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Sepsis (Blutvergiftung): Ursachen, Symptome, Behandlung

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Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Die Sepsis, im Volksmund meist als Blutvergiftung bezeichnet, ist ein lebensbedrohlicher Zustand infolge einer Infektion. Er entsteht aufgrund einer überschießenden Reaktion des eigenen Immunsystems und weiterer Faktoren, die zu Organschädigungen führen. 

Eine Sepsis ist immer ein medizinischer Notfall, der schnellstmöglich behandelt werden muss. Daher sollte bei Verdacht auf eine Sepsis sofort ein Krankenhaus aufgesucht oder der Notruf 112 gewählt werden. Was genau ist eine Sepsis? Was sind ihre Symptome und Ursachen, und wie sieht die Behandlung aus? 

Definition: Was ist eine Sepsis und wie kommt es dazu?

Nach der geltenden medizinischen Definition der Sepsis – der sogenannten Sepsis-3-Definition – ist die Sepsis eine lebensbedrohliche Organdysfunktion aufgrund einer fehlregulierten Wirtsantwort auf eine Infektion. Etwas einfacher ausgedrückt ist die Sepsis eine vom eigenen Immunsystem verursachte Organschädigung infolge einer Infektion – bis hin zum Versagen eines oder mehrerer Organe. Sie ist somit der schwerste Verlauf, den eine Infektion nehmen kann. 

Drei Schweregrade der Sepsis

Obwohl das traditionelle Konzept, die Sepsis in drei Schweregrade zu unterteilen, in Fachkreisen inzwischen kontrovers diskutiert wird, wird es auch heute noch oft angewendet.

Demnach werden die folgenden Schweregrade der Sepsis unterschieden:

  • Die „einfache“ Sepsis, die sich in der Regel noch ohne intensivmedizinische Maßnahmen medikamentös behandeln lässt und bei der (noch) kein Organversagen vorliegt. Jedoch ist auch diese Form der Sepsis ein medizinischer Notfall. 
  • Die schwere Sepsis, die mit einem Organversagen einhergeht und immer auf der Intensivstation behandelt werden muss.
  • Der septische Schock, bei dem es zu einem Blutdruckabfall auf extrem niedrige Werte kommt und bei dem der Körper nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgt wird. Auch der septische Schock muss unbedingt auf der Intensivstation behandelt werden.

Jede Sepsis ist ein medizinischer Notfall

Die Expertinnen und Experten, die die geltende Sepsis-3-Definition formuliert haben, beurteilen die Einteilung der Sepsis in drei Schweregrade, insbesondere den Begriff schwere Sepsis, als nicht mehr zeitgemäß. Ihr Hauptargument gegen diese Einteilung ist die Erkenntnis, dass bei einer Sepsis immer eine Organfehlfunktion und immer ein komplexes Krankheitsbild vorliegt, das weit über Entzündungen hinausgeht. Demzufolge gibt es auch keine „einfache“ Sepsis. Generell gilt: Jede Sepsis ist ein medizinischer Notfall, bei dem schnell gehandelt werden muss.

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Ein junger Mann hat eine Schürfwunde am Knie

Bei einer Sepsis zählt jede Minute: Besonders nach Verletzungen oder Infektionen sollte auf verdächtige Symptome geachtet und bei Verdacht auf eine Sepsis schnellstens ärztliche Hilfe gesucht werden.

Wie es zu einer Sepsis kommt

Normalerweise kann das Immunsystem eine gewöhnliche Infektion – beispielsweise eine Ansteckung mit einem Erkältungsvirus – gut eindämmen, sodass sich daraus keine lebensbedrohliche Erkrankung entwickelt. Eine Sepsis oder „Blutvergiftung“ kann dann entstehen, wenn das Immunsystem einen Erreger nicht mehr lokal abwehren kann, dieser sich infolgedessen über den Blutkreislauf im Körper ausbreitet und seine Giftstoffe (Toxine) sowie andere Erregerbestandteile verteilt.

Die Sepsis setzt dann eine verheerende Kaskade in Gang: Der Körper reagiert auf die Erregerausbreitung mit einer überschießenden Aktivierung seiner Abwehr- und Reparatursysteme, insbesondere des Immun- und Gerinnungssystems. In kürzester Zeit verteilen sich die Entzündungsbotenstoffe im ganzen Körper. Gleichzeitig werden entzündungshemmende Mechanismen ausgelöst, das Immunsystem gerät insgesamt aus der Balance. 

Entzündungen, die eigentlich den Eindringling bekämpfen sollen, schädigen auch Organe wie Nieren und Lunge. Zusätzlich zu den Organschädigungen kann es zu lebensbedrohlichen inneren Blutungen, zu Gefäßverschlüssen (Thrombosen) und letztlich zu einem septischen Schock kommen.

13. September: Welt-Sepsis-Tag

Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland, weltweit sind pro Jahr bis zu 50 Millionen Menschen von Sepsis betroffen. Sie ist weltweit jährlich für mindestens 11 Millionen Todesfälle verantwortlich. Damit ist sie die häufigste Todesursache infolge einer Infektion. 

Der Welt-Sepsis-Tag (World Sepsis Day) macht alljährlich am 13. September mit vielen Aktionen darauf aufmerksam, dass mit Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen gegen Infektionskrankheiten und mit rechtzeitiger Behandlung der Sepsis mehr Leben gerettet werden könnten. 

Ursachen: Was begünstigt die Entstehung einer Sepsis?

Zusammengefasst kommt es bei einer Sepsis also zu einer fatalen Kettenreaktion. Am Anfang steht immer die Infektion mit einem Erreger: Dies können Bakterien, Viren, Pilze oder auch Parasiten sein. 

Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie diese Erreger in den Organismus gelangen können, beispielsweise über eine kleine Verletzung wie ein aufgeschlagenes Knie, über eine Infektion der Harnwege, über die Atemwege während der Erkältungszeit, über eine Lungenentzündung oder aufgrund eines Blinddarmdurchbruchs. Grundsätzlich kann die Sepsis als Komplikation jeder Infektion auftreten.

Geschwächtes Immunsystem als besonderer Risikofaktor

Dass sich das Immunsystem mit Eindringlingen beschäftigen und diese abwehren muss, ist völlig normal. In aller Regel gelingt das auch. Wenn das Immunsystem aber aus irgendeinem Grund geschwächt ist, können sich Erreger leichter im ganzen Körper ausbreiten und eine überschießende, außer Kontrolle geratende Abwehrreaktion auslösen.

Einflussfaktoren für eine Sepsis-begünstigende Schwäche des Immunsystems sind vor allem:

  • Gleichzeitige Verletzungen an verschiedenen Körperstellen
  • Verbrennungen
  • Große Operationen und/oder Operationen mit erhöhtem Risiko
  • Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, Nieren- und Lebererkrankungen, Herzerkrankungen, Krebserkrankungen, AIDS
  • Eine fehlende Milz
  • Höheres Lebensalter (ab etwa 60 Jahren)
  • Säuglingsalter (jünger als ein Jahr)

Symptome: Wie äußert sich eine Sepsis?

Ohne frühzeitige medizinische Behandlung verläuft eine Sepsis oft tödlich oder geht mit schwerwiegenden und teils unumkehrbaren Folgen einher. Bei einer Sepsis müssen Ärztinnen und Ärzte schnell handeln, um das Leben der Patientin oder des Patienten zu retten und unumkehrbare Organschädigungen bestmöglich zu verhindern. 

Umso wichtiger ist es, dass man sich selbst nach einer Verletzung oder bei einer Virusinfektion gut beobachtet, auf verdächtige Symptome achtet und bei einem Verdacht auf eine Sepsis schnell ärztliche Hilfe sucht.

Symptome, die auf eine Sepsis hindeuten können, sind insbesondere:

  • Ein nie gekanntes Krankheitsgefühl
  • Starke Schmerzen
  • Fieber mit Schüttelfrost
  • Schwitzen oder Frieren
  • Feuchte Haut, blasse, marmorierte Haut
  • Kalte Beine und Arme
  • Probleme beim Wasserlassen
  • Durchfall
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Herzrasen (Tachykardie) und ein schneller Puls
  • Blutdruckabfall, stark erniedrigter Blutdruck
  • Eine schnelle Atmung und Kurzatmigkeit
  • Verwirrtheit, Benommenheit, Desorientiertheit

Bei Verdacht auf Sepsis Notruf wählen

Die genannten Symptome einer Sepsis sind zwar typisch, aber nicht spezifisch. Sie könnten also auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten. Das wiederum erhöht die Gefahr, dass eine Sepsis nicht oder erst zu spät erkannt wird. Dabei zählt bei der Behandlung einer „Blutvergiftung“ jede Minute. Bei jeglichem Verdacht auf eine Sepsis sollte daher umgehend der Notruf 112 gewählt oder ein nahegelegenes Krankenhaus aufgesucht werden.

Behandlung: Wie ist die Therapie der Sepsis aufgebaut?

Bei einer Sepsis müssen Ärztinnen und Ärzte alle notwendigen Therapiemaßnahmen schnell und gebündelt umsetzen können. Daher werden Patientinnen und Patienten bei einem Verdacht auf Sepsis in ein Krankenhaus gebracht.

Zur Früherkennung einer Sepsis setzen Ärztinnen und Ärzte Schnelltests wie den qSOFA-Score ein. Dabei werden Patienten auf drei wesentliche Symptome untersucht:

  • Atemfrequenz (Atmet die oder der Betroffene schnell, liegt Kurzatmigkeit vor?)
  • Mentaler Status (Liegt eine Bewusstseinsstörung oder Verwirrtheit vor?)
  • Systolischer Blutdruck (Liegt der Wert bei 100 mmHg oder unterhalb?)

Sind mindestens zwei dieser Symptome vorhanden, müssen Ärztinnen und Ärzte an eine Sepsis denken und auf mögliche Organfunktionsstörungen untersuchen. 

Wurde die Diagnose „Sepsis“ gestellt, fußt die Behandlung auf verschiedenen Akutmaßnahmen. Im Idealfall ist bekannt, welche Art von Infektion die Sepsis ausgelöst hat und an welcher Körperstelle sich die Infektionsquelle befindet. Dann können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte gezielt versuchen, die Erreger mit einer spezifischen Antibiotikatherapie möglichst vollständig abzutöten und die Erregerquelle stillzulegen, falls diese noch aktiv ist. 

In den meisten Fällen ist die Art des Erregers bei der Einlieferung ins Krankenhaus nicht bekannt. Auch hier erhalten die Betroffenen ein Antibiotikum – allerdings eines, das auf ein breites Spektrum an Erregern abzielt. Gleichzeitig wird über eine Blutuntersuchung versucht, den tatsächlichen Erreger zu identifizieren, um die weitere Therapie mit einem spezifischen Antibiotikum fortführen zu können.

Ursache einer Sepsis schnell erkennen: DigiSep

Die Barmer beteiligt sich an einem bundesweiten Innovationsfonds-Projekt unter Leitung des Universitätsklinikums Essen namens „DigiSep“. Es soll den Nutzen einer neuen, digitalen Methode zur Erregerbestimmung mit dem gängigen mikrobiologischen Diagnose-Verfahren durch Aufzucht der Keime in einer Blutkultur vergleichen. Die Ursache einer Sepsis mit modernsten digitalen Möglichkeiten schneller und verlässlicher zu finden, ist ein Ansatz, der Hoffnung macht und Leben retten könnte. 

Mehr erfahren

Innerhalb der ersten Stunde der Behandlung müssen Ärztinnen und Ärzte neben der Antibiotikagabe und der Blutuntersuchung weitere essenzielle Therapiemaßnahmen wie die Infusionsbehandlung einleiten. 

Abhängig von der individuellen Situation des Patienten können bei einer Sepsis unter anderem die folgenden Maßnahmen durchgeführt werden:

  • Operation zur Entfernung eines Infektionsherdes (z. B. entzündeter Blinddarm)
  • Intravenöse Flüssigkeitszufuhr (v. a. Elektrolytlösungen bei zu niedrigem Blutdruck)
  • Gabe von Medikamenten, die den Blutdruck erhöhen können
  • Schnell wirkende entzündungshemmende Medikamente 
  • Künstliche Beatmung zur Unterstützung der Lunge
  • Blutwäsche zur Unterstützung der Nieren
  • Sauerstoffgabe bei Anzeichen von Sauerstoffmangel
  • Weitere Therapiemaßnahmen zur Stabilisierung des oder der Betroffenen

Die medizinische Forschung hat in den vergangenen Jahren erkannt, dass die Sepsis weit mehr ist als eine überschießende Entzündung. Auf Basis dieser Erkenntnisse entstehen derzeit weitere Ansätze zur Therapie der Sepsis, die Organschädigungen noch besser verhindern beziehungsweise reduzieren sollen. Dazu gehört insbesondere das gezielte Anstoßen von Reparaturmechanismen in den infizierten Zellen und Organen.

Vorbeugung der Sepsis: Welche Maßnahmen werden empfohlen?

Natürlich lässt sich nicht jede Infektion verhindern und somit leider auch nicht jeder Fall von Sepsis. Aber mit ein paar einfachen Vorbeugungsmaßnahmen können Sie selbst sehr viel dafür tun, sich und Ihre Familie effektiv vor Infektionen und somit auch vor einer „Blutvergiftung“ zu schützen.

Eine junge Frau wurde gegen Infektionskrankheiten geimpft

Eine Impfung gegen Sepsis gibt es nicht – jedoch können Impfungen vor manchen Infektionskrankheiten schützen und so auch das Risiko einer Sepsis reduzieren.

  • Impfungen gehören zu den wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen, die der Medizin zur Verfügung stehen. Halten Sie Ihren Impfschutz gegen Infektionskrankheiten im Blick. Diese Impfungen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts. 
  • Säubern und desinfizieren Sie Wunden wie ein aufgeschlagenes Knie sorgfältig und gehen Sie bei Symptomen wie Fieber und Entzündungszeichen zum Arzt.
  • Achten Sie auf eine gute Handhygiene.
  • Trinken Sie ausschließlich sauberes Trinkwasser. Achten Sie auf Reisen auf die Trinkwasserqualität vor Ort und greifen Sie gegebenenfalls auf sichere Alternativen zum Leitungswasser zurück.
  • Stärken und unterstützen Sie Ihr Immunsystem nachhaltig: mit gesunder und ausgewogener Ernährung, mit ausreichend Bewegung an der frischen Luft und einer guten Stress-Erholungs-Balance.

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