Ein älterer Mann mit Rollator und ein Junge mit Skateboard
Pflege

Rollator: Vor- und Nachteile der Gehhilfe

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Otto Inhester (Weiterbildung "Hilfsmittelexperte", Uni Witten/Herdecke)

Qualitätssicherung

  • Juliane Diekmann (Diplom-Pflegewissenschaftlerin, Barmer Pflegekasse)

Was sind Rollatoren?

Rollatoren sind ein viel genutztes und beliebtes Hilfsmittel, um sicher gehen und stehen zu können. Aber: Nicht immer ist ein Rollator sinnvoll.

Ähnlich wie Medikamente haben Hilfsmittel neben erwünschten auch unerwünschte Wirkungen. So können auch Rollatoren Nachteile haben und zusätzliche Rehamaßnahmen sind erforderlich. Deshalb sollte jede und jeder, der einen Rollator nutzen möchten, die Vor- und Nachteile dieser Gehilfe sorgfältig abwägen.

Für was braucht man einen Rollator?

Ein Rollator entlastet die Beinmuskulatur, indem er die Last über den Schultergürtel auf Arme und Hände und schließlich auf den Rollator überträgt. Daher gilt für alle Gehhilfen, Rollatoren wie Gehstöcke, dass die Handgriffe, die die Last vom Körper auf das Hilfsmittel übertragen, ergonomisch gut ausgeformt und angepasst sein sollten. Vor allem wenn Betroffene nur noch wenig Restkraft haben, kommt es auf jeden Prozentpunkt an, durch den die Kraftübertragung verbessert werden kann.

Ein weiterer Vorteil von Rollatoren ist, dass sie, wie alle Gehhilfen, die Unterstützungsfläche von Stand und Gang vergrößern. Bleibt der Körperschwerpunkt innerhalb dieser vergrößerten Unterstützungsfläche, fällt es leicht, das Gleichgewicht zu halten. Verlagert sich der Schwerpunkt allerdings nach außen, muss zusätzliche Kraft aufgewandt werden, um nicht umzukippen.

Drittens vermitteln Gehhilfen ein Gefühl von Sicherheit, denn sie geben Halt. Gerade deshalb fassen Menschen nach einem Sturz mit einem Rollator noch einmal Mut, sich auf eigenen Beinen zu bewegen, statt einen Rollstuhl zu nutzen oder weitgehend auf das Gehen zu verzichten.

Eine vierte Indikation liegt bei einer Herz-Kreislauf-Schwäche oder arteriellen Verschlusskrankheit vor, also immer dann, wenn beim Gehen kürzere Pausen eingelegt werden müssen.

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Was ist der beste Rollator? Darauf sollten Sie bei der Auswahl achten

Anzahl der Rollen

Rollatoren gibt es in den verschiedensten Ausführungen. Wird der Rollator weitestgehend außerhalb der Wohnung benutzt, ist vor allem ein vierrädriges Modell zu empfehlen. Dreirädrige Rollatoren, sogenannte DeltaRollatoren, eignen sich vorzugsweise für den Innenraum, weil sie wendiger, zugleich aber kippgefährdeter sind. 

Bei den vierrädrigen Rollatoren gibt es Modelle mit einer sogenannten Schieberollstuhlfunktion. Sie haben eine stabile Sitzfläche, sodass eine Begleitperson im Bedarfsfall, etwa wenn die Kräfte nachlassen, den Antrieb übernehmen kann.

Gewicht

Leichtgewichtsrollatoren sind dann sinnvoll, wenn diese häufig transportiert, also zum Beispiel in den Kofferraum gehoben werden müssen. Schwere Rollatoren haben allerdings den Vorteil, dass sie einen stärkeren sensomotorischen Reiz darstellen und dadurch ein besseres Handling und besseren Straßenkontakt erlauben.

Reifengröße

Größe und Beschaffenheit der Reifen sind sehr bedeutend. Luftreifen sind größer und weicher. Sie ermöglichen es, Unebenheiten und nicht befestigte Untergründe wie Sand besser zu bewältigen. Da sie jedoch Luftdruck verlieren können, haben sich größere Vollgummireifen bewährt.

Rollwiderstand-System (RWS)

Je nach vorhandenen Fähigkeiten (Gleichgewicht, Koordination und Kraft) kann ein Rollwiderstand-System (RWS) hilfreich sein. Es verhindert, dass sich der Rollator allzu schnell „selbstständig“ macht, etwa auf abschüssigen Wegen. Durch das RWS wird eine individuell abzustimmende Dauerbremsung eingestellt.

Zubehör

Weitere Ausstattungsmerkmale wie ein Einkaufskorb, ein Tablett als Ablage-und Transportfläche, Halterungen für den Gehstock, Regen- und Sonnenschirm oder Beleuchtungszusätze für die dunkle Jahreszeit können hilfreich sein und sollten im Einzelfall und vor Ort mit dem Sanitätsfachhandel besprochen werden

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Rollator: Wann Sie ihn nutzen sollten

Wie können die beschriebenen Gefahren reduziert werden? Das Wichtigste: Für einen Rollator muss es eine klare Indikation geben, er muss also immer für den Zweck angemessen sein. Ist das der Fall, dann ist zu klären, ob er dauerhaft oder nur vorübergehend eingesetzt werden soll, etwa um die Mobilität zu trainieren. Soll er die Mobilität trainieren, dann ist zu unterscheiden: Dürfen die Beine voll oder nur zum Teil belastet werden, wie es etwa nach einem Beinbruch erforderlich ist? Denn für ältere Menschen ist eine Teilbelastung meist nicht möglich.

Ist die Nutzung eines Rollators indiziert, sollte die Nutzungsdauer unbedingt zeitlich begrenzt werden. Zudem ist es sinnvoll, Alternativen in Erwägung zu ziehen. So können neben dem Rollator Gehstöcke benutzt werden – auch für kürzere Strecken. Denn den Rollator nach längerer Nutzung oder im Alter wieder abzutrainieren, ist schwierig. Und so bleiben Betroffene häufig auf den Rollator angewiesen, obwohl aus körperlichen Gründen dazu kein Anlass mehr besteht.

4 Tipps: So stellen Sie einen Rollator richtig ein

  • Stellen Sie sich aufrecht in Gehrichtung zwischen die beiden Hinterräder des Rollators. Die Arme lassen Sie locker entspannt neben dem Körper hängen.
  • Nun stellen Sie die Höhe der Handgriffe so ein, dass sie auf Höhe der Handgelenke sind, damit Sie die Griffe fest umspannen können.
  • Wenn Sie die Bremsen greifen, sollten Sie weiterhin festen Kontakt zum Griff haben.
  • Der Blick sollte beim Gehen immer geradeaus gerichtet sein.

Wie viel zahlt die Krankenkasse für einen Rollator?

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Für wen ist ein Rollator nicht geeignet?

Die meisten Nachteile und Risiken von Rollatoren beruhen darauf, dass sie oft nur mangelhaft an den Benutzer angepasst werden und eine professionelle Einweisung häufig fehlt. So sieht man viele Nutzende, die vornüber gebeugt hinter dem Rollator herlaufen, statt aufrecht zwischen den Rädern zu gehen. Geht es dann noch bergab, entwickelt sich schnell ein erhöhtes Sturzrisiko, da der Rollator noch weiter nach vorne läuft und der Hebel dadurch so ungünstig wird, dass die Kraft nicht mehr ausreicht, den Rollator zu stoppen.

Neben dem erhöhten Sturzrisiko haben Rollatoren aber noch weitere unerwünschte Nebenwirkungen, die oft schon nach wenigen Wochen auftreten. Einen Rollator hält man mit beiden Händen fest. Dadurch werden der normale Bewegungsablauf und das Gangbild massiv gestört, denn normalerweise pendeln die Arme gegenläufig zu den Beinen. Die Folge: Die Rückenmuskulatur wird vorwiegend statisch statt dynamisch beansprucht und so die Funktion der Wirbelsäule für die aufrechte Haltung eingeschränkt. Die Muskulatur ermüdet schneller und Rückenschmerzen stellen sich ein.

Durch das Festhalten am Rollator werden außerdem der Gleichgewichtsapparat und die Koordinationsfähigkeit weniger trainiert. So können Alltagssituationen, die bislang noch souverän gemeistert wurden, ein erhöhtes Sturzrisiko bergen. Es kann zu ungeschickten und reduzierten Abfangreaktionen kommen und Stürze können unter Umständen heftiger ausfallen. Es entsteht ein Teufelskreislauf: Wird der Gang unsicherer, entsteht Sturzangst, die wiederum die Abhängigkeit vom Rollator fördert.

Was sollten Sie vor der Nutzung eines Rollators  bedenken?

Um einen Rollator optimal nutzen zu können, benötigen Betroffene genügend Restkraft und Beweglichkeit in den Beinen und Armen sowie ausreichendes Koordinationsvermögen. Vor allem die Koordinationsfähigkeit ist für das Gehen wichtig; denn diese wird gerade bei der Nutzung eines Rollators überdurchschnittlich stark gefordert. Deshalb sollte ein Rollator nicht bei optischen Wahrnehmungsstörungen (Sehbeschwerden), starken Gleichgewichtsstörungen und unkontrollierbaren Spastiken verwendet werden.

Soll ein Rollator wegen einer Sturzgefahr genutzt werden, müssen vorab mögliche Ursachen abgeklärt werden:

  • Liegt etwa ein arzneimittelbedingter Schwindel und eine damit verbundene Gangunsicherheit vor, ist es ratsam, zuerst zu prüfen, ob eine Umstellung der Medikamente das Problem an der Wurzel packt.
  • Einige Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder das Post-Polio-Syndrom gehen oft mit eingeschränkter Gehfähigkeit einher. Hierbei besteht die Gefahr, dass der Rollator zu einer Überanstrengung führt. Denn das Gehen wird zwar erleichtert, die krankheitsbedingte Belastungsgrenze, die in der Regel unterhalb der wahrnehmbaren Belastungsgrenze liegt, wird schnell überschritten. Zugleich sollten parallel andere Hilfsmittel genutzt werden. Je nach vorhandenem Restvermögen ist es sinnvoll, den Rollator mit einem Gehstock oder einem Rollstuhl zu kombinieren.

Kann ein Rollatorführerschein Sicherheit geben?

Damit der Rollator sicher seinen Zweck erfüllt und nicht selbst zu einem Sturzrisiko wird, sind eine technische Einweisung und eine Einführung in die Nutzung (Rollatorführerschein) hilfreich – und oft auch unerlässlich. Bestenfalls sollte hierbei auch die Hauptbegleitperson eingebunden werden. Geübt werden müssen vor allem das Bremsen, das Fixieren der Bremsen und das Abbremsen beim Bergabfahren.

Außerdem ist es sinnvoll, das Hinsetzen und Aufstehen mit dem Rollator zu trainieren. Auch bedarf es etwas Übung, Hindernisse wie erhöhte Türschwellen oder Bordsteine, Schneehaufen, Straßenbahnschienen zu überwinden, sicher zu lenken und in engen Wohnräumen und um Hindernisse zu rangieren. Sinnvoll ist auch eine gezielte Schulung, wie mit dem Rollator in Bus und Bahn umzugehen ist.

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