Eine Frau und ein Mann sitzen sich am Tisch gegenüber
Pflege

Pflegezeit für Angehörige

Lesedauer unter 4 Minuten

Redaktion

  • Barmer

Qualitätssicherung

  • Nina Henkels (Barmer Pflegekasse)

Was bedeuten Pflegezeit und Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz?

Im Rahmen der Pflegezeit können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich für die Pflege von nahen Angehörigen bis für zu sechs Monate teilweise oder auch vollständig von ihrer Tätigkeit freistellen lassen. Voraussetzung für die Freistellung zur Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz (§ 3 PflegeZG) ist, dass der oder die Angehörige mindestens Pflegegrad 1 hat und zu Hause versorgt wird. Die bestehende Pflegebedürftigkeit muss durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes (MD) nachgewiesen werden.

Die Pflegezeit kann für pflegebedürftige Kinder und Jugendliche auch dann in Anspruch genommen werden, wenn diese teilweise oder vollständig außerhäuslich untergebracht sind (z.B. während des Aufenthaltes in einer Spezialklinik).

  • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
  • Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft
  • Geschwister, Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner
  • Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder der Ehe- oder Lebenspartnerinnen und -partner, Schwiegerkinder, Enkelkinder

Begleitung naher Angehöriger in der letzten Lebensphase

Für die Begleitung Angehöriger am Lebensende kann eine Freistellung für bis zu drei Monate in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch dann, wenn der oder die Angehörige nicht zu Hause sondern in einem Hospiz versorgt wird.

Wie oft kann Pflegezeit in Anspruch genommen werden?

Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann die Pflegezeit einmalig je pflegebedürftiger Person nutzen. Im Rahmen des Pflegezeitgesetzes können somit mehrere Beschäftigte gleichzeitig oder nacheinander für die Pflege einer angehörigen Person freigestellt werden.

Wer kann die Pflegezeit nutzen?

Grundsätzlich können folgende Personengruppen Pflegezeit in Anspruch nehmen:

  • Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
  • zur Berufsbildung Beschäftigte
  • Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind – also auch in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte

Die Regelungen gelten nicht für Beamtinnen und Beamte sowie Selbstständige.

Ein Rechtsanspruch auf unbezahlte Pflegezeit besteht für Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitenden. Auch in kleineren Unternehmen kann eine Freistellung auf Grundlage des Pflegezeitgesetzes beantragt werden. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen innerhalb von vier Wochen reagieren. Im Falle einer Ablehnung muss diese begründet werden.

Wer die Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss dies dem Arbeitgeber mindestens 10 Arbeitstage vorher schriftlich mitteilen. Die Ankündigung sollte die Dauer und den Umfang der gewünschten Freistellung erklären und bei Wunsch auf teilweise Freistellung erläutern, wie die verbleibende Arbeitszeit aufgeteilt werden soll.

Kostenlose Pflegeberatung von Pflegeexpertinnen und -Experten

Pflegethemen können herausfordernd sein. Als Barmer-Mitglied nutzen sie die kompetente Pflegeberatung zu allen Pflegethemen kostenfrei.

Barmer Pflegeberatung

So können Sie Pflegezeit beantragen

Die Pflegezeit muss mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Dazu muss diesem spätestens 10 Tage vor dem Beginn die Dauer und der Umfang sowie bei einer teilweisen Freistellung die gewünschte Aufteilung der verbleibenden Arbeitszeit schriftlich angekündigt werden. Die Pflegebedürftigkeit der oder des Angehörigen muss anhand eines Bescheids der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes belegt werden.

Erhält man während der Pflegezeit eine Entgeltfortzahlung?

Während der Pflegezeit besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, es sei denn, der Tarifvertrag des Arbeitgebers sieht entsprechende Leistungen vor.

Um den entstehenden Lohnausfall abzufedern haben Beschäftigte, die die Pflegezeit in Anspruch nehmen, Anspruch auf ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). Dieses richtet sich in seiner Höhe nach der Höhe des Lohnausfalls und wird monatlich ausgezahlt.

Weitere Informationen und nützliche Formulare finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung: Freistellung bei akuter Pflegesituation

Im Rahmen der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung können Sie sich als pflegende Angehörige einmal im Kalenderjahr für einen Zeitraum von bis zu 10 Arbeitstagen von der Arbeit freistellen lassen. Für diesen Zeitraum können Sie bei der Pflegekasse Ihrer/Ihres Angehörigen das Pflegeunterstützungsgeld beantragen.

Sozialversicherung: Wie ist die Pflegeperson während der Pflegezeit versichert?

Ist durch die vollständige Freistellung der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz nicht mehr gegeben, kann die Pflegeperson häufig im Rahmen der Familienversicherung abgesichert werden. Sofern dies nicht möglich ist, muss eine freiwillige Weiterversicherung erfolgen. In diesen Fällen leistet die Pflegekasse der oder des Pflegebedürftigen einen Beitragszuschuss in Höhe des Mindestbeitrages zur Kranken- und Pflegeversicherung. Darüber hinaus leistet die Pflegekasse abhängig vom Umfang der Pflegetätigkeit und Pflegegrad der oder des Angehörigen Beiträge zur Arbeitslosen- sowie Rentenversicherung.

Was ist der Unterschied zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit?

Art und Länge der Freistellung:

  • Die Pflegezeit ermöglicht eine teilweise oder vollständige Freistellung von Ihrer Tätigkeit für bis zu sechs Monate. 
  • Bei der Familienpflegezeit können Sie Ihre wöchentliche Arbeitszeit für einen Zeitraum von maximal 24 Monaten auf bis zu 15 Stunden reduzieren.

Bedingungen des Rechtsanspruchs:

  • Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht für Beschäftigte in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitenden.
  • Ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht für Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Fristen zur Anmeldung beim Arbeitgeber

  • Wer die Pflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss dies dem Arbeitgeber mindestens 10 Arbeitstage vorher schriftlich mitteilen.
  • Wer die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen möchte, muss dies seinem Arbeitgeber gegenüber mindestens acht Wochen vorher schriftlich ankündigen.

Kündigungsschutz im Rahmen der Pflegezeit

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die kurzzeitige Arbeitsverhinderung oder eine Freistellung im Rahmen der Pflegezeit bzw. der Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, besteht Kündigungsschutz. Von der Ankündigung – höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Freistellungstermin – bis zum Ende der Freistellung sind Kündigungen nur in Ausnahmefällen zulässig.

Literatur

  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Herausgeber): Bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Neue gesetzliche Regelungen seit dem 1.1.2015. Berlin, 2014.
  • PflegeZG – Gesetz über die Pflegezeit
  • FPfZG – Gesetz über die Familienpflegezeit
  • § 44a SGBXI

Weiterführende Informationen

  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Zertifizierung

Auf unsere Informationen können Sie sich verlassen. Sie sind hochwertig und zertifiziert.