Eine Gruppe von E-Sportlern feiert nach einem gewonnenen Spiel.
E-Sport und Gaming

Ist E-Sport echter Leistungssport oder nicht?

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Michaela Hövermann

Qualitätssicherung

  • Tobias Guth (Barmer)

E-Sport ist in Deutschland vollständig etabliert. Als „echter“ Sport jedoch wird E-Sport nicht anerkannt offiziell. Welche Kriterien gelten für die Anerkennung? Was spricht für E-Sport als Sport? Und was braucht es, um vom leidenschaftlichen Gamer zum Profi zu werden? All diese Fragen werden hier beleuchtet.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist der Dachverband des organisierten Sports in Deutschland. Er ist für sämtliche Sportverbände und damit auch für die Sportvereine zuständig. In seinen Verantwortungsbereich fällt faktisch die Entscheidung, was als Sport gilt und was nicht. Eine rechtsverbindliche Definition des Begriffs „Sport“ gibt es allerdings nicht.

Der eSportbund Deutschland (ESBD) bemüht sich seit Jahren um die Mitgliedschaft beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).

Der allerdings verweigert den digitalen Athletinnen und Athleten die Aufnahme. 2019 gab der DOSB ein Rechtsgutachten in Auftrag, das die Gemeinnützigkeit des E-Sports prüfen sollte. Erstellt hat das rund 120 Seiten umfassende Papier der Düsseldorfer Jurist und Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof a. D. Peter Fischer. Sein Fazit:

„[…] für das Spielen an der Konsole [ist] ein gesundheitssteigernder Effekt, der ‚das Wesen‘ des realen Sports ausmacht und vom Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Sportförderung unter dem Gesichtspunkt der Mehrung des Allgemeinwohls vorausgesetzt wird, bislang in keiner Weise nachgewiesen […].“

Vereinfacht gesagt: E-Sport in Gänze gilt demnach nicht als Sport. Nur virtuelle Sportsimulationen seien anschlussfähig an den organisierten Sport, nicht aber Shooter, Multiplayer-Strategiespiele oder andere Genres.

Unabhängig von dieser Einordnung erkennt die Barmer die sportliche Leistung, die E-Sportlerinnen und E-Sportler erbringen, an und sieht diese als vordergründig.

Vor- und Nachteile einer Aufnahme des eSport-Bundes Deutschland in den Deutschen Olympischen Sportbund

Die offizielle Anerkennung als Sport wäre mit folgenden Vorteilen verbunden:

  • Zugang zur öffentlichen Sportförderung
  • Steuervergünstigungen bei der Anerkennung als gemeinnütziger Verein
  • höhere gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz des E-Sports
  • Erleichterung der Einreise für internationale digitale Athletinnen und Athleten zu Wettkämpfen und Turnieren sowie
  • stärkere Professionalisierung des E-Sports

Zu den zu beachtenden Rahmenbedingungen zählen zudem, dass Verbandsstrukturen und eine Sportgerichtsbarkeit für den E-Sport geschaffen werden müsste.

E-Sport-Definition: Was versteht man darunter?

Informationen zum E-Sport gibt der eSport-Bund Deutschland (ESBD). Er definiert E-Sport als „Wettkampf zwischen menschlichen Spieler/innen unter Nutzung von geeigneten Video- und Computerspielen an verschiedenen Geräten und auf digitalen Plattformen unter festgelegten Regeln“.

E-Sportlerinnen und E-Sportler treten in Echtzeit einzeln oder in E-Sport-Teams gegeneinander an. Dabei stehen körperliche, geistige und soziale Fertigkeiten auf dem Prüfstand.

  • Körperliche Fähigkeiten: Hier kommt es überwiegend auf die hohe Präzision bei der koordinierten Bedienung des oder der Eingabegeräte – Controller, Maus, Tastatur – in hoher Frequenz an.
  • Geistige Fähigkeiten: Auf geistiger Ebene sind taktisches Denken und exaktes Timing unter hohem Entscheidungsdruck gefragt.
  • Soziale Fähigkeiten: Zusätzlich brauchen E-Sportlerinnen und E-Sportler hervorragende kommunikative Fähigkeiten. Denn auch ein zielgenaues Teamwork entscheidet über Sieg und Niederlage.

Es geht also beim E-Sport sowohl um die körperliche als auch um die gedanklich-soziale Beherrschung des Spielgeschehens.

Unterschied zwischen Gaming, Competitive Gaming und E-Sport

Im Alltag gebrauchen viele Menschen diese drei Begriffe synonym. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede:

  • Gaming bezeichnet den freizeitmäßigen Gebrauch von Videospielen. Dieser kann mit und ohne Mehrspielerfunktion stattfinden.
  • Competitive Gaming fällt ebenfalls in den Bereich der Freizeitgestaltung. Im Vordergrund steht der spaß- und erholungsorientierte Mehrspielerwettbewerb.
  • E-Sport ist ein sportlicher, leistungs- und wettkampforientierter Gebrauch von Videospielen. Er lässt sich als Individualsport oder in Teams austragen.

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Welche E-Sport-Disziplinen gibt es?

Der ESBD bezeichnet die E-Sport-Spiele als „Disziplinen“. Dabei gibt es – abhängig von der Ausrichtung der Videospiele – erhebliche Unterschiede in den Spielmechaniken.

Zu den Disziplinen im E-Sport gehören:

  • Strategiespiele
  • Taktik-Shooter
  • Sportspiele

Nach Schätzungen des eSport-Bundes Deutschland (ESBD) betreiben in Deutschland rund drei Millionen Menschen E-Sport. Damit liegt die Zahl der digitalen Sportlerinnen und Sportler höher als bei manchen klassischen Sportarten: Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV), der Deutsche Basketball Bund (DBB) und der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) zählen beispielsweise zusammen nur rund 0,64 Millionen Mitglieder im Breitensport- und Profibereich.

Ist E-Sport eine Sportart, ja oder nein?

E-Sport wird aktuell in mehr als 60 Ländern von den etablierten Sportverbänden als Sportart anerkannt – so zum Beispiel in Südkorea, in den USA, in Brasilien und China. In Europa ist es beispielsweise in Schweden, den Niederlanden, Bulgarien, Großbritannien, Frankreich und Dänemark der Fall. In Deutschland hat der DOSB hat diese Frage vorerst mit nein beantwortet. Grundsätzlich hat der Verband bestimmte Voraussetzungen für eine Anerkennung als Sportart festgelegt.

Dazu gehören drei Kriterien:

  • „Die Ausübung der Sportart muss eine eigene, sportartbestimmte motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt.“
  • „Die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten muss Selbstzweck der Betätigung sein.“
  • „Die Sportart muss die Einhaltung ethischer Werte wie zum Beispiel Fairplay, Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch Regeln und/oder ein System von Wettkampf- und Klasseneinteilungen gewährleisten.“

Diese drei Punkte kann der E-Sport durchaus erfüllen.

Zu den eigenmotorischen (körperlichen) Aktivitäten, die die Sportart bestimmen, gehören Ausdauer, Geschicklichkeit, die Augen-Hand-Koordination und Schnelligkeit: Professionelle Gamer schaffen bis zu 400 Mausklicks – in einer Minute. Es handelt sich nicht um ein reines Denkspiel, es geht ebenso um Körperbeherrschung und Bewegung.

Die Einhaltung ethischer Werte wie Fairplay und Chancengleichheit sowie eine Einteilung in Wettkampf- und Leistungsklassen sind beim E-Sport ebenfalls gegeben. Kritikerinnen und Kritiker bemängeln, dass es in den Games teilweise um gewaltverherrlichende Inhalte gehe. Allerdings könnten ähnliche Einwände auch bei Sportarten wie Boxen, Fechten und Sportschießen erhoben werden.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Diskussion um eine Anerkennung von E-Sport als offizielle Sportart auch in Deutschland anhalten.

E-Sport bei Fußballvereinen

Weltweit stehen E-Sportlerinnen und E-Sportler bei Profi-Fußballvereinen wie Manchester City, Galatasaray Istanbul oder dem FC Schalke 04 unter Vertrag. In Deutschland müssen Fußballvereine aus der ersten und zweiten Bundesliga nach Vorgabe der Deutsche Fußball Liga (DFL) ab der Saison 2023/24 eigene E-Sport-Teams für die Virtual Bundesliga (VBL) aufstellen. Bisher war die Teilnahme für die Vereine nicht verpflichtend. Gespielt wird um den Titel „Deutscher Club-Meister im eFootball“, den sich 2022 RB Leipzig im Endspiel gegen den FC St. Pauli Hamburg sicherte. Die VBL ist in die Spieleserie „FIFA“ integriert.

E-Sport: Positive und negative Aspekte

Im E-Sport messen sich Menschen individuell oder in Teams in Echtzeitstrategiespielen, Ego-Shootern und Sportsimulationen am Bildschirm. Wie bei jeder anderen der sportlichen Betätigung gibt es gewisse Vor- und Nachteile.

Die positiven Aspekte des E-Sports

  • Diskriminierungsfreiheit: Jeder Mensch kann in den E-Sport einsteigen – vorausgesetzt, die nötige Ausrüstung ist vorhanden. Gespielt wird international. Geschlecht, Alter, Hautfarbe, Herkunftsland, Muttersprache – all das spielt beim E-Sport keine Rolle. Das gilt ebenso für viele körperliche Einschränkungen.
  • Gemeinschaftsgefühl: Der Digitalsport führt die unterschiedlichsten Menschen zusammen. Gamerinnen und Gamer empfinden sich oft als Teil einer großen, wertschätzenden und offenen Gemeinschaft. Erfolge bei den jeweiligen Videospielen führen zu Anerkennung und Akzeptanz. Das wiederum wirkt Einsamkeit, sozialer Isolation und Depressionen entgegen.
  • Stärkung sozialer Kompetenzen: E-Sport stärkt unterschiedliche soziale Kompetenzen. Dazu zählen Entscheidungsfähigkeit unter Stress, aber auch kommunikative und soziale Skills, denn E-Sport findet häufig in Teams statt.
  • Verbesserung geistiger Fähigkeiten: Videospiele stärken die Konzentrationsfähigkeit. Menschen mit Aufmerksamkeitsstörungen lernen, sich zu fokussieren und auf ein konkretes Ziel hinzuarbeiten.
  • Körperliche Fitness und mentale Belastbarkeit: Wer es in die Profiligen schaffen möchte, muss nicht nur trainieren, sondern ebenso auf seine Gesundheit achten. Körperliche Fitness, mentale Stärke und gesunde Ernährung sind wesentliche Eckpfeiler, um digitale Höchstleistungen vollbringen zu können.

Die negativen Aspekte des E-Sports

  • Körperliche Belastung: Zu den größten Nachteilen gehört das lange Sitzen. Mögliche Folgen sind Nacken- und Rückenschmerzen sowie Haltungsschäden und Verschleißerscheinungen. Durch eine ergonomische Ausstattung für das professionelle Gaming lässt sich die körperliche Belastung zwar senken. Sportliche Bewegung ist als Ausgleich zum E-Sport trotzdem unverzichtbar, um schädliche Langzeitfolgen zu verhindern. Viele E-Sportlerinnen und E-Sportler kämpfen mit Überlastungen der Hand, einem „Mausarm“ oder müden Augen. Auch Sportverletzungen sind möglich.
  • Stress: In einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln geben 47 Prozent der befragten E-Sportlerinnen und E-Sportler an, unter moderatem Stress zu leiden. Nach eigener Aussage stehen zwei Prozent der Befragten sogar unter hohem Stress.
  • Onlinespielsucht: Exzessives Gaming kann – wie auch exzessiv betriebener klassischer Leistungssport – zur Sucht werden. Gerade Kinder und Jugendliche, die von einer Karriere im E-Sport träumen, könnten die Kontrolle über ihr Spielverhalten verlieren und in eine Abhängigkeit abdriften. Seit 2018 ist die Onlinespielsucht offiziell als Krankheit anerkannt.

Durch Bewegung und klassischen Sport lassen sich die Nachteile ausgleichen. Körperliches Training ist ein gutes Mittel, um nach anstrengenden Gaming-Einheiten Stress abzubauen und innere Anspannung zu lösen. Durchdachte Trainingspläne und bewusst eingeplante Zeiten für Ruhe und Entspannung sorgen dafür, dass sich aus dem E-Sport keine Computerspielsucht entwickelt.

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Was braucht es, um E-Sportlerin oder E-Sportler zu werden?

Viele junge Gamer träumen davon, ihr Hobby zum Beruf zu machen und mit Videospielen und dem Sponsoring Geld zu verdienen. Allerdings steckt hinter dem Aufstieg in eine Profiliga harte Arbeit, denn die Konkurrenz ist groß.

Auch der Beruf selbst ist anstrengend und anspruchsvoll:

  • Professionelle E-Sportlerinnen und E-Sportler trainieren häufig über zehn Stunden täglich.
  • Teilweise leben sie in Trainingscamps oder Wohngemeinschaften zusammen, um sich ausschließlich auf den E-Sport zu konzentrieren. Das bedeutet wenig Privatsphäre und wenig Freiraum, denn es gilt, strenge Trainingspläne einzuhalten.
  • Reisebereitschaft ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für eine Karriere im E-Sport. Anders ist die Teilnahme an Turnieren oft nicht möglich.
  • Auch die Selbstpräsentation im Internet und in der Öffentlichkeit ist ein entscheidender Faktor. Schließlich geht es beim E-Sport auch darum, Fans und Sponsoren zu begeistern. Dazu gehören gepflegte Social-Media-Profile, aber auch Interviews mit Medienschaffenden.
  • Nicht alle E-Sportlerinnen und E-Sportler können vom professionellen Gaming leben. Dazu kommt, dass Reaktionsfähigkeit und Schnelligkeit mit dem Alter nachlassen. Die Profikarriere ist möglicherweise also bereits nach wenigen Jahren wieder vorbei.

Wer im E-Sport Fuß fassen möchte, braucht Disziplin, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Eine Ausbildung zur E-Sportlerin oder zum E-Sportler gibt es nicht. Ähnlich wie sich professionelle Fußballerinnen und Fußballer auf eine einzige Sportart konzentrieren, liegt der Fokus der digitalen Athletinnen und Athleten auf einem bestimmten Game.

Es gilt, dieses in all seinen Facetten zu beherrschen. Dazu gehören Spielelemente, Bewegungsabläufe und Steuerbefehle. Außerdem gilt es, die Reaktions- und Handlungsschnelligkeit sowie Zielgenauigkeit durch regelmäßiges Training zu steigern. Durch die Analyse der Leistung anderer Spielerinnen und Spieler, Fehleranalysen und detaillierte Teambesprechungen – vielleicht unter Supervision eines Coaches oder einer Coachin – kann es gelingen, die persönlichen Taktiken und Strategien zu verfeinern.

Eine Möglichkeit, auf sein Talent für E-Sport aufmerksam zu machen, sind Ranglisten-Matches: Dabei treten digitale Sportlerinnen und Sportler gegeneinander an und bemühen sich um einen möglichst hohen Platz in der Rangliste. Dort sehen sich Talentscouts nach geeigneten Nachwuchstalenten um. Das könnte der Anfang vom Weg in die Profiliga sein.

Fazit: Darum ist E-Sport echter Leistungssport

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln haben sich mit den Leistungen von E-Sportlerinnen und E-Sportlern beschäftigt:

  • Professionelle digitale Athletinnen und Athleten bringen es auf bis zu 400 Bewegungen pro Minute an Tastatur und Maus.
  • Ihr Cortisolspiegel erreicht ungefähr das Level von professionellen Rennfahrern und Rennfahrerinnen.
  • Die außergewöhnliche Belastung während des E-Sports spiegelt sich in der Herzfrequenz wider: Der Puls erreicht Werte von bis zu 180 Schlägen pro Minute. Das ist vergleichbar mit dem Belastungsniveau von Rennfahrerinnen und Rennfahrern oder Marathonläuferinnen und Marathonläufern.

Literatur und weiterführende Informationen

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