Eine junge Frau schaut gestresst auf ihr Handy
Psychische Gesundheit

Nomophobie: die Angst ohne Handy

Lesedauer unter 4 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Viktoria Vida (Psychologin, Master of Science)

Akku leer, Smartphone vergessen, kein Netz: Im Zeitalter der digitalen Vernetzung verfallen in diesen Situationen viele in Panik. Übersteigt diese das normale Maß, spricht man von Nomophobie – der Angst, ohne Handy zu sein. Was man dagegen tun kann. 

Definition: Was versteht man unter Nomophobie?

Wer kennt das nicht? Man hat das Handy verlegt und wird nervös. Plötzlich hat man keinen Zugang mehr zu Informationen, zu Nachrichten, zum Internet. Vielleicht verpasst man eine E-Mail, ist für Familie und Freunde nicht erreichbar. Vielleicht blinkt gerade jetzt eine Eilmeldung auf. Wird diese Nervosität extrem, entwickelt sich eine stark übertriebene Angst oder versucht man, entsprechende Situationen zu meiden, können dies Anzeichen für eine aufkommende Nomophobie sein. 

Der Begriff stammt aus dem Englischen und ist die Abkürzung für No-Mobile-Phone-Phobia, was so viel bedeutet wie: Angst davor, ohne Handy zu sein. Dabei ist Nomophobie kein anerkanntes Störungsbild, sondern das Schlagwort für ein weit verbreitetes Phänomen des digitalen Zeitalters. 

Menschen, die an Nomophobie leiden, haben unter anderem Angst davor ... 

  • nicht mehr erreichbar zu sein und nicht mit Freunden oder der Familie kommunizieren zu können. 
  • nicht mehr ins Internet zu kommen. 
  • keinen Zugang mehr zu Informationen zu haben. 
  • auf den Komfort des Smartphones verzichten zu müssen. 

Nomophobie ist auch eng verbunden mit der Furcht, etwas zu verpassen (Fear of Missing Out oder FOMO). Betroffene meiden deshalb häufig Umgebungen, in denen ihr Smartphone nicht zugänglich ist.

Symptome: Wie äußert sich eine Nomophobie?

Für viele gehört das Handy zum Alltag wie die Kleidung am Körper. Ohne fühlen sie sich nackt. Das kann dazu führen, dass manche bei der Suche nach ihrem Smartphone fast panisch Sofaritzen, Kleidungsstapel oder Taschen durchforsten. Sie schwitzen, ihr Herz rast. Dauert die Suche an, reagieren sie schnell gereizt. 

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Mögliche Symptome einer Nomophobie: 

  • Angstzustände
  • Veränderung der Atmung
  • Zittern
  • Schweißausbrüche
  • innere Unruhe
  • Verwirrung
  • Tachykardie (Herzrasen)

Wann tritt eine Nomophobie auf? 

Nomophobie tritt vor allem bei exzessiver Smartphone-Nutzung auf, wenn man sein Handy also sehr häufig verwendet. Wie viele Stunden dabei allerdings als „normal“ beziehungsweise unbedenklich gelten, ist schwer zu sagen. Klar ist aber: Schaltet man sein Smartphone für jede Kleinigkeit an, um auf die Uhr zu schauen oder das Wetter zu checken, wird es schnell unverzichtbar. 

Wieviele Menschen leiden unter Nomophobie?

Wie groß der Anteil derer ist, die von Nomophobie betroffenen sind, lässt sich nicht genau bestimmen. Die Forschungsergebnisse schwanken stark, weil das Phänomen nicht einheitlich erfasst wurde. In Studien wiesen zwischen 40 und 73 Prozent der Befragten ein mittleres Maß an Nomophobie auf, 6 bis 27 Prozent litten unter einer schweren Nomophobie. 

Für manche Menschen scheint das Smartphone zur Lebensader geworden zu sein. Ein Alltag ohne ist kaum mehr vorstellbar. Es wird diskutiert, ob Frauen häufiger und stärker von Nomophobie betroffen sind als Männer, weil sie ein stärkeres Bedürfnis nach sozialen Beziehungen haben, die oft per Smartphone aufrechterhalten werden. Allerdings zeigen Studien keinen klaren Zusammenhang mit dem Geschlecht. 

Vor allen Personen, die schnell unsicher und nervös werden, sind anfälliger für eine Nomophobie. Macht man den eigenen Wert vom Verhalten anderer abhängig, kann es Angst machen, nicht mehr mit anderen kommunizieren oder die Kommentare unter einem kürzlich veröffentlichten Post lesen zu können. So entwickeln beispielsweise Menschen mit Panikstörungen oder Angststörungen eher eine Nomophobie als Personen ohne psychische Erkrankung. 

Junge Frau nutzt gleichzeitig Laptop und Mobiltelefon

Wer zu Unsicherheit und Nervosität neigt, kann eher eine Nomophobie entwickeln.

Welche Folgen kann Nomophobie haben? 

Ein Smartphone bietet viele Vorteile. Man kann schnell und direkt kommunizieren und so mühelos in Kontakt mit Menschen bleiben, die mehrere hundert Kilometer entfernt leben. Durch die ständige Erreichbarkeit baut sich aber auch ein sozialer Druck auf. Verliert man sein Handy oder geht es kaputt, kann man sich ausgegrenzt fühlen oder Angst haben, etwas zu verpassen. 

Das kann zu einer Abhängigkeit führen und dazu verleiten, das Handy in Situationen zu nutzen, in denen dies verboten ist, etwa beim Autofahren. Eine Studie zeigt: Je schwerer eine Nomophobie ausgeprägt ist, desto eher greifen Betroffene am Steuer zum Smartphone. 

Forschende fanden außerdem Zusammenhänge von Nomophobie mit Handysucht, Depression oder Einsamkeit. Dabei ist es schwer zu sagen, wie stark psychische Störungen wie eine Depression mit Nomophobie zusammenhängen und wie sie sich gegenseitig bedingen. Am besten ist es deshalb, einer Nomophobie zuvorzukommen. 

Was kann man gegen Nomophobie tun?

Bisher ist Nomophobie weder in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) noch im Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen (DSM) gelistet. Sie ist also nicht offiziell als Angststörung anerkannt. Zudem gibt es noch wenig Behandlungsmöglichkeiten, weil es sich um ein recht neues Phänomen handelt. Expertinnen und Experten empfehlen deshalb vorbeugend, in erster Linie den Handykonsum zu reduzieren. 

Fünf Expertentipps, um die Smartphone-Nutzung zu reduzieren

  1. Einschränken des Handykonsums auf weniger als zwei Stunden pro Tag 
  2. Push-Benachrichtigungen abstellen 
  3. Feste Zeiten bestimmen, in denen das Smartphone bewusst nicht genutzt wird 
  4. Alternativen für das Smartphone suchen, beispielsweise eine Armbanduhr
  5. Trigger identifizieren, bei denen man zum Smartphone greift. Oft wird es aus reiner Langeweile verwendet. Alternative Beschäftigungen, wie das Lösen eines Sudoku-Rätsels, können zudem ablenken. 

Bei Menschen, die an Nomophobie leiden, können eine kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeitstrainings oder eine emotionsorientierte Therapie dazu beitragen, die Symptome zu verringern. Betroffene sollten sich für die Behandlung einer Nomophobie professionelle Unterstützung suchen.

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