auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Prostatakrebs. Sie hilft, ein Prostatakarzinom frühzeitig zu entdecken, was die Erfolgschancen der Therapie verbessert. Gleichzeitig spürt die gezielte Suche aber möglicherweise auch Tumoren auf, die nie Beschwerden gemacht hätten und keiner Behandlung bedurft hätten. Diese Überdiagnose und Übertherapie kann schwere gesundheitliche Folgen für die betroffenen Männer haben. Jeder Mann sollte deshalb den persönlichen Nutzen bzw. das Risiko der Früherkennung abwägen und sich dazu von einer Ärztin/einem Arzt beraten lassen.

Tastuntersuchung

Ein Prostatakarzinom lässt sich in vielen Fällen durch eine rektale (durch den After) Tastuntersuchung der Prostata feststellen. Veränderungen wie eine vergrößerte Prostata oder knotige Verhärtungen des hinteren Teils werden mit dem Finger aufgespürt (digital-rektale Untersuchung, DRU). Tastbare Prostatakarzinome sind oft nicht mehr auf die Vorsteherdrüse begrenzt, sondern haben schon die Kapsel der Prostata durchbrochen. Nicht fühlbar sind Prostatakarzinome, die seitlich oder zur Bauchseite hin wachsen.

PSA-Test

PSA steht für "Prostataspezifisches Antigen" und ist ein Eiweiß, das nur die Prostata produziert. Die PSA-Konzentration im Blut kann mit einem Test gemessen werden. Ein erhöhter PSA-Wert besagt aber noch nicht, dass ein Mann auch tatsächlich Prostatakrebs hat. Er kann zum Beispiel auch bei einer Prostataentzündung (Prostatitis) und anderen Erkrankungen der Vorsteherdrüse erhöht sein. Außerdem steigt der PSA-Wert nach jeder Art von Prostatastimulation. Beispiele sind die Tastuntersuchung der Prostata, aber auch Radfahren und Sex. Der Wert kann noch viele Stunden später erhöht sein. Der PSA-Test liefert dann so genannte "falsch-positive Ergebnisse". Umgekehrt heißt ein niedriger PSA-Wert nicht zwangsläufig, dass kein Prostatakrebs vorliegt (falsch-negatives Ergebnis).

Bei gesunden Männern beträgt der PSA-Wert den meisten Experten zufolge 0 bis 4 Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/ml). Bei einem Wert unter 2 ng/mlsollte alle zwei Jahre, bei einem Werte von 2 bis 4 ng/ml jedes Jahr kontrolliert werden, ob sich die Prostata verändert hat. Ab 4 ng/ml werden zusätzliche Untersuchungen empfohlen, darunter die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie). Denn bei vier von zehn Männern mit einem PSA-Wert zwischen 4 und 10 ng/ml wird dabei tatsächlich Krebs entdeckt.

Der PSA-Test ist nicht Teil der gesetzlichen Prostatakrebsfrüherkennung. Wer ihn wünscht, muss ihn in der Regel selbst bezahlen. Denn bislang ist nicht bewiesen, dass ein flächendeckendes PSA-Screening das Gesamtüberleben der Erkrankten verlängert. Nur wenn der Tastbefund auffällig ist, bezahlen die Krankenkassen den PSA-Test. Er spielt außerdem beim Verlauf und der Kontrolle einer bestehenden Prostatakrebserkrankung eine wichtige Rolle.

Gewebeentnahme (Biopsie)

Eine Gewebeentnahme (Biopsie) kann Gewissheit bringen, ob Prostatakrebs vorliegt. Mit einer feinen Nadel werden mehrere Gewebeproben aus der Prostata entnommen (Stanzbiopsie). Die Biopsie wird in den meisten Fällen unter Ultraschallkontrolle durch den Enddarm entnommen (transrektaler Ultraschall, TRUS). Alternativ kann auch eine Probenentnahme durch den Dammbereich erfolgen. Ein Pathologe untersucht das Gewebe anschließend auf Krebszellen. Die Biopsie zeigt auch, wie aggressiv der Krebs ist.

Eine Prostatabiopsie sollte erfolgen, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

  • Verdacht auf Prostatakrebs bei der digitalen-rektalen Untersuchung;
  • kontrollierter PSA-Wert von ≥ 4 ng/ml bei der erstmaligen Früherkennungsuntersuchung unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren;
  • auffälliger PSA-Anstieg;

Aber auch mit der Biopsienadel werden nicht alle Prostatatumoren erwischt. Manchmal sind mehrere Gewebeproben nötig, um den vermuteten Prostatakrebs tatsächlich zu diagnostizieren.

Metastasensuche

Bestätigt sich die Diagnose Prostatakrebs, werden gegebenenfalls weitere Untersuchungen durchgeführt, um mögliche Tochtergeschwulste (Metastasen) zu finden. Das können zum Beispiel Ultraschall der Nieren, Röntgen der Lunge, Computer(CT)- oder Magnetresonanz(MRT)-Tomografie und die Skelettszintigrafie bei Verdacht auf Knochenmetastasen sein.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Die Therapiewahl hängt davon ab, ob der Krebs auf die Prostata begrenzt ist oder ob er sich ausgebreitet hat und wie aggressiv er ist. Auch das Alter und der gesundheitliche Allgemeinzustand des Patienten spielen eine Rolle. Der Prostatakrebs schreitet meist langsam fort, die Gesamtüberlebenszeit ist lange – auch ohne therapeutische Eingriffe. Deshalb sollten Arzt und Patient immer die durch Therapien gewonnenen Lebensjahre und den Verlust an Lebensqualität durch Therapiefolgen gegeneinander abwägen.

Es gibt mehrere Therapiebausteine beim Prostatakarzinom, die auch in Kombination eingesetzt werden. Wenn Unsicherheit über den Therapievorschlag des Arztes besteht, gibt es die Möglichkeit, sich eine Zweitmeinung einzuholen. Viele Urologen sind einem sogenannten Prostatazentrum angeschlossen.

Aktive Überwachung

Bei dieser Strategie geht es nicht um "Nichtstun", sondern die Patienten suchen regelmäßig ihren Arzt auf, um das Tumorwachstum "aktiv" überwachen zu lassen. Der Arzt kann jederzeit eingreifen, wenn die Erkrankung fortschreitet (engl. "active surveillance"). Geeignet ist diese Methode für Patienten, die keine Beschwerden wegen des Tumors haben, bei denen der Krebs noch auf die Prostata begrenzt ist und die Tumorzellen wenig aggressiv sind. Der Tumor wird durch die Bestimmung des PSA-Wertes und digital-rektale Untersuchungen kontrolliert. Unter Umständen ist eine erneute Biopsie notwendig.

Operation

Ist der Krebs noch auf die Prostata beschränkt, kann eine komplette Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) durchgeführt werden. Im Rahmen der Operation werden die Prostata, die beiden Samenblasen hinter der Prostata und eventuell die Lymphknoten in der  Nähe entfernt (Lymphadenektomie). Ist der Krebs über die Prostata hinausgewachsen, kann eine Operation die Beschwerden lindern. Hier müssen immer die umgebenden Lymphknoten mitentfernt werden.

Eine mögliche Komplikation der Prostataoperation ist Impotenz, da Nerven verletzt werden können, die für die Erektion wichtig sind. Manchmal kommt es nach der Operation zu einer Harninkontinenz.

Strahlentherapie

Auch mit der Bestrahlung der Prostata lässt sich, genauso wie mit der Operation, ein Prostatakrebs heilen – vorausgesetzt, der Tumor ist noch auf die Prostata begrenzt. Eine Bestrahlung schädigt die Zellkerne von Krebszellen so stark, dass sie absterben. Das gesunde Gewebe in der Umgebung wird geschont. Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung kann die Strahlentherapie zumindest das weitere Tumorwachstum bremsen und tumorbedingte Beschwerden lindern. Oft wird die Strahlentherapie auch zur Bekämpfung von Metastasen eingesetzt. Für den Prostatakrebs gibt es zwei Bestrahlungsmethoden: von innen (Brachytherapie, Radionuklidimplantation) oder von außen (perkutane Radiotherapie).

Brachytherapie – zwei Arten

  • Seed-Therapie: Es werden kleine, radioaktive Körner (Seeds) in die Prostata implantiert. Sie bleiben dort für immer, geben allerdings nur eine begrenzte Zeit Strahlung an das umliegende Gewebe ab (bis zu drei Monate).
  • Afterloading: Es werden stärkere Strahlungsquellen eingesetzt, die nur wenige Stunden im Körper bleiben. Im Anschluss erfolgt meist eine externe Bestrahlung.

Perkutane Radiotherapie

Bestrahlt wird meist fünf Tage pro Woche über einen Zeitraum von sieben bis acht Wochen. Eine einzelne Bestrahlungssitzung dauert maximal einige Minuten; hinzu kommt aber noch eine recht zeitaufwändige Vorbereitung (Computerberechnungen von Strahlenfeld und Strahlendosis).

Eine Weiterentwicklung der perkutanen Bestrahlung ist die intensitätsgesteuerte Radiotherapie (IMRT). Dabei ermöglicht es die Zusammenarbeit zwischen Computer, Bestrahlungsgerät und beweglichen Filtersystemen, die maximale Strahlendosis noch zielgenauer auf die Prostata auszurichten.

Zu den akuten Nebenwirkungen der Brachytherapie zählen vor allem vorübergehende Probleme beim Wasserlassen und Entzündungsreaktionen. Die perkutane Radiotherapie kann unter anderem Schleimhautentzündungen in Blase und Harnröhre sowie im Enddarm hervorrufen. Bei der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT) scheint nach bisherigen Erkenntnissen die Rate an akuten Nebenwirkungen geringer zu sein.

Generell gilt: Akute Nebenwirkungen einer Bestrahlung heilen in den meisten Fällen folgenlos aus. Langzeitfolgen treten viel seltener auf.

Hormonentzugstherapie

Prostatakrebs wächst in nahezu allen Fällen unter dem Einfluss von männlichem Geschlechtshormon, dem Testosteron.  Eine Hormonentzugstherapie kann daher das Tumorwachstum bremsen. Geeignet ist der Hormonentzug vor allem bei fortgeschrittenen Prostatakarzinomen, wenn sich der Tumor nicht durch eine Operation oder Bestrahlung bremsen lässt. Grundsätzlich lassen sich zwei Formen der Hormonentzugstherapie unterscheiden:

Die Testosteronproduktion wird unterdrückt

Die Testosteronproduktion lässt sich durch Medikamente hemmen (chemische Kastration). Eingesetzt wer-den sogenannte GnRH-Analoga. Auch Östrogen oder andere Medikamente (zum Beispiel Ketoconazol) können den Testosteronspiegel senken.

Die Testosteronproduktion lässt sich auch durch die Entfernung der Hoden ausschalten, in denen das Testosteron gebildet wird (operative Kastration). Eine Hodenentfernung ist allerdings psychisch belastend und nicht wieder rückgängig zu machen. Sie wird deshalb heute nur noch selten durchgeführt.

Die Nebenwirkungen des Hormonverlustes sind Impotenz, Abnahme des Geschlechtstriebs, Wachstum der Brustdrüsen, Hitzewallungen, Gewichtszunahme und der Verlust von Muskel- und Knochenmasse, wodurch das Osteoporose-Risiko steigt.

Die Wirkung von Testosteron an den Tumorzellen wird blockiert

Antiandrogene unterdrücken die Testosteronwirkung, indem sie die Andockstellen (Rezeptoren) für das männliche Hormon blockieren. Einige Antiandrogene hemmen zusätzlich die Testosteronproduktion in den Hoden, andere nicht. Im zweiten Fall bleibt die Potenz der betroffenen Männer dadurch etwas länger erhalten.

Eine alleinige Behandlung mit Antiandrogenen scheint bei Prostatakrebs nicht so erfolgreich zu sein wie eine Therapie mit GnRH-Analoga. Dafür hat sie weniger Nebenwirkungen.

Prostatatumore sprechen unterschiedlich stark auf Hormone an. Der Prostatakrebs kann diese Hormonabhängigkeit außerdem nach und nach verlieren – der Tumor wird "hormontaub", was ihn schwerer behandelbar macht.

Chemotherapie

Reagiert der Tumor nicht mehr auf einen Hormonentzug, kann man versuchen, das Tumorwachstum mithilfe einer Chemotherapie zu bremsen. Sie ist aber nicht die erste Therapiewahl bei Prostatakrebs. Die Zytostatika greifen Zellen an, die sich schnell teilen. Das sind neben den Krebszellen auch blutbildende Zellen, Zellen der Darmschleimhaut und Haarwurzelzellen. Eine Chemotherapie ist daher mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, weshalb man Nutzen und Schaden sorgfältig abwägen muss.

Schmerztherapie

Im fortgeschrittenen Stadium von Prostatakrebs ist eine wirksame Schmerzbekämpfung wichtig. Tochtergeschwulste in den Knochen können zu starken Schmerzen und zu Knochenbrüchen führen.

Andere Therapieverfahren

Zu weiteren Therapieverfahren wie dem Hochintensiven Fokussierten Ultraschall (HIFU) und der Kryotherapie gibt es noch keine Langzeitergebnisse. Sie sollten bei der Primärbehandlung von Prostatakrebs nur im Rahmen von Studien zum Einsatz kommen.

Welche Folgeerkrankungen können auftreten?

Prostatakrebs kann unterschiedlich schnell wachsen – bei den einen entwickelt er sich langsam über Jahre hinweg, bei anderen Männern ist der Krebs aggressiv und wächst schnell. Die aggressive Form von Prostatakrebs ist heilbar, wenn er früh entdeckt wird. In vielen Fällen hat der Krebs aber schon gestreut oder wächst trotz Therapien weiter. Tochtergeschwulste bilden sich erst in den Lymphknoten des Beckens, dann in den Knochen - vor allem der Wirbelsäule, den Rippen- und Beckenknochen. Auch in der Leber oder Lunge können Metastasen auftreten. Eine Heilung ist dann nicht mehr möglich. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 12.000 Patienten an den Folgen eines Prostatakarzinoms.

Die meisten Patienten mit Prostatakarzinom sind fünf Jahre nach der Diagnosestellung noch am Leben: Berücksichtigt man das oft höhere Alter der Betroffenen, liegt die relative Überlebensrate bei 93 Prozent. Nicht wenige Männer überleben selbst trotz fortgeschrittenem Prostatakrebs noch zehn Jahre und länger. Aber auch dann noch sind Sterbefälle möglich.

Gibt es Unterschiede zwischen jung und alt?

Das mittlere Erkrankungsalter bei Prostatakrebs liegt um das 70. Lebensjahr herum. Vor dem 50. Lebensjahr tritt Prostatakrebs so gut wie nie auf.