Junges Paar springt von einem Steg in einen See
Angst

Mutig sein: Was dafür wirklich wichtig ist

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Redaktion:

Susanne Amrhein (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung:

Viktoria Vida (Psychologin, Master of Science)

Mutig sein: Drei Fragen, drei Antworten

Was ist Mut?

Mut gilt als wichtige Tugend in vielen Lebensbereichen und beschreibt das bewusste Handeln trotz eines bestehenden Risikos, um ein sinnvolles Ziel zu erreichen.

Ist Mut gesund?

Mutige Menschen haben vermutlich weniger körperliche Beschwerden. Jeder mutige Schritt verbessert unser Wohlbefinden und kann das Selbstbewusstsein stärken.

Lässt sich Mut trainieren?

Durch Selbstreflexion, kleine Schritte, Unterstützung und regelmäßiges Training können wir mutiger werden und schwierige Situationen leichter bewältigen. 

Der Mut ist ein häufiger Begleiter in unserem Alltag: Wenn wir uns vornehmen, mutiger an eine Sache heranzugehen. Wenn wir jemanden trösten möchten und sagen: „Verliere nicht den Mut.“ Oder auch wenn wir uns in schwierigen Situationen mutlos fühlen. Aber was ist Mut genau? Wovon hängt es ab, ob eine Person mutig ist? Und wie können wir lernen, mutiger zu sein?

Mutig sein, was heißt das eigentlich?

Mut wird seit jeher als eine positive Charaktereigenschaft wahrgenommen. Allerdings hat sich das Verständnis, was Mut bedeutet, im Laufe der Zeit geändert. Zudem bestimmen auch kulturelle Faktoren, welche Verhaltensweisen als mutig angesehen werden.

Zur Zeit der griechischen Gelehrten Platon und Aristoteles war Mut eine Tugend, die Männern zugeschrieben wurde: Sie sollten sich im Kampf und Krieg mutig und „mannhaft“ zeigen. Im Mittelalter führte der Philosoph und Theologe Thomas von Aquin christliche Werte als Antriebskraft für mutige Handlungen an. Und im 18. Jahrhundert war Mut im Sinne von selbstbestimmtem Denken für den Philosophen Immanuel Kant die Voraussetzung für das Zeitalter der Aufklärung.

Und was bedeutet es im 21. Jahrhundert, mutig zu sein? Heutzutage wird häufig die Erklärung des US-Forschers Christopher Rate aus dem Jahr 2010 zitiert: Demnach ist Mut eine absichtliche Handlung, die eine Person trotz eines bestehenden Risikos ausführt, um ein positives, bedeutungsvolles Ziel zu erreichen. Der Duden nennt als Synonyme für Mut unter anderem die Begriffe Tapferkeit, Kühnheit und Beherztheit – aber auch Waghalsigkeit und Draufgängertum. Es gibt also verschiedene Arten von Mut, die nicht unbedingt nur positiv bewertet werden.

Welche Arten von Mut gibt es, wie unterscheiden sie sich? 

Es gibt unterschiedliche Formen von Mut, die zumeist nur in einzelnen Lebensbereichen zum Tragen kommen. Spricht eine Person im Job eine Ungerechtigkeit bei Vorgesetzten an, bedeutet das nicht automatisch, dass sie auch einen Fallschirmsprung wagt. Ein Surfer, der scheinbar furchtlos die größten Wellen bezwingt, kann bei persönlichen Problemen zur Verdrängung neigen.

Ein Mann benutzt eine Gesichtsmaske

Mutig sein – was das in unserer Gesellschaft bedeutet, ändert sich mit der Zeit. Früher dachte man besonders an eine typisch „mannhafte“ oder waghalsige Einstellung. Heute hat Mut viele Gesichter.

Zusammengefasst lässt sich Mut in drei Kategorien einteilen:

Physischer Mut

Die Bereitschaft, körperliche Gefahren oder Verletzungen zu riskieren. Beispiele dafür sind: 

  • Eine Person vor dem Ertrinken oder aus einem brennenden Gebäude zu retten
  • Die eigene Angst vor dem Bungeespringen oder bei anderen Sportarten und Freizeitaktivitäten zu überwinden

Moralischer oder sozialer Mut (Zivilcourage)

Das Eintreten für moralische Werte oder für soziale Gerechtigkeit, auch wenn das Risiko besteht, ausgegrenzt oder abgelehnt zu werden. Damit ist gemeint:

  • Ungerechtigkeiten anzusprechen
  • Schwächere oder unbeliebte Personen zu verteidigen

Psychologischer oder existenzieller Mut

Die Konfrontation mit inneren Ängsten, Unsicherheiten oder Erfahrungen. Beispiele für psychologischen Mut sind: 

  • Sich selbstkritisch mit eigenen Problemen und Schwächen auseinanderzusetzen
  • Chronische oder lebensbedrohliche Erkrankungen zu akzeptieren
  • Sich aus einer ungesunden Beziehung zu lösen
  • Einen beruflichen Neuanfang zu wagen

Vitaler Mut

Die Bewahrung von Lebensmut und Optimismus hängt eng mit dem psychologischen Mut zusammen. Dazu gehört unter anderem: 

  • Trotz eines Unglücks lebensfroh zu bleiben
  • Eine Erkrankung mit Würde anzunehmen

Mut kann sich sowohl aktiv als auch passiv äußern. Dabei ist aktiver Mut meistens sichtbarer als passiver: Eine Person tritt für eine andere ein oder fällt durch andere mutige Taten auf. Im Gegensatz dazu gibt es auch mutige Entscheidungen, die niemand sieht. Dazu gehört das Ausharren in schwierigen Situationen, etwa bei Problemen am Arbeitsplatz, oder der Versuch, eine Beziehung zu retten, die als belastend empfunden wird.

Gut zu wissen: Mut und Angst sind häufig miteinander verbunden, stellen aber keine direkten Gegensätze dar. Mut wird in vielen Fällen als die Fähigkeit definiert, trotz ängstlicher Gefühle zu handeln. Angst dagegen ist ein Warnsignal unseres Körpers und entsteht unbewusst.

Was trägt dazu bei, dass jemand mutig ist?

Einige Menschen scheinen von Kindesbeinen an mutig zu sein, andere wirken eher risikoscheu. Bei der Bewertung, ob wir uns selbst oder andere als mutig empfinden, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.

Unsere persönlichen Erfahrungen bestimmen, wie wir Situationen einschätzen: Für eine geübte Skifahrerin etwa ist es keine mutige Tat, eine steile Piste hinunterzufahren, sondern eine normale Herausforderung. Hat die Person jedoch zuvor bei einer Abfahrt einen Unfall erlitten, könnte dafür einiges an Mut erforderlich sein.

Eine junge Frau beim Bouldern greift nach Chalk

Mut ist individuell, weil jeder andere Ängste und Grenzen hat. Beim Klettern etwa ist es für manche schon mutig, eine kleine Wand zu erklimmen, für andere erst eine steile Felswand.

Auch wenn wir das Verhalten anderer Menschen bewerten, spielt es eine Rolle, ob wir die Beweggründe und die Handlung selbst nachvollziehen können. Ausgeprägte Tierliebhaber halten es eher für eine mutige Tat, eine Katze aus einem brennenden Haus zu retten. Andere Personen dagegen empfinden es als leichtsinnig, das eigene Leben für eine Katze aufs Spiel zu setzen.

Wie wir mit schwierigen Situationen umgehen, beeinflusst ebenfalls unseren Mut. Erfolgreich gemeisterte Krisen stärken unsere Überzeugung, auch zukünftige Herausforderungen bewältigen zu können. Dieser Glaube an die eigene Kompetenz wird in der Psychologie als Selbstwirksamkeit bezeichnet.

Mutig oder übermütig sein, wo liegt die Grenze?

Zwischen Mut und Übermut liegt nur ein schmaler Grat. Für einige Personen ist etwas mutig, für andere leichtsinnig oder gar lebensgefährlich. Die Grenze zwischen Mut und übermäßiger Risikofreude lässt sich nicht immer eindeutig festlegen – auch hier kommt es auf die persönliche Bewertung und die Voraussetzungen an.

Expertinnen und Experten sind sich allerdings einig: Zum Mutigsein gehören auch eine realistische Einschätzung des Risikos, das Bewusstsein, dieses Risiko beherrschen zu können, und ein sinnvolles Ziel. Übermut kann auf Selbstüberschätzung oder Geltungsdrang basieren. Das verhindert, dass Menschen eine drohende Gefahr richtig einschätzen, geschweige denn kontrollieren können.

Hätten Sie es gewusst? Mutproben, die viele Menschen aus der Kindheit kennen, sind häufig kein echter Ausdruck von Mut. Sie sind vielmehr eher Gesten der Unterwerfung – in den meisten Fällen wäre es nämlich mutig gewesen, Nein zur Mutprobe zu sagen und sich damit gegen den Gruppenzwang zu stellen. 

Fördert es die Gesundheit, mutig zu sein?

Mut scheint, neben weiteren Faktoren, einen Einfluss auf psychische und somatische Beschwerden zu haben. Somatische Beschwerden umfassen meist unklare Symptome wie Schwindel, Verdauungsbeschwerden und Schmerzen in verschiedenen Körperteilen, die nicht auf eine organische Ursache zurückzuführen sind.

Eine kleine Einzelstudie gewährt erste Einblicke in den Zusammenhang zwischen Mut und körperlichen Beschwerden. Die Teilnehmenden beantworteten in mehrwöchigen Abständen Fragen zu Symptomen wie Schwindel, Übelkeit und Magenschmerzen und gaben gleichzeitig darüber Auskunft, ob sie in bestimmten Situationen mutig handeln würden. Das Ergebnis war eindeutig: Die mutigeren Testpersonen zeigten weniger körperliche Beschwerden als die zögerlichen Probanden.

Wie kann ich lernen, mutig zu sein?

Ich will mutiger sein – diesen Wunsch verspüren viele Menschen. Die gute Nachricht: Jeder kann lernen, tapfer zu sein und mutiger zu handeln. Die folgenden drei Schritte helfen dabei.

1. Mut strategisch erlernen 

Dafür ist es zunächst wichtig, Klarheit zu schaffen und zu reflektieren: In welchen Situationen wäre ich gerne mutiger? Was hält mich davon ab? Habe ich schon einmal Mut bewiesen? Wer oder was hat mir dabei geholfen? Schon die Erkenntnisse aus den jeweiligen Antworten können die Basis für mutigere Reaktionen bilden. Sich mutige Vorbilder zu suchen und sich an ihrem Vorgehen zu orientieren, hilft ebenfalls, mutiger zu werden.

2. Schritt für Schritt vorgehen

Das Erlernen von Mut erfolgt in kleinen Schritten. Kein Sportler läuft sofort einen Marathon, sondern steigert sich von kürzeren Strecken bis zur vollen Distanz. Jeder bewältigte Schritt ist eine positive Erfahrung, die Sicherheit gibt und das Selbstbewusstsein stärkt.

3. Unterstützung suchen

Ermutigung durch die Partnerin oder den Partner, die Familie oder Freundinnen und Freunde kann Wunder wirken. Sich beim Beschreiten neuer Wege die Unterstützung nahestehender Personen zu sichern, gibt Zutrauen und bestärkt uns in unserem Mut. Auch Coaching, Achtsamkeitstraining und Kurse etwa für Zivilcourage im Alltag oder den Umgang mit Konflikten im Beruf können das Selbstvertrauen untermauern und mutiges Handeln fördern. 

Geht es jedoch nicht nur um etwas mehr Mut, sondern liegen starke Ängste vor, ist eine fachliche Beratung in der hausärztlichen Praxis ratsam.

Die gute Nachricht: Die US-Psychologin Cynthia Pury geht davon aus, dass bereits die Entscheidung, in bestimmten Situationen mutiger zu sein, den Weg bereitet. Wer sich auf das Ziel konzentriert und sich mit möglichen Hindernissen auseinandersetzt, stärkt seine Handlungskraft. Also: nur Mut!

Literatur und weiterführende Informationen

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