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Clusterkopfschmerz: Ursachen, Symptome und Therapie

Lesedauer

unter 8 Minuten

Redaktion

  • Oliver Treubel (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Es fühlt sich oft an, als würde sich ein Nagel ins Auge bohren: Clusterkopfschmerz ist ein intensiver, einseitiger Kopfschmerz, der bis zu achtmal täglich in Attacken von 15 bis 180 Minuten auftritt. Unbehandelt zählt er zu den schwersten Schmerzerkrankungen, doch es gibt wirksame Behandlungsmöglichkeiten. In diesem Überblick erfahren Sie mehr über typische Symptome, die Diagnose und Therapiemöglichkeiten bei Clusterkopfschmerz.

Auf einen Blick 

  • Symptome: Neben dem starken, einseitigen Kopfschmerz hinter dem Auge treten bei Clusterkopfschmerzen Begleitsymptome wie ein tränendes Auge und eine laufende Nase auf. 
  • Verlauf: Befinden sich die Betroffenen in einer aktiven Clusterkopfschmerz-Phase, kommt es täglich zu Schmerzattacken – insbesondere zu festen Zeiten während der Nacht.
  • Ursachen: Woher Clusterkopfschmerzen kommen, konnte die Wissenschaft bisher nicht komplett klären. Als wahrscheinlich gilt aber eine Störung der „inneren Uhr“ im Gehirn.
  • Diagnose: Die Diagnose wird anhand einer neurologischen Untersuchung und eines ausführlichen Gesprächs zur Symptomerfassung gestellt. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) dienen dazu, andere Erkrankungen auszuschließen.
  • Therapie: Zur Behandlung der akuten Schmerzattacken stehen die Sauerstofftherapie und Medikamente zur Verfügung, die auch bei Migräne angewendet werden. Auch für die Vorbeugung von Clusterkopfschmerz gibt es geeignete Medikamente.

ICD-Code für Clusterkopfschmerz: G44.0

ICD-Codes benennen medizinische Diagnosen einheitlich und stehen auf elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU). Diese finden Sie zum Beispiel im Online-Portal oder in der App Ihrer Krankenkasse.

Was ist Clusterkopfschmerz?

Clusterkopfschmerzen sind anfallsartige, extrem starke Kopfschmerzen. Diese Schmerzen sind immer einseitig, also auf eine Kopfhälfte beschränkt. Laut Angaben von Betroffenen fühlen sie sich wie ein Stechen oder Bohren im und direkt hinter dem Auge an, aber auch Schläfen- und Stirnbereich können schmerzen. Zudem treten typische Begleitsymptome an der schmerzenden Kopfseite auf: ein gerötetes, tränendes Auge mit einem geschwollenen, leicht hängenden Augenlid, eine laufende Nase und mitunter auch eine leichte Rötung an Schläfe und Stirn.

Sportlicher junger Mann mit Kopfschmerzen und Gehproblemen in der Stadt.

Viele Menschen mit Clusterkopfschmerzen verspüren während eines Schmerzanfalls das Bedürfnis aufzustehen und umherzugehen.

Die Medizin unterscheidet zwischen periodischem und chronischem Clusterkopfschmerz. Menschen mit periodischem Clusterkopfschmerz erleben Attacken nur während aktiver Phasen, vorwiegend im Frühjahr und Herbst. Bei diesem periodischen Clusterkopfschmerz, der bei etwa drei Viertel der Betroffenen auftritt, schließt sich an die aktive Phase mit Attacken eine schmerzfreie Phase an, die einige Wochen bis sogar Jahre anhalten kann. Beim chronischen Clusterkopfschmerz dagegen gibt es solche inaktiven schmerzfreien Phasen entweder gar nicht oder sie sind kürzer als ein Monat.

Clusterkopfschmerz tritt in Bündeln auf

Der englische Begriff „Cluster“ bedeutet so viel wie Anhäufung oder Bündel. Typischerweise treten die Attacken bei Clusterkopfschmerz nicht zu beliebigen Zeitpunkten auf, sondern konzentrieren sich auf bestimmte Zeiträume, die als aktive Phase bezeichnet werden. In dieser Phase können die Schmerzattacken bis zu achtmal täglich auftreten und jeweils 15 bis 180 Minuten andauern. Die Anfälle folgen häufig einem festen Rhythmus und lassen sich daher individuell gut vorhersagen. Viele Betroffene erleben Attacken insbesondere ein bis zwei Stunden nach dem Einschlafen oder in den frühen Morgenstunden.

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Clusterkopfschmerzen: Welche Symptome sind typisch?

Bei Clusterkopfschmerz setzen die Schmerzen nicht langsam ein, sondern treten plötzlich und unvermittelt auf. Im Gegensatz zu Spannungskopfschmerzen, bei denen sich die Schmerzen oft allmählich entwickeln, erreicht der Schmerz bei Clusterkopfschmerz sofort sein höchstes Niveau und bleibt während der gesamten Attacke intensiv. Der Anfall klingt schließlich ebenso abrupt ab, wie er begonnen hat.

Infografik zeigt Symptome von Clusterkopfschmerzen: gerötetes, tränendes Auge, geschwollenes Augenlid, einseitige Augenschmerzen, vermehrtes Schwitzen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie verstopfte Nase

Den Schmerz einer Clusterkopfschmerz-Attacke beschreiben Betroffene als unerträglich stark. Manche Menschen mit Clusterkopfschmerzen berichten von Schmerzen, die sich anfühlen, als bohre sich ein Nagel durch das Auge. Neben dem Augenbereich können auch die Stirn und die Schläfe betroffen sein.

Zusätzlich zu den heftigen Kopfschmerzen gibt es beim Clusterkopfschmerz weitere kennzeichnende Symptome (siehe auch Infografik oben):

  • Ein gerötetes und tränendes Auge auf der betroffenen Kopfseite
  • Ein geschwollenes und eventuell leicht hängendes Augenlid
  • Eine im Vergleich zum anderen Auge verkleinerte Pupille
  • Eine gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber Geräuschen und Licht
  • Vermehrtes Schwitzen im Gesicht, insbesondere an Stirn und Wangen

Clusterkopfschmerz: Bewegungsdrang statt Bettruhe

Bei Migräne ziehen sich viele Betroffene in einen abgedunkelten Raum zurück und legen sich hin, um den Schmerz zu lindern. Dagegen hilft es bei Clusterkopfschmerzen nicht, sich während einer Attacke hinzulegen. Es verhält sich sogar umgekehrt: Viele Menschen mit Clusterkopfschmerzen verspüren während eines Schmerzanfalls den Drang aufzustehen und sich zu bewegen, weil die Schmerzen dadurch als etwas weniger stark wahrgenommen werden.

Übrigens: Unbehandelt gilt der Clusterkopfschmerz als eine der schwersten Schmerzerkrankungen überhaupt. Deswegen sind eine frühzeitige Diagnose mit richtiger Einordnung der Symptome und eine adäquate Therapie so wichtig.

Clusterkopfschmerzen: Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es?

Die Ursachen des Clusterkopfschmerzes sind noch nicht im Detail geklärt. Jedoch vermutet die Forschung, dass die „innere Uhr“ im menschlichen Gehirn an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Clusterkopfschmerzen entscheidend beteiligt ist. 

Konkreter ausgedrückt, scheinen bei Menschen mit Clusterkopfschmerzen die Nervenzellen des Hypothalamus aus dem Takt geraten zu sein – der Hypothalamus ist unter anderem die Steuerzentrale für den Tag-Nacht-Rhythmus. Für diese These spricht auch der Umstand, dass die Clusterkopfschmerz-Attacken oft zu festen Tages- und Nachtzeiten sowie zu festen Jahreszeiten auftreten.

Ähnlich wie bei Menschen mit Migräne gibt es bei Menschen mit Clusterkopfschmerz bestimmte Risikofaktoren, die innerhalb einer aktiven Phase Schmerzattacken auslösen können oder zumindest wahrscheinlicher machen. Zu diesen sogenannten Clusterkopfschmerz-Triggern gehören Aufenthalte in großen Höhen sowie nitroglyzerinhaltige Medikamente, die bei koronarer Herzkrankheit gegen Brustenge verordnet werden können. 

Mögliche Clusterkopfschmerz-Trigger sind außerdem bestimmte Nahrungsmittel, die im Körper die Freisetzung des Botenstoffs Histamin steigern, zum Beispiel Schokolade und reifer Käse. Als weitere Clusterkopfschmerz-Trigger gelten Alkohol, Helligkeit und Flackerlicht sowie bestimmte Gerüche wie Parfums.

Diagnose: Wie lässt sich ein Clusterkopfschmerz feststellen?

Die Diagnose des Clusterkopfschmerzes erfolgt ganz ähnlich wie bei der Migräne anhand einer neurologischen Untersuchung und eines ausführlichen Arzt-Patienten-Gesprächs (Anamnese). Auch das Geschlecht kann bereits einen Hinweis geben: Männer sind dreimal so häufig von Clusterkopfschmerz betroffen wie Frauen.

Zudem orientieren sich Ärztinnen und Ärzte an den Kriterien der Internationalen Klassifikation von Kopfschmerzerkrankungen. Dort heißt es in Bezug auf den Clusterkopfschmerz, dass neben den schweren, streng einseitigen Schmerzattacken nach dem typischen Anfallsmuster noch mindestens ein Begleitsymptom vorhanden sein muss: beispielsweise ein tränendes Auge, eine laufende Nase, ein geschwollenes Augenlid oder auch eine körperliche Unruhe.

Die Diagnose Clusterkopfschmerzen können Neurologinnen und Neurologen nicht über Laboruntersuchungen des Blutes oder der Nervenflüssigkeit und auch nicht über bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) stellen. Dennoch führen sie insbesondere bei älteren Personen in der Erstdiagnose solche bildgebenden Untersuchungen durch, um andere Erkrankungen wie einen Hirntumor auszuschließen.

Wissenswert: Die Diagnose Clusterkopfschmerz wird oft erst nach Jahren gestellt. Das hat mehrere Gründe: Erstens betrifft Clusterkopfschmerz in einem Jahr nur 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung und ist im Vergleich zur Migräne eine seltenere und weniger bekannte Erkrankung. Zweitens können die Symptome leicht mit denen einer Migräne oder einer Trigeminusneuralgie verwechselt werden. Letztere verursacht durch den Trigeminusnerv plötzliche, stechende Schmerzen auf einer Gesichtshälfte.

Neurologische Fachpraxen und Schmerzkliniken verfügen über die Expertise und Erfahrung, diese Erkrankungen gesichert zu unterscheiden.

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Behandlung und Vorbeugung: Was hilft bei Clusterkopfschmerzen?

Ähnlich wie in der Therapie der Migräne unterscheiden Ärztinnen und Ärzte in der Therapie von Clusterkopfschmerz zwischen der Akuttherapie, also der direkten Therapie der Attacken, und der Prophylaxe, also der bestmöglichen Vorbeugung von Attacken.

Therapie akuter Clusterkopfschmerz-Attacken

Zur Behandlung der akuten Schmerzattacken gibt es verschiedene Ansätze. Diese ärztlich verordneten Therapien zielen auf eine möglichst schnelle Schmerzlinderung ab. Dazu zählen: 

  • Sauerstofftherapie: Hier atmen die Betroffenen während der Clusterkopfschmerz-Attacke für die Dauer von 15 bis 20 Minuten über eine Maske reinen Sauerstoff ein. Diese Therapie hat sich bei 78 Prozent der Patientinnen und Patienten als wirksam erwiesen.
  • Bestimmte Triptane: Die Wirkstoffgruppe der Triptane ist vor allem aus der Therapie von Migräneattacken bekannt. In der Akuttherapie von Clusterkopfschmerz-Attacken werden bestimmte Triptane entweder als Spritze unter die Haut oder als Nasenspray verordnet. Grund: Tabletten würden nicht schnell genug wirken, um eine Attacke bestmöglich zu unterbinden.
  • Lidocain: Das ist ein Mittel, das beispielsweise in der Zahnmedizin zur örtlichen Betäubung verwendet wird. Als Nasenspray verwendet, kann es auch bei Personen mit Clusterkopfschmerz helfen, den Schmerz wirksam zu dämpfen.

Wichtig: Schmerzmittel wie Ibuprofen und Paracetamol, die häufig bei Spannungskopfschmerzen zum Einsatz kommen, sind bei Clusterkopfschmerz völlig ohne Wirkung. Auch Entspannungstechniken und Massagen bewirken bei einer akuten Clusterkopfschmerz-Attacke keine Linderung des Schmerzes. 

Junge Frau sitzt auf dem Sofa und führt Tagebuch

Durch das Festhalten möglicher Auslöser wie Lebensmittel in einem Tagebuch können Betroffene Auslöser ihrer Clusterkopfschmerz-Attacken besser erkennen.

Vorbeugung von Clusterkopfschmerz 

Insbesondere bei häufigen Clusterkopfschmerz-Phasen und bei chronischem Clusterkopfschmerz kann eine gezielte Clusterkopfschmerz-Prophylaxe helfen. Untersuchungen haben gezeigt, dass während der Clusterkopfschmerz-Attacken in der betroffenen Kopfseite Gefäße entzündet sind. Die meisten zur Vorbeugung eingesetzten Wirkstoffe haben daher eine entzündungshemmende Wirkung, darunter auch bestimmte Calciumantagonisten, die sonst unter anderem zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden. Ihre Wirksamkeit in der Vorbeugung von Clusterkopfschmerz beruht wahrscheinlich auf ihren entzündungsmindernden Eigenschaften.

Zur Vorbeugung von Clusterkopfschmerz gibt es aber noch weitere Wirkstoffe. Insbesondere Kortikoide werden aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften unter anderem auch bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt. In der Vorbeugung von Clusterkopfschmerz werden diese schnell wirksamen Substanzen zur Überbrückung angewendet, bis sich die entzündungshemmende Wirkung der Calciumantagonisten entfaltet. Dies kann bis zu zwei Wochen dauern.

Vorbeugung von Clusterkopfschmerz mit gezielter Nervenblockade

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Kortikoiden in der Behandlung und in der Vorbeugung von Clusterkopfschmerz-Attacken ist die sogenannte Occipitalisblockade: Hier injiziert die Ärztin oder der Arzt bestimmte Kortikoide und gegebenenfalls das Betäubungsmittel Lidocain gezielt in den Hinterkopf, um eine Nervenblockade und somit eine Schmerzunterbrechung zu erreichen. Die Schmerzunterbrechung infolge nur einer Behandlung kann mehrere Wochen anhalten.

Auch die Betroffenen selbst können aktiv dazu beitragen, die Häufigkeit von Attacken zu verringern – mit einem Kopfschmerztagebuch. Hier tragen sie ein, was sie vor einer Clusterkopfschmerz-Attacke gegessen, getrunken und unternommen haben. Ziel ist es, die individuellen Auslöser zu erkennen und dann so gut wie möglich zu verbannen.