Junger Mann ist sehr besorgt
Psychische Gesundheit

Overthinking: Sieben Tipps gegen die Grübelei

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Janina Jetten (freie Autorin, für Nerdpol – Redaktionsbüro für Medizin- und Wissenschaftsjournalismus)

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (Diplom-Psychologe)

Es ist normal, dass wir viel nachdenken, wenn uns etwas beschäftigt. Wenn wir aber aus dem Gedankenkarussell nicht mehr herauskommen und uns nur noch auf die negativen Dinge konzentrieren, dann spricht man von „Overthinking“. Woran erkennen wir, dass wir zu viel grübeln – und wie können wir das Gedankenkarussell stoppen?

Wir Menschen sind richtig gut darin, uns Gedanken zu machen. Bis zu 6.000 sind es angeblich an einem einzigen Tag. Natürlich haben all diese vielen Gedanken einen großen Einfluss auf unsere Gefühle, unser Wohlbefinden und unser Handeln. Leider sollen gerade einmal drei Prozent unserer Gedanken positiv und bis zu 70 Prozent negativ sein – der Rest besteht eher aus flüchtigen, unwichtigen Dingen.

Keine schöne Vorstellung, zugegebenermaßen, doch gerade unsere Fähigkeit zum kritischen Denken sicherte uns einst das Überleben und macht uns noch heute zu hervorragenden Problemlösern – einer der wesentlichen Vorteile des Menschen gegenüber anderen Lebewesen. Es ist also normal und gehört zum Leben dazu, dass wir eine Tendenz zum Grübeln haben. Jede und jeder von uns hat Phasen, in denen wir zu viel nachdenken, in denen uns etwas bedrückt oder wir einfach mal nur Schwarz sehen. 

Belastend wird es dann, wenn wir quasi ununterbrochen von einer ständigen Flut negativer Gedanken geplagt werden. Dieses Phänomen des obsessiven Überdenkens wird Overthinking genannt. Wer darunter leidet, macht sich Sorgen über alles – die Vergangenheit, die Zukunft, über eventuelle Katastrophen. 

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Overthinker durchleben geführte Gespräche wieder und wieder, um vermeintliche Anzeichen der Ablehnung zu analysieren und überlegen, ob sie nicht etwas Besseres hätten sagen können. Sie hinterfragen jede Entscheidung, die sie getroffen haben oder treffen wollen, weil sie sich ständig unsicher sind, ob es auch wirklich die richtige war oder sein wird. 

Während konstruktive Formen der Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung positiv sind, weil wir daraus etwas über uns selbst lernen, neue Perspektiven einnehmen, zielgerichtet Probleme lösen können, ist bei Overthinking eher ein destruktiver innerer Kritiker am Werk, der uns Angst macht. Zudem vergleichen sich Overthinker besonders intensiv mit anderen oder mit willkürlichen Idealvorstellungen – ob sie stark/dünn/klug/wichtig genug sind.

In einer Beziehung sind Menschen, die an Overthinking leiden, oft unsicher und brauchen ständige Bestätigung. Sie neigen dazu, ihrer Partnerin oder ihrem Partner Dinge oder Situationen auf Anhieb negativ auszulegen.

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Overthinking: Typische Sätze, wenn man zu viel nachdenkt 

Bei Overthinking sind vor allem drei destruktive Denkmuster typisch. 

1. Gedanken über die Vergangenheit

  • Was habe ich nur für einen Unsinn bei dem Treffen/Abendessen/Meeting geredet. Jetzt halten mich bestimmt alle für dumm. 
  • Ich hätte bei meinem letzten Job bleiben sollen. Ich wäre glücklicher als jetzt. 
  • Meine Eltern haben mir nicht beigebracht, selbstbewusst zu sein. Ich bin nur ihretwegen so unsicher. 
  • Meine Partnerin/mein Partner war gestern so komisch. Sicher hat sie oder er bald genug von mir. 

2. Gedanken über die Zukunft und Katastrophenszenarien

  • Ich werde die Präsentation morgen in den Sand setzen. Garantiert vergesse ich, was ich sagen wollte. 
  • Alle anderen werden vor mir befördert. 
  • Ich werde bei der Party bestimmt langweilig rüberkommen und meine Partnerin oder meinen Partner blamieren. Und dann wird er oder sie mich verlassen. 

3. Negativ-Urteile über sich selbst und Vergleiche mit anderen 

  • Sie/er ist so viel attraktiver/klüger/entschlossener. Kein Wunder, dass mich niemand mag.
  • Ich habe schon wieder dieses Zwicken im Bauch. Das ist ganz sicher eine schlimme Krankheit. 
  • Die anderen haben bei Instagram, Facebook, TikTok so viele tolle Beiträge. Mein Leben ist im Vergleich so belanglos.

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Warum ist Overthinking so fatal? 

Overthinking wirkt sich verheerend auf die Stimmung und aufs Handeln aus. Während positive Gedanken unterstützend sind, blockieren und hemmen zu viele negative. Tummeln sich permanent Ängste und Sorgen im Kopf, über das, was war, und vor allem über das, was Schlimmes passieren könnte, werden Entscheidungen sogar regelrecht gelähmt: 

Ein Overthinker denkt so lange über ein Problem nach, bis sich seine Gedanken im Kreis drehen. Er gerät in eine negative Abwärtsspirale und ist kaum in der Lage, sich aus dieser hervorzuholen. So wird er am Ende unfähig, wichtige Entscheidungen zu treffen.

Die destruktive Sicht und überhöhten Erwartungen an sich selbst führen zu Enttäuschungen und schlechten Gefühlen. Am Ende können sogar psychische Probleme wie Angststörungen entstehen. So hat der Psychologe Dr. Tobias Teismann von der Ruhr-Universität Bochum herausgefunden, dass Overthinking eines der ersten Symptome einer Depression sein kann. 

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Tipps, um Overthinking zu stoppen 

Die gute Nachricht: Man kann die Gewohnheit, ständig zu grübeln, ändern. Mithilfe mentaler Techniken ist es möglich, sich negatives Denken abzutrainieren und stattdessen eine positive Grundhaltung mit einer neuen positiven Sicht auf sich selbst und andere zuzulassen. Diese Tipps können dabei helfen: 

Tipp 1: Sich aufs Positive konzentrieren

Dabei hilft eine kleine Übung am Abend. Stellen Sie sich die Frage: Wofür war ich heute dankbar? Versuchen Sie, mindestens drei Dinge zu finden. Das hilft ungemein, sich auf das Gute zu konzentrieren. 

Tipp 2: Realitätscheck vornehmen

Wichtig ist auch, sich immer wieder klarzumachen, dass die eigenen Gedanken zum größten Teil nicht der Realität entsprechen. All die Katastrophenszenarien, die schlimmen Befürchtungen – sind sie überhaupt gerechtfertigt? Schreiben Sie mal auf, was Sie befürchten – und nun streichen Sie weg, was wirklich eher unrealistisch ist. Meist bleibt da nicht viel übrig.

Tipp 3: Aufs Hier und Jetzt konzentrieren

Machen Sie Dinge, die Ihre Aufmerksamkeit in die Gegenwart holen. Ob Meditation, Journaling (also Tagebuchschreiben), Sport, malen, tanzen, stricken, nähen – das sind alles Methoden, die Sie in den Moment bringen und verhindern, dass Sie in Phantasien über die Zukunft abdriften. Halten Sie sich an das, was es jetzt gibt – die Zukunft gehört nicht dazu. Die Vergangenheit auch nicht. 

Tipp 4: Eine Sorgenzeit einrichten

Nehmen Sie sich 15 bis 20 Minuten am Tag, in denen Sie alle Ihre Sorgen aufschreiben. Wenn Sie dann außerhalb dieser Zeit anfangen, zu grübeln, erinnern Sie sich, den Gedanken bis zu Ihrer Sorgenzeit aufzubewahren. So unterdrücken Sie Ihre Gedanken nicht, sondern genehmigen sich nur, bis zur Sorgenzeit einmal nicht an sie zu denken. 

Tipp 5: Geben Sie sich selbst Rat

Das nächste Mal, wenn Sie ein konkretes Problem überdenken, machen Sie es zu dem Problem eines fiktiven Freundes. Was würden Sie Ihrem Freund raten, wenn er Ihr Problem hätte? Meist sind wir zu Außenstehenden fokussierter, freundlicher und sachlicher, als wir es zu uns selbst sind. 

Tipp 6: Entscheidungen reduzieren

Entscheidungen treffen zu müssen, laugt die meisten Overthinker aus. Sie handeln dann unüberlegt – oder gar nicht. Um der sogenannten Decision Fatigue, also der Entscheidungsmüdigkeit, zu entgehen, hilft es, die Anzahl der Entscheidungen zu reduzieren. Ein strukturierter Tag, ein geplantes Mittagessen, ein Farbcode in der Garderobe, sodass die Kleidung zusammenpasst – all das macht den Gedanken-Alltag einfacher. 

Tipp 7: Die 5-Minuten-Zukunft

Wenn Sie mal wieder von negativen Gedanken überwältigt werden, fokussieren Sie sich. Und zwar auf die nächsten fünf Minuten. Konzentrieren Sie sich einzig und allein auf folgende Fragen: „Was kann ich gerade hören? Was kann ich sehen? Was brauche ich jetzt?“. Das katapultiert Sie aus Ihrem überreizten Kopf in die Außenwelt.

Dies sind bei weitem nicht die einzigen Methoden, die Sie einsetzen können, um aus dem Gedankenkarussell auszubrechen. Versicherte der Barmer haben kostenfreien Zugriff auf Kurse und Apps, die dabei helfen, sich zu entspannen und wieder auf das Wesentliche zu fokussieren. Wichtig ist nur, dass Sie die für Sie passenden Übungen regelmäßig in Ihren Tag einbauen – dann schaffen Sie es, ein positiveres Mindset zu bekommen. Und das wird am Ende Ihrer mentalen Gesundheit zu Gute kommen. Dann heißt es: Bye-Bye, Overthinking.

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