Familie mit einer Schubkarre im Garten.
Nachhaltigkeit

Nachhaltig gärtnern: gut für die Natur und die Gesundheit

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Dirk Weller (BARMER)

Nirgends sind wir der Natur im Alltag so nah wie im eigenen Garten. Und natürlich soll hier alles ökologisch sein. Nachhaltiges Gärtnern schont die Ressourcen, fördert die Artenvielfalt und sogar die eigene Gesundheit.

Wussten Sie, dass die deutschen Gärten etwa 1,9 Prozent der deutschen Landesfläche bedecken? Gut 45 Millionen Bundesbürger beackern ein heimisches Stückchen Grün. Das ist schon was. Leider verwandeln sich die grünen Oasen vielerorts in graue Ödnis: Steinbeete, Schotter-Vorgärten und Gabionen, das sind mit Steinen gefüllte Drahtkörbe als Hecken-Ersatz, gestehen der Natur allenfalls ein paar Büschel dekorative Blätter, Halme oder Stängel zu. Dabei geht es auch anders: ökologisch, bienenfreundlich und nachhaltig. Das Beste daran: Gartenarbeit im echten Grün ist gesund – sie hat positive Effekte auf das körperliche und seelische Wohlbefinden. Hier kommen ein paar Tipps.

Ein natürlicher Garten ist ein Ort der Vielfalt

Mut zu mehr Wildnis

Fein parzelliertes und vollkommen unkrautfreies Rasen-Grün, in Reih‘ und Glied marschierende Tulpen-Formationen, auf Kegel- oder Kubusform gedrillte Hecken – auch das ist Natur. Aber natürlich ist es nicht. Wer seinen Garten umweltfreundlicher und nachhaltiger gestalten und ihm Raum für Arten- und Pflanzenvielfalt zugestehen möchte, sollte zuallererst das eigene Perfektions-Paradigma loslassen. Natur ist von Natur aus wilder. Sie wuchert, sie wandelt sich stetig, neue Pflanzen siedeln sich an, Tiere und Tierchen gesellen sich dazu. Nicht alles, was nicht ins perfekte Bild passt, ist gleich ein Unkraut oder Schädling, dem man mit Gift und Harke zu Leibe rücken muss. Ein natürlicher Garten bietet Insekten, Vögeln, Igeln und Mäusen Unterschlupf. Er ist ein Ort des Gedeihens und der Veränderung.

Natürlich düngen

Künstliche Dünger haben beim ökologischen Gärtnern nichts verloren. Kunstdünger laugen den Boden aus, und es braucht sie auch gar nicht. Die beste Nährstoffzufuhr ist selbst produzierter Kompost aus Garten- und Küchenabfällen. Eine kleine Kompostecke findet sich auch im bescheidenen Schrebergarten. Wer einen Balkon beackert, kann die Anschaffung eines sogenannten Bokashi-Eimers erwägen. Dieser Küchen-Kompostierer produziert auf der Basis von Mikroorganismen binnen zwei Wochen wertvollen Flüssigdünger für die Pflanzen – völlig geruchsfrei. Auch Wurmkisten gibt es für die Wohnung. Die darin lebenden Würmer und Kleinstlebewesen wandeln Biomüll im Schnellverfahren in nährstoffreichen Humus um.

Chemiekalienfrei gegen Unkraut und Schädlinge:

Leider greifen auch Hobby-Gärtner gerne noch in den Giftschrank, um Schnecken, Läuse oder sogenanntes Unkraut auszumerzen. Immerhin knapp 6.000 Tonnen Gift werden jedes Jahr in heimischen Gärten ausgebracht. Was die wenigsten wissen: Über die Nahrungskette gelangt das Gift auch in das Fettgewebe der Vögel und kann zu Störungen des Immun- und Nervensystems führen. Oder es landet, noch schlimmer für uns selbst, über das Gemüsebeet auf unserem Teller. Dabei geht es auch ohne Pestizide: Zur natürlichen, chemiefreien Schädlingsbekämpfung finden sich online zahllose Tipps. Ein paar Basics: Seife hilft gegen Blattläuse, Milch gegen Mehltau, ein Kupferband gegen Schnecken. Grundsätzlich ist mechanische Schädlingsbekämpfung (zum Beispiel durch Absammeln oder Schutz der Pflanzen durch ein feines Netz oder eine kompostierbare Folie) nachhaltiger als die Giftspritze. Unkraut von Hand zu jäten ist auch für die eigene Gesundheit bekömmlicher, als ihm mit Vertilgungsgift an den Kragen zu gehen. So kommt man in Bewegung, bückt und streckt sich. Ein kleines Workout zwischen blühendem Grün – wie wunderbar.

Viele möchten sich mehr bewegen und aktiver werden – mit diesen Tipps für mehr Bewegung im Alltag gelingt es ganz leicht.

Artenvielfalt fördern

Auch auf biologische Weise lassen sich Schädlinge im Zaum halten – indem man Nützlinge fördert. Nistkästen im Garten locken die Insekten-vertilgenden Vögel an, Totholz-, Stein- und Laubhaufen bieten Igeln (die Schnecken zu ihrer Leibspeise zählen) Unterschlupf. Bestimmte Fadenwürmer – online bestellbar – fressen Ameisen oder die Larven des Dickmaulrüsslers, Marienkäfer und Florfliegen vertilgen Blattläuse. Ohrenzwicker fühlen sich in mit Stroh gefüllten, kopfüber aufgehängten Tontöpfen wohl und gehen von dort auf Blattlausjagd. Die Natur bietet eine Fülle von Lösungen. Man muss sie nur lassen und ihr etwas Zeit geben. Rasenmäh-Roboter sind übrigens ein Killer für die Artenvielfalt und ökologisch betrachtet ein Desaster. Neben den Grashalmspitzen vernichten sie auch kleine Amphibien und Insekten. Sie können sogar für Igel tödlich sein. Und da haben wir noch gar nicht über ihren Stromverbrauch gesprochen. Wer dem Naturschutz und der eigenen Gesundheit etwas Gutes tun will, mäht lieber selbst. Das bringt den Kreislauf ebenso in Schwung wie eigenhändiges Laubrechen anstelle der lärmenden Laubsauger.

Gesunde Bodenarbeit

Alles was wir im Garten ziehen, egal ob Rose oder Rettich, basiert auf einem gesunden Boden. In 0,3 Kubikmeter Boden tummeln sich mehr Lebewesen, als Menschen auf der Welt leben. Mit Pestiziden und Kunstdünger machen wir vielen von ihnen den Garaus. Auch tiefes Umgraben der Erde beschädigt die unterirdische Artenvielfalt und die feinen Pilzgeflechte im Boden und trägt darüber hinaus dazu bei, dass im Boden gespeicherter Kohlenstoff freigesetzt wird. Es geht auch anders: bodenschonender und klimafreundlicher. Wer einen Gemüsegarten beackert, weiß, wie wichtig eine vielfältige und wechselnde Fruchtfolge ist. Auf eine starkzehrende Sorte, zum Beispiel Tomaten, die viele Nährstoffe aus dem Boden holt, sollte eine eher schwachzehrende folgen, etwa Radieschen oder Erbsen. Eine abwechslungsreiche Fruchtfolge vermeidet auch, dass der Boden auslaugt und hält die Schädlingsanfälligkeit kleiner. Statt die Erde in Beeten knöcheltief umzugraben, sollte sie nur oberflächlich aufgelockert werden. Eine Mulchschicht aus Kompost, Stroh, Rasenschnitt oder Laubhäckseln regt das Bodenleben an und vermeidet, dass die Nährstoffe ausgeschwemmt werden.

Nachhaltig gärtnern heißt auch: Wasser sparen

In einem heißen Sommer versickern im Garten tausende Liter Wasser durch Gießen und Rasensprengen. Das geht nicht nur ins Geld, es zwackt auch wertvolles Wasser ab, das vor dem Hintergrund des Klimawandels immer kostbarer wird. Wie sich sparen lässt? Beim Rasen hilft es, das Gras nicht zu kurz zu schneiden und nur in den Morgen- oder Abendstunden den Rasensprenger anzuwerfen – so verdunstet weniger. Eine Regentonne oder, in größeren Gärten, eine Zisterne sammeln Regenwasser, das sonst ungenutzt davonfließen würde. Für Rhododendren und Moorbeetpflanzen ist dieses Wasser dank seines niedrigeren pH-Werts ohnehin die bessere Alternative. Mulchschichten auf Beeten lassen Wasser weniger leicht verdunsten. Auch bei dem Standort von Pflanzen sollte man deren Wasserverbrauch bedenken. Durstige Hortensien zum Beispiel nicht an Sonnenplätze pflanzen, Kübelpflanzen lieber in glasierte statt unglasierte Tontöpfe, weil erstere nicht so viel Wasser verdunsten lassen. Beim Gießen gilt: Immer am Wurzelbereich wässern und lieber kräftig und seltener als häufig und wenig.

Auch im Badezimmer können wir viel Wasser sparen: So können Sie nachhaltiger duschen.

Plastik vermeiden

Gartenbesitzer kennen das: Nach einem Pflanzengroßeinkauf bleibt ein gewaltiger Stapel an Plastiktöpfen übrig, der später auf dem Müll landet. Leider ist die Gartenbaubranche nicht gerade ein Meister im Plastik vermeiden. Blumentröge, Gartenmöbel, Erd- und Mulchsäcke und Pflanzentöpfe sind bevorzugt aus Kunststoff. Gerade die Blumentöpfe aus schwarzem Plastik lassen sich nur schwer bis gar nicht recyceln. Wer Kunststoff-Müll vermeiden will, sollte Pflanzen nur in Gärtnereien kaufen, die Plastiktöpfe auch zurücknehmen. Kleinere Gärtnereien bieten oft sogar an, dass man die Pflanzen ohne Topf kauft (dann müssen sie zuhause schnell eingepflanzt werden) oder eigene Töpfe mitbringt. Auch Humus und Rindenmulch bieten viele Gärtnereien unverpackt. Im Zweifel sind dies nicht die Gartencenter, sondern lokale Gärtnereien. Anstelle von Unkrautflies aus Plastik kann man Jutesäcke oder Pappe nehmen und statt einer Polyester-Gartenbank lieber eine aus einem heimischen Holz.

Der bienenfreundliche Garten

Wie wichtig Bienen, vor allem die Wildbienen, für Mensch und Natur sind, stellt wohl niemand mehr in Frage. Viele Wildbienen-Arten sind bereits verschwunden, andere gefährdet. Gerade ein naturnaher Garten hat das Potenzial, ihnen Lebensraum zu bieten. Zum einen durch nektarreiche Blühpflanzen, je vielfältiger desto besser. Im Handel gibt es dafür eigene Samenmischungen mit heimischen Arten. Wer den Rasen an manchen Stellen höher wachsen und den Wildblumen so die Chance zur Blüte lässt, schenkt auch den Bienen Nahrung. Mindestens ebenso wichtig wie das Nektarangebot sind geeignete Nisthilfen und Unterschlupfe für die Wild- und Erdbienen. Bündel aus hohlen Pflanzenstängeln, mit Löchern versehene, abgestorbene Hartholz-Äste, mit Lehm gefüllte Kisten, in deren Füllung kleine Löcher gebohrt sind – im Netz finden sich reichlich Anleitungen für solche Insektenhotels für Bienen, aber auch Käfer und anderes Kleingetier, das die Artenvielfalt im Garten bereichert.

Nachhaltig gärtnern ist auch gesundheitsförderlich

Der Garten – und das gilt für den naturnahen, ökologischen Garten besonders – ist ein wahrer Gesundbrunnen. Beim Jäten, Schneiden, Mähen und Ackern an der frischen Luft kommen alle Muskelgruppen an Armen und Beinen, Rücken und Bauch zum Einsatz. Davon profitieren Kraft und Beweglichkeit ebenso wie Kreislauf und Knochen. Gartenarbeit, das haben Studien belegt, senkt die Herzfrequenz und nivelliert sogar die Gehirnströme. Sie lässt den Cholesterinlevel absinken und fördert die Konzentrationsfähigkeit. Und auch für unser psychisches Wohlbefinden ist die Beschäftigung mit Pflanzen ein Segen. Schon nach einer halben Stunde Buddeln im Garten sinken erhöhte Kortisolwerte – die ein Hinweis auf Stress sind – um 22 Prozent.

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Denn: Wir bewegen etwas mit unseren eigenen Händen, richten den Fokus auf das Jetzt und sind dem existentiellen Rhythmus aus Werden und Vergehen ganz nahe. Die Gedanken kommen zur Ruhe, sämtliche Sinne sind aktiviert, ein Flowgefühl kann entstehen. Dass Natur die Seele besänftigt, ist sogar wissenschaftlich erwiesen. „Aus Studien weiß man, dass eine natürliche Umwelt positive Emotionen stärker ansteigen lässt als eine bebaute Umwelt“, erklärt die Umweltpsychologin Nicole Bauer, die an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) eine Studie zur Erholungswirkung von Gärten geleitet hat. Sie fand heraus, dass es sogar einen Zusammenhang zwischen Erholungseffekt und Pflanzenvielfalt gibt. „Je vielfältiger die Vegetation, umso besser erholen wir uns.“ Also nichts wie raus und nachhaltig losgärtnern!


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