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Biologisches Alter: Diese drei Faktoren bestimmen unser „Bio Age“

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Luciano Arslan (Arzt, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Anja Braunwarth (Ärztin)

Biologisches Alter: Die wichtigsten Fakten

Was ist „Bio Age“?

Bio Age ist ein anderer Begriff für biologisches Alter. Wie schnell wir altern, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Das biologische Alter spiegelt diesen individuellen Prozess wider.

Biologisches Alter berechnen

Zellschäden, Entzündungswerte, Gedächtnisleistung: Altern lässt sich heute an zahlreichen Parametern erfassen. Moderne Tests zeigen, wie schnell der Alterungsprozess abläuft.

Jung zu bleiben ist beeinflussbar

Bewegung, Ernährung und Schlaf beeinflussen biologische Prozesse messbar. Studien zeigen: Ein gesunder Lebensstil kann Alterungsmechanismen verlangsamen – und Körperfunktionen erhalten.

Die Angst vor dem Altern ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon der spanische Eroberer Juan Ponce de León suchte Anfang des 16. Jahrhunderts nach dem sagenumwobenen Jungbrunnen. Heute kursieren unzählige Tipps und Tricks auf Social Media, wie man das biologische Alter beeinflussen kann. Aber was bedeutet biologisches Alter überhaupt? Lässt es sich einfach berechnen – und wirklich beeinflussen?

Was ist das biologische Alter?

Die Jahre verstreichen für jeden von uns, aber anscheinend nicht für jeden gleich. Es gibt 60-Jährige, die Marathon laufen und aussehen wie Mitte 40. Und andere, die mit Anfang 50 wirken, als hätten sie das Rentenalter längst erreicht. Es ist fast, als würde sich das Rad der Zeit bei jedem Menschen unterschiedlich schnell drehen – und diese Annahme ist gar nicht so falsch.

Denn neben dem chronologischen Alter, also der reinen Zeit seit der Geburt, gibt es auch das biologische Alter oder Bio Age. Es beschreibt den tatsächlichen Zustand des Körpers – von der Funktionsfähigkeit von Zellen, Gewebe und Erbgut bis zur körperlichen Leistungsfähigkeit. Wie fit sind Herz und Kreislauf? Wie schnell heilt eine Wunde? Wie stark ist das Immunsystem, wie gut der Stoffwechsel? Denn: Wissenschaftlich betrachtet ist Altern nichts anderes als ein Funktionsverlust des Körpers.

Und genau hier zeigt sich: Das biologische Alter ist individuell sehr unterschiedlich. Bei jedem Menschen lässt die Leistung in einem anderen Tempo nach. Einige Faktoren wie ererbte Eigenschaften sind uns in die Wiege gelegt. Andere jedoch wie etwa Ernährung, Bewegung und Schlaf können wir selbst beeinflussen.

Wieso altern wir überhaupt?

Das klingt nach einer einfachen Frage – ist aber alles andere als das. 

Tatsächlich gibt es bis heute keine klare Antwort darauf. Es existieren viele Theorien, die teilweise miteinander konkurrieren. Etwas greifbarer ist die Frage: Wie altern unsere Zellen? Also: Was passiert in unserem Körper, sodass die Funktion nachlässt? In den vergangenen Jahren konnte die Wissenschaft einige zentrale Mechanismen identifizieren, die uns altern lassen.

Altern ist kein einzelner Defekt, sondern das Ergebnis vieler kleiner Funktionseinbußen: Zellen kommunizieren schlechter, Entzündungen flammen dauerhaft auf, Proteine verlieren ihre Form und Wirkweise und noch vieles mehr. 

Hier ein kleiner Überblick über einige wichtige Prozesse, die das Altern unserer Zellen beschleunigen:

  • DNA-Schäden: Fehler im Lebenscode
    Unsere DNA ist der Bauplan des Lebens, doch sie steht unter Dauerbeschuss: Unter anderem UV-Strahlen, Umweltgifte und Stress hinterlassen Schäden. Zwar gibt es Reparaturmechanismen, aber die sind nicht perfekt. Mit der Zeit summieren sich die Schäden und das stört die Zellfunktion.
  • Telomere: Das Ablaufdatum der Zelle
    Telomere sind Schutzkappen an den Enden der Chromosomen, der genetischen Informationen in den unseren Zellen. Mit jeder Zellteilung werden die Telomere kürzer. Haben die Telomere eine kritische Länge erreicht, hört die Zelle auf, sich zu teilen, und kann ihre Funktionen zunehmend schlechter ausführen.
  • Epigenetische Uhr: Schalter der Gene
    Es kommt nicht nur darauf an, welche Gene man mitbekommen hat, sondern sie müssen auch richtig gesteuert werden. Epigenetische Schalter – kleine chemische Markierungen an der DNA – entscheiden, welche Gene aktiv sind und welche nicht. Man konnte beobachten, dass sich mit dem Alter dieses feine Regelwerk ändert. Heute gelten diese chemischen Markierungen als ein Schlüssel zur Messung des biologischen Alters.
  • Stammzellenmangel: Reparatur mit Verzögerung
    Stammzellen sind die Alleskönner des Körpers: Sie reparieren Gewebe und ersetzen alte Zellen. Doch im Alter nimmt ihre Zahl und Qualität ab. Das heißt: Der Körper heilt langsamer, Gewebe baut sich schlechter wieder auf.
  • Autophagie: Zellreinigung mit Lücken
    Autophagie ist das Reinigungssystem der Zelle: Überflüssige oder beschädigte Bestandteile werden abgebaut und teilweise wiederverwertet. Mit zunehmendem Alter lässt diese „Müllabfuhr“ jedoch nach – was zur Alterung und zu Krankheiten beitragen kann.

Diese drei Faktoren lassen uns altern

Es gibt also verschiedenste Prozesse, die beim Altern ablaufen. Was genau in welchem Tempo altert, ist dabei individuell sehr verschieden – maßgeblich beeinflusst werden diese Vorgänge von drei zentralen Faktoren: 

  1. Genetik
    Manche Menschen haben einfach gute Karten in die Hand bekommen. Ihre Zellen reparieren Schäden effizienter oder kommen mit Stress besser zurecht. Die genetische Veranlagung legt gewisse Grundlagen fest.
  2. Umwelteinflüsse
    UV-Strahlung, Luftverschmutzung, Chemikalien, Infektionen – all das und vieles mehr kann unsere Zellen schädigen und Alterungsprozesse beschleunigen. Auch sozialer Stress und schlechte Arbeitsbedingungen zählen hier dazu.
  3. Lebensstil
    Ernährung, Bewegung, Schlaf, Rauchen, Alkoholkonsum, Stressbewältigung – unser Alltag hat enormen Einfluss auf Alterungsprozesse.

Lässt sich das biologische Alter berechnen – und wenn ja, wie?

Die Vorstellung klingt verlockend: Ein einziger Test verrät genau, wie alt der Körper wirklich ist, unabhängig vom Geburtsdatum. Aber so einfach ist es nicht.

Denn was wir bisher über das Altern wissen, zeigt: Es gibt nicht das eine biologische Alter. Vielmehr ist der Alterungsprozess ein Zusammenspiel vieler Einzelaspekte. Auch die einzelnen Organe können unterschiedlich altern. Hat eine Person beispielsweise regelmäßig Sport gemacht, aber nicht auf Sonnenschutz geachtet, wird sie vermutlich trotz eher jung gebliebener Blutgefäße eine vorgealterte Haut haben.

Ein einziger Wert, der all das widerspiegelt? Den gibt es daher bislang nicht. Aber: Je mehr Teilaspekte wir messen, desto klarer wird das Gesamtbild. Und genau das versuchen Forschende mit verschiedenen Methoden. Hier ein Überblick:

  • Epigenetische Tests
    Diese Tests messen gewisse chemische Marker auf der DNA – sogenannte Methylierungsmuster, die sich mit dem Alter verändern.
  • Telomerlänge
    Die Länge der Telomere, also der Schutzkappen an den Chromosomenenden, kann ein grober Hinweis darauf sein, wie oft sich Zellen schon geteilt haben. Und damit ein Anhaltspunkt sein, wie weit die Zellen im Alterungsprozess fortgeschritten sind.
  • Biomarker in Körperflüssigkeiten
    Auch Blut, Urin und andere Körperflüssigkeiten geben Hinweise auf unser biologisches Alter. Gemessen werden zum Beispiel Entzündungswerte, Stoffwechselmarker wie Blutzucker, verschiedene Hormone oder Immunsystemwerte.
  • Physiologische Tests
    Auch der Körper selbst gibt Hinweise: Blutdruck, Lungenkapazität, Herz-Kreislauf-Fitness, Sehen, Hören und Gelenkbeweglichkeit können zeigen, wie leistungsfähig einzelne Organe oder Systeme noch sind.
  • Kognitive Tests
    Altern zeigt sich nicht nur körperlich: Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und Problemlösungsfähigkeit verändern sich ebenso mit der Zeit – kognitive Tests erfassen diese Veränderungen.

Lässt sich die Alters-Uhr zurückdrehen – oder wenigstens verlangsamen?

Wer jung bleiben will, denkt oft an die eine große Lösung: Doch der Wunsch nach einem Zaubermittel gegen das Altern bleibt bisher unerfüllt. Noch fehlen überzeugende Langzeitstudien am Menschen, die belegen, dass bestimmte Maßnahmen den Alterungsprozess tatsächlich über Jahrzehnte verlangsamen, stoppen oder sogar umkehren können. 

Was es bisher gibt, sind vielversprechende Hinweise bei Tieren: An Mäusen, Würmern und Affen konnte gezeigt werden, dass bestimmte Maßnahmen die Lebensspanne verlängern. Manche Messwerte ließen zudem vermuten, dass sich der Alterungsprozess stellenweise sogar umgekehrt haben könnte.

Beim Menschen hingegen steckt die Forschung in den Anfängen. Zwar zeigten einige Studien, dass sich bestimmte Altersmerkmale im Körper durch gezielte Maßnahmen positiv beeinflussen ließen, aber ob das Altern dadurch tatsächlich verlangsamt wird, ist noch unklar.

Eine junge Frau streckt sich morgens in ihrem Bett

Schlaf, Ernährung, Bewegung: Unser Lebensstil hat Einfluss auf Alterungsprozesse in unserem Körper

Aber: Es gibt Stellschrauben, die sich beeinflussen lassen – und die beim Menschen messbare Effekte zeigen. Die wichtigsten hier im Überblick:

  • Alterungsbeschleuniger vermeiden
    Übermäßiger Stress, Alkoholkonsum und Rauchen gelten als große Treiber des Alterns. Sie fördern chronische Entzündungen, verkürzen die Telomere und wirken sich ungünstig auf epigenetische Marker aus. Sie so weit wie möglich zu vermeiden, kann der erste Schritt sein.
  • Schlafen hält jung
    Schlaf ist einer der wichtigsten Faktoren bezüglich des Alters und der Gesundheit. Chronischer Schlafmangel beeinträchtigt DNA-Reparaturprozesse, beschleunigt die Verkürzung der Telomere und verhindert die körpereigene „Müllabfuhr“, die Autophagie. Eine gesunde Schlafroutine ist daher essenziell, wenn man dem Lauf der Zeit etwas entgegensetzen möchte.
  • Bewegung ist Anti-Aging-Medizin
    Regelmäßige Bewegung ist ein Jungbrunnen. Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität epigenetische Marker positiv beeinflusst, entzündungshemmend wirkt und die Telomerlänge erhalten kann. Ob Ausdauersport oder Krafttraining, Tanzen oder Spaziergänge – jede Form der Bewegung wirkt dem Altern entgegen.
  • Ernährung als Kraftstoff für Zellgesundheit
    Auch unsere Ernährung hat direkten Einfluss auf die biologische Uhr. Als besonders gesunde Ernährungsweise gilt die Mittelmeerdiät mit viel Gemüse, Obst, Nüssen, Fisch, Olivenöl – und wenig Fleisch. Studien zeigen, dass diese Ernährungsform das Mikrobiom verbessert (ebenfalls ein Faktor, der sich auf das biologische Alter auswirkt), die Telomere schützt, Entzündungswerte im Blut senkt und das Risiko für Alterskrankheiten wie Herzinfarkt, Diabetes und Alzheimer reduziert.
  • Kalorienrestriktion – mit Maßhalten länger leben
    Besonders vielversprechend wirkt in Studien die sogenannte Kalorienrestriktion. Dabei wird die tägliche Kalorienzufuhr moderat reduziert – ohne Mangelernährung. In Tierstudien verlängerte Kalorienrestriktion die Lebensspanne deutlich. Auch beim Menschen zeigte eine Studie: 12,5 Prozent weniger Kalorien über zwei Jahre verlangsamten das biologische Altern messbar. Über 1.000 Gene veränderten ihre Aktivität – darunter solche, die Zellreparatur, Entzündung, Muskelaufbau und den Tag-Nacht-Rhythmus steuern. Das deutet auf eine gezielte Verlangsamung von Alterungsprozessen hin.

Fazit

Altern ist kein plötzlicher Umbruch, sondern ein leiser Umbau – in den Zellen, in den Genen, im Stoffwechsel. Und wir können ihn mit ganz alltäglichen Entscheidungen beeinflussen: Was wir essen, wie viel wir uns bewegen, wie wir schlafen, denken und leben: All das hinterlässt messbare Spuren – im negativen wie im positiven Sinne. Wer das Altern versteht, kann es aktiv mitgestalten. Tag für Tag, Entscheidung für Entscheidung.

Literatur und weiterführende Informationen

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