- Looksmaxxing: Das steckt dahinter
- Unerreichbare Schönheitsideale: Wann Looksmaxxing gefährlich wird
- Negative Einflüsse auf die Psyche
- Empfehlung riskanter Praktiken
- Zweifelhafte Produktempfehlungen
- Die Versprechen der Looksmaxxer – von fragwürdig bis riskant
- Je mehr Testosteron, desto besser?
- Augenübungen, die die Augenform verändern?
- Optimiert „Mewing“ die „Jawline“?
- Die Körpergröße mit Medikamenten beeinflussen?
- Fazit: Das Aussehen ist nicht alles
Definierte Muskeln, eine markante Kieferpartie („Jawline“), eine spezielle Augenform – das kannst du bekommen, wenn du dich genügend anstrengst. Das ist die Botschaft, die in sozialen Medien verbreitet wird. Selbst ernannte Experten erklären, wie Teenager und junge Erwachsene ihr Äußeres perfektionieren können – die Zielgruppe ist in der Regel männlich. Looksmaxxing nennt sich dieser Trend. Wann die Optimierung des Äußeren zum obsessiven Körperwahn wird und was sich überhaupt verändern lässt.
Looksmaxxing: Das steckt dahinter
Looksmaxxing – oder auch Looksmaxing oder Looksmaxx – bedeutet, aus dem eigenen Aussehen das Bestmögliche herauszuholen. Unter diesem Begriff kursieren in sozialen Medien wie TikTok und Reddit zunächst sinnvoll erscheinende Ratschläge, etwa zum Sonnenschutz, gegen Hautalterung und für angesagte Frisuren.
Doch nur einen Klick oder Wisch weiter wird es fragwürdig: Da geht es darum, wie sich mit hartem Training die Testosteronproduktion ankurbeln lässt oder wie Gesichtsübungen für eine attraktivere Augenform und die perfekte Kinnpartie sorgen sollen. Und was die Willenskraft nicht schafft, übernehmen ästhetische Eingriffe wie Haartransplantationen oder Nahrungsergänzungsmittel wie Kollagenpräparate gegen Falten, deren Wirkung bisher nicht sicher belegt werden konnte.
Vorher-nachher-Aufnahmen zeigen angeblich, wie gut das alles funktioniert. Doch zwischen manchen Bildern liegt eine ganze Pubertät, in der sich der Körper natürlicherweise grundlegend verändert. Und bei anderen Fotovergleichen stimmen die Kamerawinkel und Posen nicht überein.
Trotz dieser Ungereimtheiten folgen manchen Looksmaxxing-Influencern Millionen Fans. Die gefährliche und falsche Botschaft der Optimierungs-Propheten: Du hast dein Aussehen selbst in der Hand und es ist deine eigene Schuld, wenn du nicht attraktiv und populär bist. Werde schöner, besser und selbstbewusster, dann kann dir nichts und niemand widerstehen.
Ihr Newsletter für ein gesünderes Leben
Jetzt unverbindlich anmelden, monatlich Gesundheitsthemen mit wertvollen Tipps erhalten und über exklusive Barmer-Services und -Neuigkeiten informiert werden.
Newsletter abonnieren
Unerreichbare Schönheitsideale: Wann Looksmaxxing gefährlich wird
Genau darum geht es: beliebt und für potentielle Dating-Partnerinnen oder -Partner unwiderstehlich zu sein. Looksmaxxing richtet sich vornehmlich an männliche Teenies und junge Männer. Bei ihnen ist die körperliche Entwicklung häufig noch gar nicht abgeschlossen: Selbst nach dem 20. Lebensjahr können noch Veränderungen stattfinden, die zur Verwandlung vom Jungen zum Mann gehören. Gleichzeitig ist die innere Unsicherheit in dieser Phase oft groß – und damit die Anfälligkeit für die Verlockungen der optischen Optimierung.
Negative Einflüsse auf die Psyche
Soziale Medien beeinflussen zunehmend, wie Jugendliche und junge Erwachsene sich selbst sehen. Studien zeigen: Schauen sich junge Menschen häufig auf Social Media idealisierte Bilder und Videos an, empfinden sie den eigenen Körper eher als unattraktiv und sind unzufriedener mit ihrem Äußeren. Sich unrealistisch schöne Körper zum Vorbild zu nehmen, die online perfekt in Szene gesetzt und oftmals mit Filtern bearbeitet sind, kann zu einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper führen. Dies geht häufiger mit psychischen Erkrankungen einher und kann das Risiko erhöhen, eine Essstörung zu entwickeln. Selbst TikTok scheint sich der Problematik bewusst zu sein und blendet zum Thema Looksmaxxing die kurze Botschaft „Du bist mehr als nur dein Gewicht“ ein, verlinkt zudem Informationen zu Essstörungen und unterstützenden Ratschlägen.
Kostenfreier Online-Kurs: Was tun, wenn die Psyche Erste Hilfe braucht?
Mentale Erste Hilfe leisten - wie geht das? In drei aufeinander aufbauenden Videoeinheiten On Demand lernen Sie, Menschen mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen.
Zum Kurs anmelden
Looksmaxxing-Influencer nutzen die Unsicherheit junger Menschen schamlos aus. Sie versprechen: Du kannst genauso attraktiv und unwiderstehlich werden wie ich. Ihr Interesse ist es, Geld zu verdienen. Sie bieten ohne erkennbare Qualifikation Kurse an, die jungen Männern angeblich vermitteln, wie sie ihr Aussehen und Charisma perfektionieren. Oft geht es auch darum, gezielt Frauen zu betören. Zu fragwürdigen Empfehlungen gesellt sich ein fragwürdiges Männerbild.
Empfehlung riskanter Praktiken
Anleitungen zum Training bestimmter Muskelgruppen sind das eine. Das andere sind unsinnige und sogar gefährliche Maßnahmen, wie sie Looksmaxxing-Influencer häufig empfehlen. Bestes Beispiel ist das „Bone Smashing“: Hier werden mit einem Hammer die Knochen im Gesicht bearbeitet, um durch feine Knochenbrüche (Mikrofrakturen) die Gesichtsstruktur gemäß den gängigen Schönheitsidealen zu verändern. Doch diese rabiate Methode hat viele Risiken. Sie kann zu Schmerzen, Schwellungen, Blutungen und dauerhaften Nervenschäden führen – eine bestimmte Gesichtsform zu erreichen ist aber nicht möglich. In welcher Form die Knochen zusammenwachsen, lässt sich von außen nicht beeinflussen. Im schlimmsten Fall kann es sogar zu unerwünschten Änderungen der Gesichtsform kommen.
Zweifelhafte Produktempfehlungen
Häufig empfehlen die Looksmaxxing-Propheten auch vermeintliche Wundermittel, die beispielsweise den Testosteronspiegel erhöhen und so für ein männlicheres Erscheinungsbild sorgen sollen. Das reicht dann von Kreatinpulver, das tatsächlich keinen Einfluss auf den Testosteronspiegel hat, sich beim Sport aber positiv auf Leistung und Maximalkraft auswirken kann, bis zu anabolen Steroiden (synthetische Versionen des Testosterons). Diese sollten niemals ohne ärztliche Diagnose und Überwachung eingenommen werden, denn sie bergen gesundheitliche Risiken. Dazu zählen unter anderem Depressionen, Herzkreislauf-Komplikationen oder Akne. Zudem: In der Pubertät eingenommen, können anabole Steroide dazu führen, dass das Knochenwachstum verfrüht endet – und damit auch das Längenwachstum.
Die Versprechen der Looksmaxxer – von fragwürdig bis riskant
Groß, breitschultrig, mit markantem Kinn, durchdringendem Blick und einer männlichen Ausstrahlung: welches Schönheitsideal die Looksmaxxing-Influencer propagieren – und was von ihren Ratschlägen zu halten ist.
Je mehr Testosteron, desto besser?
Ein männliches Aussehen und Auftreten heißt im Fall von Looksmaxxing: viel Testosteron. Warum soll es so wichtig sein, dieses Sexualhormon zu erhöhen? Angeblich lässt sich damit ein fliehendes Kinn beheben, ganz ohne Operation. Doch das ist Unsinn. Die Größe und Form unserer Gesichtsknochen ist genetisch festgelegt. Wie ausgeprägt oder markant sich die Gesichtszüge im Erwachsenenalter entwickeln, wird zwar tatsächlich davon mitbestimmt, wie hoch der Testosteronspiegel im Mutterleib, also vor der Geburt war. Doch während der Pubertät und im Erwachsenenalter hat der Testosteronspiegel im Blut keinerlei Einfluss mehr auf die Gesichtsform.
Eine Testosteron-Ersatztherapie, wie sie manche Looksmaxxer lapidar empfehlen, ist nur für die wenigsten jungen Männer sinnvoll und sollte ausschließlich nach einer gesicherten Diagnose eines Testosteronmangels und unter ärztlicher Aufsicht geschehen. Bei jungen Männern ist ein Testosteronmangel meist ein Symptom einer behandlungsbedürftigen Erkrankung, beispielsweise von Diabetes, einer Schilddrüsenerkrankung oder einer Hodenentzündung. Auch starkes Übergewicht und exzessiver Sport können den Testosteronspiegel negativ beeinflussen.
Mit der Barmer Arztsuche eine Praxis in Ihrer Nähe finden
Finden Sie Medizinerinnen und Mediziner nach Fachgebiet und Therapieschwerpunkt sortiert in Ihrer Umgebung und deutschlandweit.
Arztsuche entdecken
Augenübungen, die die Augenform verändern?
Ein weiteres Ideal der Looksmaxxing-Jünger: ein spezieller, durchdringender Blick – die sogenannten „Hunter Eyes“, die Jägeraugen. Sie sitzen tief, das obere Augenlid ist kaum zu sehen, der äußere Augenwinkel ist höher als der innere. Looksmaxxer begründen dieses willkürliche Schönheitsideal mit einer Studie zur Pupillenform im Tierreich: Tiere mit horizontalen Pupillen wie Ziegen würden eher gefressen werden, Tiere mit vertikalen Pupillen wie Hauskatzen und Krokodile zu den Jägern gehören. Mit den Augenformen beim Menschen soll es sich aus unerfindlichen Gründen ähnlich verhalten.
Wie passt es da ins Bild, dass große Raubtiere wie Tiger und Wölfe runde Pupillen haben? Darauf gehen die Looksmaxxer nicht ein. Stattdessen propagieren sie Übungen, die etwa den Musculus orbicularis oculi stärken sollen – das ist der Muskel, der die Augen ringförmig umfasst –, oder die durch eine bestimmte Positionierung der Zunge angeblich den Oberkieferknochen verbreitern.
Ob das wirklich funktioniert, ist mehr als fraglich. Denn die Struktur unseres Gesichts ist in großen Teilen genetisch festgelegt. Und: Es gibt keine wissenschaftlichen Daten dazu, dass diese Technik die Kieferform wie gewünscht beeinflussen könnte.
Das Augenmuskeltraining ist ebenso fragwürdig. Der Musculus orbicularis oculi umfasst das Auge wie ein Ring. Wir brauchen ihn, um unsere Augen zu schließen und zusammenzukneifen. Allerdings ist wissenschaftlich nicht belegt, ob er sich durch Training verändert und stärker wird – und ob sich das überhaupt auf die Augenform auswirkt.
Optimiert „Mewing“ die „Jawline“?
Auch der Unterkiefer, genauer die Kinnlinie, steht im Fokus der Looksmaxxer. Diese „Jawline“ soll möglichst markant sein – und mit als „Mewing“-Methode bezeichneten Zungenübungen und durch das Kauen von festen Nahrungsmitteln oder harten Kaugummis könne man hier nachhelfen, behaupten die Influencer.
Die Wissenschaft hält von den Zungenübungen nichts. Lediglich während die Zunge angespannt wird, kann der Hals straffer und das Kinn markanter erscheinen. Sobald aber die Spannung nachlässt, verblasst dieser Effekt.

Zum Trend „Looksmaxxing“ gehören oft bestimmte Übungen, die für eine besonders markante Kieferpartie sorgen sollen - dabei sind Größe und Form der Gesichtsknochen genetisch bedingt.
Der Kaumuskel dagegen lässt sich tatsächlich trainieren und kann wachsen. Sinnvoll ist das allerdings nicht, denn dadurch können Schmerzen im Unterkiefer entstehen, die manchmal hoch bis in die Schläfen ziehen. Wer im Schlaf mit den Zähnen knirscht, weiß, wie sich das anfühlt.
Die Körpergröße mit Medikamenten beeinflussen?
Ein richtiger Mann ist groß, sagen die Looksmaxxer, und empfehlen, die Wachstumsfugen so lange wie möglich offen zu halten. Wachstumsfugen sind knorpelige Zonen an unseren Arm- und Beinknochen. Bei Kindern und Jugendlichen wachsen die Knochen entlang dieser Zonen in die Länge und bestimmen so maßgeblich die Körpergröße. Gegen Ende der Pubertät verknöchern die Fugen, das Wachstum ist abgeschlossen. Diese Verknöcherung der Wachstumsfugen lässt sich zwar mit Medikamenten herauszögern, das ist allerdings nur in sehr seltenen Fällen und bei diagnostizierten Wachstumsstörungen angebracht.
Kinder und Jugendliche können minimal selbst beeinflussen, wie groß sie werden. Eine ausgewogene Ernährung, genügend Schlaf und regelmäßige Bewegung helfen beim Wachsen. Den Rest bestimmen unsere Gene.
Das Gym für zu Hause: Kostenfreier Zugang zu 1.500 Gymondo-Kursen
Entdecken Sie Workout-Videos, Trainingsprogramme und Entspannungsübungen – exklusiv für Barmer-Versicherte sechs Monate kostenlos.
Gymondo entdecken
Fazit: Das Aussehen ist nicht alles
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, die bestmögliche Version von sich selbst anzustreben. Aber Selbstoptimierung sollte nicht zur Obsession ausarten – vor allem nicht, wenn es um willkürliche Merkmale wie die Augenform geht. Denn wie langweilig wäre es, wenn wir alle gleich aussehen würden?
Außerdem: Schönheitsideale sind nicht Stein gemeißelt, sie unterliegen Veränderungen. Im Alten Ägypten genossen Kleinwüchsige ein besonders hohes Ansehen. Im Mittelalter dagegen sollten Männer schmale Schultern, aber dafür starke Beine und eine breite Stirn haben. Und wer weiß, wie der nächste Trend aussieht?