Eine Frau und ein Mann lehnen sich an einen Baum an.
Einsamkeit

Gibt es mehr einsame Frauen als Männer in Deutschland?

Lesedauer unter 4 Minuten

Redaktion

  • Viktoria Vida (Psychologin, Master of Science)

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (Diplom-Psychologe)

Frauen sind generell nicht häufiger einsam als Männer. Sie pflegen mehr Kontakte und erfahren mehr soziale Unterstützung als Männer. 

Reduzieren sich diese Begegnungen wie in Zeiten der Coronapandemie oder im hohen Alter, leiden Frauen deshalb stärker als Männer unter Einsamkeit – der Diskrepanz zwischen gewünschten und tatsächlichen Beziehungen.

Zudem müssen sich Frauen in der zweiten Lebenshälfte oft anderen Herausforderungen stellen als Männer. 

In bestimmten Lebensphasen fühlen sich Frauen einsamer

Entgegen manchen Erwartungen, dass Frauen sich schneller einsam fühlen als Männer, zeigt die Forschung: Frauen fühlen sich generell nicht häufiger einsam als Männer. Es gibt im mittleren Alter sogar die Tendenz, dass sich Männer öfter einsam fühlen als Frauen.

Im höheren Alter dreht sich der Trend jedoch um: Hier ist die Zahl einsamer Frauen deutlicher höher als unter den Männern. Das ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass Frauen im Alter tendenziell in schwierigeren Lebensumständen leben als Männer.

Auch während der Coronapandemie zeigten sich Geschlechtsunterschiede hinsichtlich des Einsamkeitsempfindens. Woran liegt das?

Einsamkeit im jungen und mittleren Alter

Die Mehrheit der Studien findet keine bedeutsamen Unterschiede in der Häufigkeit des Einsamkeitsempfindens zwischen erwachsenen Frauen und Männern. Kinder, Teenager und junge Erwachsene des männlichen Geschlechts fühlen sich im Durchschnitt etwas einsamer als ihre weiblichen Pendants, dieser Unterschied ist jedoch sehr gering.

Die Ergebnisse der Langzeitstudie Deutscher Alterssurvey (DEAS) mit mehr als 20.000 Teilnehmenden hat gleichermaßen gezeigt: Männer im mittleren Alter zwischen 40 und 60 Jahren fühlen sich tendenziell einsamer als Frauen in dieser Altersspanne.

Jedoch verringert sich der Geschlechterunterschied mit steigendem Alter. Im Verlauf des Rentenalters ist es sogar so, dass für Frauen ein deutlich höheres Risiko besteht, einsam zu sein.

Mehr Einsamkeit bei Frauen während der Coronapandemie

Unter normalen Bedingungen bestehen bei Frauen und Männern kaum Unterschiede in Bezug auf das Risiko, Einsamkeit zu erleben. Während der Pandemie änderte sich das.

Eine deutsche Studie, die Aussagen von über 1.000 Teilnehmenden aus den Jahren 2019 und 2020 miteinander verglich, zeigte: 7,7 Prozent der Frauen fühlten sich während der Pandemie täglich einsam, während nur 3,7 Prozent der Männer Einsamkeitsgefühle in dieser Häufigkeit beklagten.

Eine einsame Frau mit FFP2-Maske steht am Fenster.

Die Coronapandemie und damit einhergehende Kontaktbeschränkungen haben das Einsamkeitsempfinden bei Frauen mehr verstärkt als bei Männern. 

Vor der Pandemie war das Ausmaß unter beiden Geschlechtern fast identisch: 3,5 Prozent der Frauen und 3,7 Prozent bei den Männern fühlten sich im Jahr 2019 täglich einsam.

Was könnte der Grund für diesen unterschiedlich starken Anstieg sein? Generell unterscheiden sich die Geschlechter in der Anzahl der Kontakte, die sie zu Verwandten, Bekannten, Freundinnen und Freunden pflegen.

Hier sind Frauen im Schnitt engagierter als Männer und können dadurch auch auf stärkere soziale Unterstützung zurückgreifen. Der durch die Lockdowns bedingte Wegfall von intensiven und häufigen sozialen Kontakten könnte daher ein Grund für das gesteigerte Einsamkeitsempfinden bei Frauen sein.

Einsamkeit bei Frauen im hohen Alter

Die Ergebnisse der oben genannten Langzeitstudie DEAS zeigen: Ab dem Alter von 65 Jahren steigt das Risiko für Einsamkeit bei Frauen an, bei Männern jedoch bleibt es stabil bis ins hohe Alter.

Mit 90 Jahren haben Frauen sogar ein Risiko von 14 Prozent, einsam zu sein. Bei Männern in diesem Alter beträgt das Einsamkeitsrisiko 9 Prozent. Wie kommt es zu diesem Unterschied?

Dieser entsteht dadurch, dass Frauen im Alter tendenziell in schwierigeren Lebensumständen leben als Männer.

Schwierige Lebensumstände für Frauen

  1. Der Tod des Lebenspartners: Frauen sind häufiger verwitwet als Männer und leben deshalb häufiger allein. Diese Situation muss keine Einsamkeit mit sich bringen, birgt jedoch ein höheres Risiko dafür. 
  2. Pflege des Partners: Frauen übernehmen häufiger eine pflegerische Rolle für ihren Partner als andersherum und sind grundsätzlich mehr mit dem Haushalt beschäftigt. Daher besteht selbst bei Frauen in einer Partnerschaft ein höheres Risiko für Einsamkeit, wenn sie einen Ehe- oder Lebenspartner betreuen oder anderweitig daran gehindert werden, Kontakte zu Familie, Freundinnen und Freunden aufrechtzuerhalten.
  3. Frauen sind häufiger armutsgefährdet als Männer: Personen, denen weniger als 880 Euro netto monatlich zur Verfügung stehen und die somit gemäß Definition in Armut leben, fühlen sich dreimal häufiger aus der Gesellschaft ausgeschlossen als nicht von Armut Betroffene (17,6 versus 4,9 Prozent). Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit für Einsamkeit.

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Fazit: Frauen vor allem im Alter einsam

Frauen und Männer weisen zunächst ein ähnliches Risiko auf, sich einsam zu fühlen. Erst im Verlauf der zweiten Lebenshälfte unterscheiden sie sich darin, Männer im mittleren Alter sind etwas häufiger einsam als Frauen. Diese Tendenz schlägt im höheren Alter ins Gegenteil aus, ab einem Alter von 65 Jahren empfinden sich Frauen häufiger als einsam.

Grundsätzlich gilt: Es ist schwierig, exakte Zahlen über das Ausmaß von Einsamkeit zu erhalten. Jedoch lässt sich aus Studien hochrechnen, dass Millionen Menschen in Deutschland das Gefühl von Einsamkeit kennen und darunter leiden. Doch Betroffene können etwas dagegen tun.

Möglichkeiten, um Einsamkeit zu überwinden 

Insbesondere Frauen im höheren Alter stehen vor der Herausforderung, neue Kontakte zu knüpfen und Unterstützung aktiv zu suchen, um der Einsamkeit zu entgehen. Es gibt Projekte und Initiativen, die sich dem Thema Einsamkeit im Alter annehmen. 

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