Eine Frau liegt mit Kopfhörern auf dem Boden und testet die Wirkung von binauralen Beats.
Einsamkeit

Was ist Einsamkeit? Warum allein nicht gleich einsam ist

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (Diplom-Psychologe)

Während Einsamkeit ein Zustand ist, den wir nicht selbst wählen, der uns traurig macht und gesundheitliche Folgen haben kann, ist das Alleinsein nicht per se etwas Negatives. Im Gegenteil: Wenn wir Phasen des Alleinseins bewusst und selbst wählen, kann das positive Effekte haben. Wir können zur Ruhe kommen und Kraft tanken, um den Herausforderungen des Alltags mit neuer Stärke zu begegnen. Erfahren Sie hier mehr zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden des Einsam- und Alleinseins.

Einsam und allein – warum diese beiden Begriffe nicht dasselbe sind

Bei der Einsamkeit nehmen Betroffene nach einer weit verbreiteten Definition eine Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen wahr. Dabei ist es Menschen häufig wichtiger, erfüllende Beziehungen zu führen, als einfach nur mehr davon zu haben.

Menschen können sich sogar einsam fühlen, wenn sie viele Bekannte haben, aber keine dieser Beziehungen sinnstiftend ist. Möglicherweise haben sie beispielsweise beruflich viel Kontakt mit Menschen, aber fühlen sich im privaten Umfeld einsam.

Da Betroffene unfreiwillig einsam sind, ist der Zustand schmerzhaft und unangenehm.

Die Krux: Wenn wir uns einsam fühlen, ist das für Außenstehende nicht immer zu erkennen. Wir müssten uns ihnen erst offenbaren. Es gibt zudem keine objektive Definition, ab wann ein Mensch als einsam gilt. Deshalb ist es schwierig, Einsamkeit zu messen oder zu vergleichen.

Vorsichtigen Schätzungen zufolge leiden in Deutschland etwa fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung häufig unter Einsamkeit. In Coronazeiten hat die empfundene Einsamkeit sogar zugenommen.

Was ist Alleinsein? 

Häufig verwechseln wir im alltäglichen Sprachgebrauch die Einsamkeit mit dem Alleinsein. Das Alleinsein ist im Unterschied zur Einsamkeit kein innerlicher, subjektiver, sondern ein äußerlicher, objektiver Zustand: Durch reine Beobachtung ist erkennbar, ob ein anderer Mensch gerade allein ist oder nicht. Emotional ist Alleinsein als Zustand zunächst neutral – es kann Menschen dabei gut gehen oder nicht gut gehen. Deshalb kann dieser Zustand sowohl gesundheitsförderliche als auch gesundheitsschädliche Formen annehmen:

  • Häufig wählen wir es uns frei aus, allein zu sein, und empfinden dies dann auch als positiv. Alleinsein kann eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung und Selbstreflexion bieten. Bestimmt kennen Sie die „Me-Time“ aus den sozialen Medien, die genau dieses Phänomen beschreibt.
  • Häufiges Alleinsein kann aber ebenso als Mangelzustand wahrgenommen werden und zu Einsamkeit und ihren Konsequenzen führen.

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Was ist soziale Isolation?

Einsamkeit kann nicht mit sozialer Isolation gleichgesetzt werden, auch wenn beide Begriffe etwas ähnliches bezeichnen. Sozial isoliert ist ein Mensch, wenn er einen objektiven Mangel an sozialen Beziehungen und Kontakten hat, also wirklich keine oder nur ganz wenige Personen hat, mit denen er regelmäßig interagiert. 

Das können beispielsweise ältere Menschen sein, deren Beziehungen mit der Zeit weniger werden und die kaum noch Bezugspersonen haben. Eine soziale Isolation kann das Risiko für Gefühle von Einsamkeit stark erhöhen.

Symptome von Einsamkeit

In der Psychologie und Philosophie gelten wir Menschen als soziale Wesen. Wir haben ein Bedürfnis danach, uns anderen Personen anzuschließen und Zeit mit ihnen zu verbringen. Von der Frühzeit bis heute war der Mensch sogar immer schon darauf angewiesen, Teil einer Gemeinschaft zu sein, um zu überleben. Es ist also wenig überraschend, dass langanhaltende Einsamkeit Stress auslösen und problematisch werden kann.

Symptome von Einsamkeit können sowohl körperlich als auch psychisch in Erscheinung treten. Beispiele hierfür sind:

  • Kopfschmerzen und Verspannungen
  • Gefühle von Traurigkeit, Angst oder Wut
  • Schlechter Schlaf

Wichtig ist zu verstehen, dass die Symptome sehr unspezifisch sind und auch andere Ursachen wie beispielsweise eine Depression haben können. Deshalb ist es ratsam, dass Sie sich an eine Ärztin oder einen Arzt wenden, wenn Sie sich länger als 14 Tage körperlich oder seelisch nicht gut fühlen.

Eine einsame Frau leidet unter Verspannungen.

Ein Gefühl von Einsamkeit kann sich körperlich in Verspannungen niederschlagen. 

Folgen von Einsamkeit

Einsamkeit an sich ist keine Krankheit, sie kann aber dazu führen, dass sich einsam fühlende Personen krank werden. Chronisch einsame Menschen haben ein erhöhtes Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise Depression, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Grund: Wenn wir uns einsam fühlen, betätigen wir uns körperlich oft weniger, pflegen häufig einen ungesünderen Lebensstil und schlafen oftmals schlechter – das hat Folgen.

Die Abwärtsspirale der Einsamkeit

Ein Problem an der Einsamkeit ist, dass sie sich selbst verstärken kann. Wenn wir uns einsam fühlen, tendieren wir dazu, soziale Begegnungen zu meiden und auch verzerrt wahrzunehmen. Wir fühlen uns durch Äußerungen oder Handlungen unserer Mitmenschen abgelehnt oder negativ bewertet, auch wenn diese das gar nicht so gemeint haben, und erinnern uns vor allem an diesen Aspekt einer Begegnung.

Wenn wir uns als Reaktion darauf weiter zurückziehen oder uns feindselig verhalten, kann das dazu führen, dass uns unser Umfeld plötzlich tatsächlich negativ wahrnimmt. Die Folge: Das Umfeld wendet sich ab. Dies verstärkt wiederum die Einsamkeitsgefühle, wir fühlen uns hilf- und wertlos.

Was tun gegen Einsamkeit

An der Überwindung von Einsamkeit zu arbeiten, ergibt Sinn, denn sie beeinträchtigt unsere Lebensqualität und kann auf Dauer krankmachen. Lesen Sie im Folgenden, wie Sie dem Gefühl von Einsamkeit selbst entgegenwirken können.

Packen Sie die Ursachen Ihrer Einsamkeit bei den Hörnern

  • Suchen Sie sich Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten. Reaktivieren Sie ein Hobby oder nehmen Sie an einem Kurs teil, um etwas Neues zu lernen. Das bringt Spaß und eröffnet die Möglichkeit, Menschen mit ähnlichen Interessen kennenzulernen.
  • Reservieren Sie sich jeden Tag genug Zeit für den Kontakt mit Familie, Freunden oder Nachbarn. Die sozialen Medien mit ihren unzähligen Möglichkeiten können dabei unterstützen, analoge Kontakte von Mensch zu Mensch aber nicht ersetzen.
  • Eine ehrenamtliche Tätigkeit kann sinnstiftend sein und helfen, sich weniger einsam zu fühlen. Unter ehrenamtssuche.de finden Sie bestimmt etwas Passendes in Ihrer Nähe.

Ein junger Mann überwindet seine Einsamkeit und kümmert sich ehrenamtlich um einen Senioren.

Ehrenamtliche Tätigkeiten, zum Beispiel Zeit mit älteren Menschen verbringen, können das Gefühl von Einsamkeit verringern. 

Professionelle Unterstützung 

Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt über das, was Sie bewegt. Dazu gehören Ihr körperliches und auch Ihr mentales Wohlbefinden.

Manchmal ist es so, dass Betroffene nicht selbst aus der Abwärtsspirale der Einsamkeit herausfinden. Dann kann es sinnvoll sein, professionelle psychologische Unterstützung zum Beispiel im Rahmen einer Verhaltenstherapie in Anspruch zu nehmen.

Lernen, allein zu sein

Einige Menschen sind gern allein, können diese Zeit genießen und neue Energie daraus schöpfen. Auch wenn das bei Ihnen anders ist, können Sie lernen, Situationen, in denen Sie allein sind, für sich zu nutzen.

Alleinsein schafft Zeit, …

  • die sich zur Selbstverwirklichung nutzen lässt: Sie können sich intellektuell und kreativ weiterentwickeln, indem Sie zum Beispiel Kurse belegen oder einem Hobby nachgehen.
  • sich durch Selbstreflexion innerlich zu stärken. Damit ist gemeint, die Wurzeln und Folgen des eigenen Empfindens, Denken, Handelns und Unterlassens zu ergründen. Versuchen Sie zu verstehen, wieso Sie eigentlich so handeln, wie Sie es tun, und was Sie dazu antreibt. Und überlegen und entscheiden Sie, ob Sie künftig anders handeln möchten. Ziel der Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung ist es, sich weiterzuentwickeln.
  • frei von allen Zwängen des täglichen Lebens zu entscheiden, was Sie tun möchten und welche wohltuende Aktivität Ihnen gerade guttun würde. Dies hilft, Stress abzubauen und Wohlbefinden wiederherzustellen. Sie können zum Beispiel einen Spaziergang unternehmen oder sich einen Kinobesuch oder ein ausgiebiges Bad gönnen. Entspannungsverfahren wie autogenes Training und Progressive Muskelentspannung können ebenfalls helfen, dem Stress im Alltag zu entfliehen.

Es liegt also in unserer Macht, das Alleinsein als Chance zu begreifen, es zu gestalten und damit positiv zu beeinflussen, was es mit uns macht.

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