Junge Frau schaut auf viele Sandwiches mit Fleisch und Wurst auf einem Tisch
Ernährung

Carnivore-Diät: Vor allem Fleisch essen – kann das gesund sein?

Lesedauer weniger als 8 Min

Redaktion:

Meike Günther (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung:

Katrin Steffens (Diplom Ökotrophologin, Content Fleet GmbH)

Drei Fakten zur fleischlastigen Carnivore-Diät

Carnivore-Diät kurz erklärt

Die Carnivore-Diät ist eine extreme Ernährungsform, die ausschließlich auf tierischen Nahrungsmitteln (Fleisch, Fisch, Eiern) basiert. Pflanzliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse sind ausgeschlossen.

Carnivore-Diät zum Abnehmen

Kurzfristig purzeln durch die extreme Umstellung der Ernährung und des Stoffwechsels die Pfunde. Doch ob diese einseitige Diät langfristig gesund und wirksam ist, ist sehr zweifelhaft.

Risiken der Carnivore-Diät

Ohne Obst, Gemüse und Ballaststoffe drohen Mangelerscheinungen und Verdauungsprobleme. Außerdem ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs erhöht.

In sozialen Medien trendet die Carnivore-Diät: Von TikTok bis Instagram, überall zeigen sogenannte Meatfluencer riesige Fleischportionen und feiern die extreme Ernährungsform als Allheilmittel. Versprochen werden mehr Energie, Gewichtsverlust, eine bessere Haut und sogar die Linderung chronischer Erkrankungen. Aber was steckt wirklich dahinter und wie bewerten Fachleute diese fleischlastige Ernährung?

Was ist die Carnivore-Diät?

Die karnivore Ernährung ist eine radikale Form von Low Carb, also einer kohlenhydratarmen Ernährungsweise. Die Carnivore-Diät zählt zu den extremsten Ernährungsformen überhaupt. Auf dem Speiseplan stehen ausschließlich tierische Lebensmittel: Fleisch, Geflügel, Fisch und Meeresfrüchte, aber auch Eier und Knochenbrühe, bei einigen milderen Formen auch bestimmte Milchprodukte wie Butter. Alles Pflanzliche wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide ist tabu. Das bedeutet: Die Ernährung besteht fast nur aus tierischen Eiweißen und Fetten. Auf Kohlenhydrate, aber auch auf viele Nährstoffe und auf Ballaststoffe aus pflanzlichen Lebensmitteln wird komplett verzichtet. Damit ist die Carnivore-Diät noch strenger als die Low-Carb-Ernährungsformen Keto-Diät und Paleo-Diät.

Hilft die Carnivore-Diät beim Abnehmen?

Fans der karnivoren Ernährung feiern die Fleisch-Diät oft als schnelle Lösung zum Abnehmen. Dabei können tierische Produkte wie Fleisch in unbegrenzten Mengen gegessen werden.

Abnehmen durch Ketose

Tatsächlich kann es bei der Carnivore-Diät zunächst zu schnellen Erfolgen auf der Waage kommen. Der Verzicht auf Kohlenhydrate zwingt den Körper in die sogenannte Ketose – einen Stoffwechselzustand, der kurzfristig tatsächlich zur Gewichtsabnahme führen kann. Wie bei der Keto-Diät, die sehr arm an Kohlenhydraten, aber reich an Fetten ist, nutzt der Körper bei der karnivoren Ernährung Fette aus der Nahrung. Dabei bildet die Leber aus Fett sogenannte Ketonkörper, die als Ersatzbrennstoff für Muskeln und Gehirn dienen. 

Im Gegensatz zur Carnivore-Diät enthält die Keto-Diät jedoch pflanzliche Nahrungsmittel, etwa bestimmte Obst- und Gemüsesorten, pflanzliche Öle, Samen und Nüsse, und liefert damit wichtige Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe. 

Gut zu wissen: Unter anderem deshalb lassen sich Studienergebnisse, die sich auf die ketogene Ernährung beziehen, nicht einfach auf die Carnivore-Diät übertragen – auch wenn das auf Social Media häufig passiert.

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Keine Belege für langfristige Abnehmeffekte 

Doch wie sieht das mit dem Abnehmen auf lange Sicht aus? Eine Online-Umfrage mit über 2.000 Teilnehmenden ergab zwar subjektive Verbesserungen bei Gewicht und Wohlbefinden, allerdings handelte es sich dabei um Selbstauskünfte ohne ärztliche Kontrolle. Die Ergebnisse der Studie sind daher wenig aussagekräftig. Ein langfristiger Effekt ist durch wissenschaftliche Studien nicht belegt. Außerdem droht nach Beendigung einseitiger Diäten wie der Carnivore-Diät der berüchtigte Jo-Jo-Effekt, also die schnelle erneute Gewichtszunahme.

Bringt die Carnivore-Diät ein Plus an Energie im Alltag?

Sogenannte Meatfluencer preisen die Carnivore-Diät auf TikTok und Instagram als einen Energie-Booster. Der ausschließliche Verzehr von Fleisch und Eiern soll die Leistungsfähigkeit, Konzentration und mentale Klarheit stärken. 

Untersuchungen zeigen zwar, dass Keto-Diäten positive Effekte auf die Gehirnfunktion haben können, vor allem bei bestimmten neurologischen Erkrankungen. Doch diese Ergebnisse lassen sich nicht einfach auf die Carnivore-Diät übertragen. Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Studien zur Carnivore-Diät, die solche Effekte bestätigen.

Gut zu wissen: Das Gehirn ist auf Glukose als Hauptenergieträger angewiesen. Die empfohlene Mindestmenge an Kohlenhydraten liegt bei gesunden Menschen bei circa 130 Gramm pro Tag. Das Gehirn kann zwar in Hungerphasen auf Ketonkörper umschalten, doch das ist nur eine Notlösung. Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) betonen: Für eine dauerhaft gesunde Versorgung braucht es Kohlenhydrate aus Vollkorn, Obst und Gemüse .

Auch beim Sport scheint eine Diät, die zu einer Ketose führt, keine positiven Effekte zu haben: Die meisten Studien zeigen eher einen Abfall der Leistungsfähigkeit, sowohl im Ausdauer- als auch im Kraftsport. 

Verbessert die Carnivore-Ernährung die Haut?

Die Haut ist ein sensibles Organ und reagiert stark auf Ernährung. Die Erfahrungsberichte bei einer Carnivore-Diät sind sehr unterschiedlich. Manche Menschen berichten von positiven Effekten, andere von negativen.

Einige von Akne und entzündlichen Hauterkrankungen Betroffene schildern, dass ihre Symptome unter einer kohlenhydratarmen Ernährung wie Carnivore- oder Keto-Diät zurückgingen. Fachleute vermuten, dass der Effekt möglicherweise weniger am Fleisch liegt, sondern am Verzicht auf Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel. 

Während die Haut einiger Menschen vom totalen Verzicht auf Kohlenhydrate zunächst profitiert, kann es bei anderen zu Nebenwirkungen kommen. Der sogenannte Keto-Rash ist ein juckender entzündlicher Ausschlag, der in einer Ketose auftreten kann. Außerdem fehlen dem Darm bei der Carnivore-Diät Ballaststoffe, die der gesundheitsförderlichen Darmflora als Nahrung dienen. Es kann zu einem Ungleichgewicht kommen – mit möglichen Folgen für die Haut.

Höherer Fleischkonsum, weniger Gelenkschmerzen?

Auch auf die Gelenke soll sich die Carnivore-Diät positiv auswirken, der Verzicht auf Zucker und Kohlenhydrate Entzündungen reduzieren. Aber stimmt das?

Auf der einen Seite ist klar: Wer Gewicht verliert, entlastet automatisch seine Gelenke, egal mit welcher Diät der Gewichtsverlust gelingt. Es gibt tatsächlich Hinweise, dass eine Keto-Diät oder Fasten sich bei rheumatischen Erkrankungen positiv auf die Gelenke auswirken könnten. Doch auch hier gilt: Diese Ergebnisse lassen sich nicht einfach auf die Carnivore-Diät übertragen.

 Auf der anderen Seite kann eine strenge Ernährung ohne Obst und Gemüse die Säure-Basen-Balance im Körper verschieben. Diese Übersäuerung steht im Verdacht, den Knochenabbau zu fördern und das Risiko für Nierensteine zu erhöhen.

Welche Risiken entstehen durch hohen Fleisch- und Fettkonsum?

Die Carnivore-Diät setzt auf große Mengen an Fleisch und damit auch an tierischen Fetten, die Risikofaktoren für die Entstehung von verschiedenen Erkrankungen sind. 

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Gesättigte Fettsäuren und Cholesterin aus tierischen Lebensmitteln erhöhen den LDL-Cholesterin-Wert, also den Wert des „schlechten Cholesterins“ im Blut. Damit gelten sie als Risikofaktor für Herzinfarkte und Schlaganfälle.
  • Erhöhtes Krebsrisiko: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft verarbeitete Fleischprodukte als krebserregend und rotes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend ein. Besonders das Risiko für Darmkrebs steigt mit zunehmendem Fleischkonsum. Die DGE empfiehlt deshalb und aus ökologischen Gründen, maximal 300 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu verzehren.
  • Entstehung von Nierensteinen und Gicht: Eine sehr eiweißreiche Kost kann das Risiko für Nierensteine erhöhen. Ebenso steigt meist der Harnsäurespiegel im Blut an, was die Entstehung von Gicht fördern kann.

Welche Folgen hat der Verzicht auf pflanzliche Lebensmittel?

Wer nur Fleisch isst, verzichtet auf wichtige pflanzliche Nährstoffquellen. Die Folgen können gravierend sein: 

  • Defizit an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen: Einige Vitamine wie etwa Vitamin C und E sind vor allem in Obst und Gemüse, Pflanzenölen oder Nüssen enthalten. Sekundäre Pflanzenstoffe, die unter anderem eine entzündungshemmende oder antioxidative Wirkung haben können, stecken ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln. Auch die Versorgung mit Mineralstoffen wie Magnesium und Kalzium kann bei der fleischlastigen Diät zu kurz kommen, zeigte eine wissenschaftliche Analyse.
  • Mangel an Ballaststoffen: Unverdauliche Pflanzenfasern fördern eine gesunde Verdauung, machen lange satt, senken den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel und schützen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie vor Darmkrebs. Ballaststoffe dienen auch als „Futter“ für das Darmmikrobiom. Fehlen sie, verschlechtert sich die Zusammensetzung der Darmflora, was Verdauungsstörungen und die Entstehung chronischer Erkrankungen begünstigt. Laut der DGE senken 30 Gramm pro Tag die Sterblichkeit. In der Carnivore-Diät fehlen Ballaststoffe komplett.

Für welche Menschen birgt die Carnivore-Diät ein besonders hohes Risiko?

Bestimmte Personengruppen sollten auf die fleischbasierte Diät grundsätzlich verzichten:

  • Menschen mit Nierenerkrankungen: Der hohe Gehalt an tierischen Eiweißen führt zu mehr Harnsäure im Blut. Das kann die Nieren belasten und die Entstehung von Nierensteinen begünstigen.
  • Menschen mit Osteoporose oder hohem Risiko für Knochenschwund: Die Übersäuerung durch eine proteinreiche Kost fördert Kalziumverlust aus den Knochen. Auf lange Sicht erhöht sich das Risiko für Osteoporose.
  • Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Der hohe Anteil an gesättigten Fetten kann das LDL-Cholesterin stark erhöhen und lässt das Risiko für Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall steigen.
  • Menschen mit Gicht oder hohem Harnsäurespiegel: Die fleischreiche Ernährung kann den Harnsäurespiegel im Blut erhöhen, das Risiko für Gicht steigt.
  • Menschen mit Diabetes (Typ 1 und Typ 2): Kurzfristig ist zwar eine Blutzuckersenkung möglich. Langfristig besteht aber die Gefahr einer gefährlichen Übersäuerung des Blutes (Ketoazidose) bei Typ-1-Diabetes und ein Risiko für Blutzuckerschwankungen bei Typ-2-Diabetes.
  • Schwangere, Stillende und Kinder: Durch den erhöhten Bedarf an Mikronährstoffen (Folsäure, Ballaststoffe, Vitamine) steigt bei einer Carnivore-Diät das Risiko für Mangelerscheinungen und Entwicklungsstörungen.

Fazit: Ist die Carnivore-Diät empfehlenswert?

Die klare Antwort lautet: nein. Die Carnivore-Diät mag kurzfristig beim Abnehmen helfen und wird in sozialen Medien als schnelle Lösung gefeiert. Doch positive Effekte sind wissenschaftlich nicht belegt, während die Risiken der fleischlastigen Kost klar dokumentiert sind. Fehlende Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe erhöhen das Risiko für Verdauungsprobleme, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs weiter. Zudem kritisieren Fachleute die mangelnde Forschung, extreme Einschränkungen und den Wegfall wichtiger Nährstoffe.

Besser ist es daher, auf eine dauerhaft gesunde Ernährungsweise zu setzen: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und hochwertigen Eiweißquellen fördert Gesundheit und Wohlbefinden nachhaltig. Und wer Gewicht reduzieren möchte, fährt mit einem individuellen Ernährungsplan und einer professionellen Beratung besser als mit der Carnivore-Diät.
 

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