Ein junger Mann vaporisiert Cannabis
Cannabis

Cannabis: Wirkungen und Nebenwirkungen

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Annette Mittmann (Ärztin und medizinische Psychotherapeutin)

Ein Zug am Joint oder ein paar Tropfen einer flüssigen Lösung, medizinisch oder nicht medizinisch – welche Wirkung hat Cannabis und wie unterscheiden sich die verschiedenen Inhaltsstoffe? Eines lässt sich sagen: Cannabis wirkt nicht bei jedem Menschen gleich. Aber was genau passiert im Gehirn und im Körper, wenn Cannabis konsumiert wird, und welche Folgen hat der Konsum? Wie das körpereigene Endocannabinoid-System funktioniert und wofür es da ist.

Ob als Medikament zur Behandlung von Krankheitssymptomen oder als Droge beim Freizeitkonsum, dem sogenannten Kiffen: Prinzipiell ist die Wirkung der in Cannabis enthaltenen Stoffe auf das Gehirn und den Körper dieselbe. Neben der Qualität der Produkte liegt der Hauptunterschied in der Dosierung. 

Bei der medizinischen Behandlung wird angestrebt, die Dosis so niedrig wie möglich zu halten, damit Beschwerden ausreichend gelindert werden, aber cannabistypische Nebenwirkungen nicht oder nur sehr leicht auftreten. Beim Kiffen hingegen setzen sich Konsumentinnen und Konsumenten bewusst höheren Dosen aus, um die psychoaktive Wirkung des Hauptinhaltsstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) zu erfahren. 

In diesem Beitrag zeigen wir, was im Gehirn und Körper passiert, wenn Cannabis konsumiert wird. Außerdem gehen wir auf Fragen nach Nebenwirkungen ein. 

Wie Cannabis auf Gehirn und Körper wirkt

In den Blüten der Cannabispflanze findet sich eine Vielzahl an cannabisspezifischen Inhaltsstoffen. Diese werden als Cannabinoide bezeichnet. Das bekannteste Cannabinoid, das für die psychoaktive, berauschende Wirkung verantwortlich ist, ist THC. Fast ebenso bekannt ist inzwischen das zweithäufigste Cannabinoid: CBD (Cannabidiol). CBD wirkt nicht berauschend, sondern kann die starke Wirkung des THC sogar ein wenig dämpfen. Studien lassen zudem vermuten, dass CBD zur Behandlung zahlreicher Krankheiten (ergänzend) eingesetzt werden kann. 

Die Wirkungen der unterschiedlichen Cannabinoide entstehen, weil es in unserem Nervensystem spezielle Rezeptoren gibt, an die die Cannabinoide andocken. Das klingt im ersten Moment so, als wäre unser Nervensystem darauf spezialisiert, mit Cannabis in Kontakt zu kommen. In gewisser Weise ist es das auch. 

Es gibt körpereigene Moleküle, die Ähnlichkeiten mit den Cannabinoiden der Cannabispflanze haben. Sie werden Endocannabinoide genannt und sind ein Teil des Endocannabinoid-Systems. Die beiden wichtigsten sind Anandamid (AEA) und 2-Arachidonylglycerol (2-AG).

Das Endocannabinoid-System

Das Endocannabinoid-System ist Teil des Nervensystems. Es besteht aus den Cannabinoidrezeptoren CB1 und CB2 und deren Bindungspartnern, den bereits genannten Endocannabinoiden Anandamid und 2-AG. Erst durch die Bindung der Endocannabinoide an die Cannabinoidrezeptoren werden die Wirkungen im Körper ausgelöst. 

Die Cannabinoidrezeptoren befinden sich auf verschiedenen Zelltypen des Körpers. CB1 findet sich hauptsächlich im Gehirn und Nervensystem aber auch in Organen wie den Nieren und dem Darm. Durch die direkte Anbindung an die Nervenzellen und das Gehirn vermitteln CB1-Rezeptoren die berauschenden, psychoaktiven und euphorisierenden Aspekte von THC. CB2-Rezeptoren sind vor allem auf Zellen des Immunsystems zu finden, doch auch in einigen Organen wie Lunge, Milz, Haut, Knochen, Magen-Darm-Trakt und den Fortpflanzungsorganen. 

Endocannabinoide regulieren und beeinflussen direkt und indirekt eine Vielzahl an physiologischen Vorgängen wie beispielsweise Appetit, Schmerzen, Entzündungen, Temperaturregelung im Körper, Augeninnendruck, Empfindsamkeit der Sinne, die Steuerung der Muskulatur und des Bewegungsapparats, das Energiegleichgewicht, den Stoffwechsel, das Schlafverhalten, Stressreaktionen, die Belohnungszentrale, die Gemütslage und das Gedächtnis.

Cannabis und das Endocannabinoid-System

Die im Cannabis enthaltenen Cannabinoide können sich wie die körpereigenen Endocannabinoide an die Cannabinoidrezeptoren binden. Sie nutzen also die Rezeptoren CB1 und CB2, um im Gehirn und im Körper die zahlreichen Wirkungen zu entfalten. 

Durch bestimmte Rezeptoren im Körper entfaltet Cannabis seine Wirkung.

Durch bestimmte Rezeptoren im Körper entfaltet Cannabis seine Wirkung.

Die Wirkung der Cannabinoide und anderer Inhaltsstoffe

Wirkung und Verträglichkeit einer Cannabissorte  hängen von der Menge der enthaltenen Cannabinoide, deren Verhältnis zueinander und der konsumierten Dosis ab. Aber auch die Verfassung und Situation, in der sich die konsumierende Person befindet, hat einen Einfluss. Nicht jeder Mensch verträgt den Konsum von Cannabis gleich gut oder schlecht.

 Eine zusätzliche Rolle spielen auch die weiteren in der Pflanze enthaltenen Inhaltsstoffe. Besonders die Terpene stechen heraus. Das sind die ätherischen Öle, die den typischen Cannabisgeruch ausmachen. Neben THC und CBD gibt es noch zahlreiche weitere Cannabinoide. Wahrscheinlich tragen auch sie zum Gesamteffekt bei. Allerdings sind die meisten von ihnen bisher nur unzureichend erforscht.

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Die Wirkungen und Nebenwirkungen von THC 

Was für den Konsum in der Freizeit nur eine mäßige Bedeutung hat, ist für die medizinische Anwendung von Cannabis häufig ein Hindernis: THC wirkt nicht auf jeden Menschen gleich. So kann es Ängste lindern, aber in manchen Fällen auch auslösen. Es hilft oft sehr gut gegen Übelkeit und Erbrechen, aber einigen Menschen wird auch übel, wenn sie Cannabis einnehmen. Für die Stärke der Wirkungen und Nebenwirkungen spielt die Dosis eine wichtige Rolle. 

Das THC ist für die berauschende Wirkung und die veränderte Wahrnehmung verantwortlich. Häufige Wirkungen von THC sind:

  • Psyche und Wahrnehmung: Sedierung (Beruhigung), leichte Euphorie, gesteigertes Wohlbefinden, intensivere Wahrnehmung von sinnlichen Empfindungen, die Zeit scheint langsamer zu vergehen, Angstzunahme oder -linderung, Halluzinationen nach hohen Dosen
  • Denken: Gedächtnis und Aufmerksamkeit sind gestört, Kreativität ist erhöht
  • Bewegung: Verschlechterung oder Verbesserung der Koordination, undeutliche Sprache
  • Nervensystem: Schmerzlinderung, Muskelentspannung, gesteigerter Appetit, Verminderung von Übelkeit und Erbrechen, Auftreten von Übelkeit
  • Herz-Kreislauf-System: Zunahme der Herzfrequenz, Absinken des Blutdrucks, eventuell mit Schwindel
  • Augen: Rötung der Bindehaut, weniger Tränenfluss, Absinken des Augeninnendrucks
  • Atemwege: Erweiterung der Bronchien, Mundtrockenheit
  • Magen-Darm-Trakt: Verminderte Darmbewegungen, geringere Magensäureproduktion

THC wird oftmals in Form des Medikaments Dronabinol verordnet. Dabei handelt es sich um nichts anderes als reines THC. Ärztinnen und Ärzte verschreiben Dronabinol am häufigsten bei Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie und zur Linderung von Spastik im Zusammenhang mit Multipler Sklerose

Die Wirkungen und Nebenwirkungen von CBD

CBD ist das zweithäufigste Cannabinoid nach THC in Cannabis. Es verursacht keine typischen psychischen Wirkungen oder Nebenwirkungen wie THC und ist nicht berauschend. CBD ist in den letzten Jahren sehr beliebt geworden und wird von vielen Menschen ohne ärztliche Kontrolle zur Selbstbehandlung einer Vielzahl von Beschwerden eingesetzt.

Im Rahmen medizinischer Behandlungen wird CBD bei Epilepsie angewendet. Auf dem deutschen Markt gibt es ein CBD-haltiges Arzneimittel, das für bestimmte Epilepsie-Formen zugelassen ist. Sehr häufige Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schläfrigkeit, Durchfall, verminderter Appetit, Fieber und Erbrechen. 

Weitere Cannabis-Inhaltsstoffe: Terpene 

Terpene sind ätherische Öle, die zur Gesamtwirkung von Cannabiszubereitungen beitragen, selbst wenn sie häufig nur in moderaten Konzentrationen vorkommen. Es existiert eine Vielzahl von Terpenen, die in unterschiedlichen Zusammensetzungen und Mengenverhältnissen in den verschiedenen Cannabissorten vorkommen.

Wirkungen und Nebenwirkungen bei Freizeitkonsum

Der Freizeitkonsum von Cannabis, das Kiffen, ist weit verbreitet. Ein Zug hin und wieder hat für die allermeisten Menschen keine negativen Folgen. Doch steigt die Konsumhäufigkeit und wird die Droge regelmäßig, zum Beispiel ein- oder mehrmals pro Woche, nehmen auch die Nebenwirkungen zu.

Dass Kiffen Nebenwirkungen hat, ist nicht unbekannt. Menschen, die Marihuana (umgangssprachlich: Gras) rauchen, berichten von Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Außerdem kann es zu Stimmungsschwankungen, Schwindel, Mundtrockenheit, trockenen und geröteten Augen, Muskelschwäche, gesteigertem Appetit, Herzrasen, plötzlichem Blutdruckabfall und Herzbeschwerden kommen. 

Das alles sind Folgen der intensiven Interaktion der Cannabinoide mit den Rezeptoren im Körper. Für Jugendliche birgt der Konsum von Cannabis größere Gefahren als für Erwachsene. Da das Gehirn noch nicht vollständig ausgereift ist, kann durch Cannabiskonsum in der Jugend das Gehirn geschädigt werden. Langzeitschäden sind daher vor allem bei Minderjährigen möglich.

Aus regelmäßigem Konsum kann sich auch eine Abhängigkeit entwickeln. Wie Sie feststellen, ob Sie, eine angehörige Person oder eine Person aus Ihrem Freundeskreis abhängig von Cannabis ist und wie Sie dann vorgehen können.

Literatur und weiterführende Informationen

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