Lexikon Krankheiten A-Z

Lyme-Borreliose: Ursachen, Beschwerden, Behandlung

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • almeda GmbH

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Marion Paskuda (Praktische Ärztin)

Die Lyme-Borreliose ist eine durch Zecken übertragene Infektionskrankheit. Unbehandelt können dauerhafte Gelenk- oder Nervenschäden auftreten. Die meisten Zeckenstiche bleiben jedoch folgenlos. 

Was ist eine Lyme-Borreliose?

Die Lyme-Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die verschiedenste Organsysteme in Mitleidenschaft ziehen kann. Schätzungen zur jährlichen Neuerkrankungsrate in Europa rangieren von 16 bis 140 Patienten pro 100.000 Einwohner. Vorrangig betroffen sind die Haut, Gelenke und das Nervensystem. Auslöser sind verschiedene Unterarten des Bakteriums Borrelia burgdorferi. Die schraubenförmigen Borrelien gehören zur gleichen Familie wie die Erreger der Syphilis. Und wie bei der Syphilis existieren auch bei der Borreliose verschiedene Krankheitsstadien, was die Diagnose erschweren kann.

Übertragen wird Borrelia burgdorferi über Stiche damit infizierter Schildzecken, zu denen der auch bei uns weit verbreitete "Gemeine Holzbock“ (Ixodes ricinus) gehört. Die Lyme-Borreliose wurde erstmals in der Umgebung der nordamerikanischen Stadt Lyme, Connecticut, beschrieben und ist in Europa die häufigste durch Zecken übertragene Infektionskrankheit. Andere blutsaugende Parasiten wie Stechmücken, Bremsen oder Läuse übertragen die Borreliose nicht.

Welche Ursachen hat eine Lyme-Borreliose?

Eine Lyme-Borreliose setzt den Stich einer infizierten Zecke voraus, bei der Borrelien aus dem Verdauungstrakt des Parasits in den Organismus der Menschen gelangen. Doch keine Panik! Nicht jede Zecke, von der man gestochen wird, ist infiziert und nicht jede infizierte Zecke führt beim Menschen zu einer Infektion. Umgekehrt kann aber auch ein unbemerkter Zeckenstich in eine Borreliose münden.

Risikogebiete für eine Lyme-Borreliose

Im Gegensatz zu mit dem FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis)-Virus infizierten Zecken sind Borrelien tragende Zecken deutschlandweit flächendeckend verbreitet. Das heißt, mit einer Lyme-Borreliose muss besonders zwischen April und November überall dort gerechnet werden, wo es Zecken gibt: Also im Wald, auf Wiesen oder auch in Parks und Gärten, sofern dort Büsche oder hohes Gras als "Hinterhalt" zur Verfügung stehen.

Es gibt Hinweise darauf, dass Zecken möglicherweise gehäuft durch Katzen in die Wohnung mitgebracht werden und beim Streicheln auf den Menschen übergehen. In einer Studie wiesen Katzenhalter eine überdurchschnittliche Borreliendurchseuchung auf.

Da die Zecken die Borrelien nicht beim Menschen, sondern primär bei Kleinsäugern wie Mäusen aufnehmen, hängt der Durchseuchungsgrad der Zecken ab vom Durchseuchungsgrad ihrer primären Blutopfer aus dem Tierreich. Diese Durchseuchung ist regional unterschiedlich hoch und kann sich von Jahr zu Jahr erheblich ändern. Laut Experten sind etwa fünf bis 35 von 100 Zecken mit Borrelien infiziert.

Risiko steigt mit Länge des Saugakts

Doch selbst wenn eine festgesaugte Zecke Borrelienträger ist, kommt es nicht zwangsläufig zu einer Infektion. Denn zum einen verfügt das Immunsystem des Menschen über Abwehrstrategien, die den Borrelien einen erfolgreichen Übertritt in den Organismus verwehren können. Zum anderen werden die Erreger besonders zum Ende des bis zu mehrere Tage dauernden Saugaktes in großer Zahl in das Opfer gepumpt. Je früher die Zecke entdeckt und entfernt wird, desto geringer ist das Borreliose-Risiko. Untersuchungen zufolge führt nur etwa jeder 20. Zeckenstich zum Auftreten Borrelienspezifischer Antikörper im Blut (Serokon-version) – das Zeichen für eine stattgefundene Infektion.

Nur nach etwa jedem 100. Zeckenstich bricht die Lyme-Borreliose tatsächlich aus (manifeste Erkrankung). In der Mehrzahl der Fälle verläuft die Infektion also symptomlos. Es kommt nur zur Antikörper-Bildung und damit zu einer Immunität. Diese "stille Feiung" bietet einen gewissen Schutz vor künftigen Ansteckungen. Das heißt, das Risiko, durch einen Zeckenstich tatsächlich eine manifeste Lyme-Borreliose zu entwickeln, ist relativ gering und niemand sollte aus Angst davor auf den Aufenthalt in der Natur verzichten.

Lässt sich das Risiko für eine Lyme-Borreliose verringern?

Das ohnehin geringe Risiko, an einer Lyme-Borreliose zu erkranken, lässt sich durch ein paar einfache Verhaltensmaßnahmen weiter minimieren. Wer sich von Frühling bis Herbst in Zeckengebieten aufhält, erschwert durch lange Beinkleider, die man am besten noch in die Strümpfe steckt, den Angriff der kleinen Blutsauger. Auf die Haut oder die Kleidung aufgebrachte Insektenabwehrmittel, sogenannte Repellents, sind eine zusätzliche Barriere. Helle Kleidung erleichtert das Auffinden und rechtzeitige Abstreifen der kleinen Krabbler. Am Ende eines Wald- und Wiesenaufenthaltes ist es ratsam, den gesamten Körper nach Zecken aller Entwicklungsstadien abzusuchen.

Bereits festgesaugte Exemplare entfernt man – je nach Größe -schnellstmöglich und ohne ihren Hinterleib zu quetschen mit einer spitzen Pinzette, Zeckenzange, Zeckenschlinge oder Zeckenkarte. Alte Hausmittel wie Öl auf die festsitzende Zecke zu träufeln sollte man unterlassen, da das erstickende Tier vermehrt Borrelien freisetzen könnte.

Anders als gegen FSME gibt es gegen die Lyme-Borreliose bislang keine Impfung. Auch wird es von den meisten Experten als wenig sinnvoll erachtet, entfernte Zecken auf einen Borrelienbefall testen zu lassen und bei positivem Befund bereits vor Auftreten etwaiger Krankheitszeichen eine vorsorgliche Antibiotikatherapie einzuleiten. Angesichts der vergleichsweise geringen Infektionsraten würde ein fraglicher Nutzen mit durchaus relevanten Nebenwirkungen (beispielsweise Resistenzbildung) einer Antibiotikatherapie erkauft.

Welche Beschwerden können bei einer Lyme-Borreliose auftreten?

Abgesehen von der Wanderröte, dem Erythema migrans, stellen sich die Symptome der Lyme-Borreliose individuell oft sehr unterschiedlich dar. Auch sind die Symptome wenig spezifisch, das heißt sie ähneln denen zahlreicher anderer Erkrankungen. Dies erklärt, warum eine Lyme-Borreliose einerseits oft verkannt und andererseits Symptome anderer Ursache ungerechtfertigt einer Borrelien-Infektion zugeschrieben werden.

Der idealtypisch dreiphasige Verlauf ist nicht zwingend. Viele Patienten entwickeln nach Abklingen der Akutphase keine weiteren Beschwerden mehr, bei anderen schreitet die Erkrankung nach einer oft mehrjährigen symptomfreien Phase fort und bei wieder anderen wird die Borreliose erst durch Spätsymptome auffällig.

Lokale Akutphase

Hat eine Infektion stattgefunden, entwickelt sich bei einem Teil der Betroffenen wenige Tage bis Wochen nach dem Stich um die Stichstelle herum eine sich rund ausbreitende Rötung, die im weiteren Verlauf von der Mitte heraus wieder blasser wird. Eine solche Wanderröte (Erythema migrans) spiegelt die Ausbreitung der Borrelien in der Haut wieder und ist ein untrügliches Zeichen für eine frische Infektion. Umgekehrt schließt eine fehlende Wanderröte eine Infektion aber eben nicht aus.

Weitaus seltenere durch Borrelien verursachte Hauterscheinungen, die auch früh besonders bei Stichen am Ohr oder im Bereich der Brust-warzen auftreten, sind kleine harte Schwellungen, so genannte Lymphozytome. Weitere mögliche Frühsymptome sind grippeähnliche Allgemeinbeschwerden, wie Kopf-, Glieder und Halsschmerzen sowie leichtes Fieber.

Frühes Ausbreitungsstadium

Gelingt es den Borrelien, sich im Organismus auszubreiten, kann es mehrere Wochen bis Monate nach dem infizierenden Stich zu unterschiedlichen Organbeteiligungen kommen. Als Hautbefall können sich in diesem Stadium multiple Wanderröte-Flecken an unterschiedlichen Körperstellen zeigen. Ist das Nervensystem betroffen, sind starke Nervenschmerzen, Lähmungen insbesondere auch von Gesichtsnerven, Sensibilitätsstörungen oder Zeichen einer Hirnhautentzündung mögliche Symptome.

Typisch sind auch wiederkehrende Muskelschmerzen, Gelenkentzündungen und wiederkehrende Gelenkschmerzen, die von Gelenk zu Gelenk springen. Die eher seltene borreliosebedingte Herzmuskelentzündung äußert sich vorrangig durch Herzrhythmusstörungen.

Spätes Stadium

Unbehandelt droht die Infektion nach vielen Monaten bis Jahren in das späte Stadium überzugehen. Chronische Entzündungen von Gehirn und Rückenmark können ein Krankheitsbild ähnlich dem einer Multiplen Sklerose hervorrufen. Die Symptome fortschreitender Gelenkentzündungen ähneln denen einer schweren chronischen Polyarthritis ("Rheuma"). Manche Patienten klagen auch über Schleimbeutel- oder Sehnenscheidenentzündungen sowie ständige Müdigkeit. Eine typische Hauterscheinung des späten Stadiums ist eine pergamentartige Veränderung der Haut, die besonders an Hand- und Fußrücken sowie der Streckseite der Gliedmaßen auftritt (Acrodermatitis chronica atrophicans).

Welche Untersuchungen gibt es?

Berichtet ein Patient über einen frischen Zeckenstich und tritt im weiteren Verlauf eine Wanderröte auf, gilt eine frühe Lyme-Borreliose als bewiesen. Da Zeckenstiche nicht selten übersehen werden, ist auch die Wanderröte allein ein ausreichendes Zeichen, um eine behandlungspflichtige Borreliose zu diagnostizieren.

In der Labormedizin steht ein Antikörpertest im Blut oder in der Rückenmarksflüssigkeit an erster Stelle. Allerdings fällt das Ergebnis im Frühstadium der Erkrankung in rund der Hälfte der Fälle falsch negativ aus.

Die Diagnose ist deshalb häufig eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose, in die der klinische Befund, Ausschluss anderer in Frage kommender Diagnosen und das Ergebnis von meistens zwei verschiedenen Antikörperbestimmungen einfließen. Die Verdachtsdiagnose wird dann letztendlich häufig erst durch den Erfolg der eingeleiteten Therapie bestätigt. Die als Acrodermatitis chronica atrophicans bezeichnete pergamentartige Hautverdünnung des späten Stadiums bestätigt ebenfalls die Diagnose. Generell gilt: Der Nachweis von Borrelien-Antikörpern spricht nur dann für eine Lyme-Borreliose, wenn der Patient auch entsprechende Symptome aufweist.

Welche Behandlungsmöglichkeiten der Lyme-Borreliose gibt es?

Eine Borrelien-Infektion wird ausschließlich und sehr wirksam mit Antibiotika behandelt. Je früher eine solche Therapie erfolgt, umso geringer ist der Aufwand und umso sicherer ist der Erfolg. Je nach Infektionsdauer werden geeignete Antibiotika zwei bis vier Wochen lang verordnet. Eine längerfristige oder öfter wiederholte Antibiotika-Therapie ist nachweislich nicht sinnvoll.

Während im frühen Stadium eine Behandlung mit Tabletten meist ausreichend ist, wird in späteren Stadien eine Infusionstherapie empfohlen. Idealerweise beginnt die Antibiotikatherapie, sobald sich nach einem Zeckenstich beziehungsweise dem Verdacht auf einen Zeckenstich die typische Wanderröte zeigt.

Welche Folgeerkrankungen können auftreten?

Eine Jahre bis Jahrzehnte lang bestehende unbehandelte Infektion kann zu nicht mehr rückgängig zu machenden Schäden an Gelenken, Nervenstrukturen oder auch am Herz führen. Trotz erfolgreicher Antibiotikatherapie und Vernichtung des Keims können deshalb manche Beschwerden fortbestehen. Umso wichtiger ist es, möglichst frühzeitig zu behandeln. 

Literatur

Weiterführende Informationen

  • Birgit & Heinz Mehlhorn: Zecken auf dem Vormarsch: Vorbeugung und Maßnahmen gegen Krankheitserreger; Düsseldorf University Press, 2009.
  • Eva Dimmendaal: Borreliose: Das Selbsthilfe-Programm; Gräfe und Unzer, 2011, 128 Seiten.
  • Borreliose und FSME Bund Deutschland e.V. (BFBD), Bundesverband der Patientenorganisationen:  www.borreliose-bund.de

Zertifizierung

Auf unsere Informationen können Sie sich verlassen. Sie sind hochwertig und zertifiziert. Dafür haben wir Brief und Siegel.