Kleines Mädchen liegt wach im Bett
Gesundes Schlafen

Warum Kinder Schlafprobleme haben

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Dr. Hans-Günter Weeß (Leiter des Schlafzentrums am Pfalzklinikum AdöR)

Qualitätssicherung

  • Daniela Beerens (Gesundheitsinformation, Barmer)

„Ich muss dir unbedingt noch etwas erzählen …, ich habe noch Hunger …, möchte noch was trinken …, da ist etwas in meinem Zimmer …, ich muss unbedingt nochmal …“. Kinder wollen oft nicht ins Bett oder versuchen das Schlafengehen hinauszuschieben. Fantasievoll und kreativ werden allerlei Gründe angeführt, die das Zubettgehen verzögern. Wichtige Anliegen werden noch einmal vorgebracht, es wird gebummelt und Ermahnungen der Eltern werden gerne überhört.
 

Warum haben Kinder Schlafprobleme?

Im Rahmen der kindlichen Entwicklung lernen Kinder viele Fertigkeiten und Dinge selbst zu bestimmen. Sie werden eigenständige kleine Wesen. Mit dem Zubettgehen ist das aber nicht immer so einfach. Kinder können oftmals Schlafenszeiten und Grenzen nicht einfach akzeptieren. Sie haben meist ihren eigenen Kopf und möchten noch länger „auf“ bleiben. Viele Kinder entwickeln auch Ängste vor dem Alleinsein beim Einschlafen im dunklen Zimmer, was das Zubettgehen und das Einschlafen ebenfalls erschweren kann.

Welche Schlafprobleme können Kinder haben?

Nachtschreck bei Kindern

Der Nachtschreck (Pavor nocturnus) tritt bei vielen Kleinkindern in der ersten Hälfte des nächtlichen Schlafs aus dem Tiefschlaf heraus auf. Die Kinder zeigen intensive Anzeichen von Angst, schreien oft laut, schwitzen vor Anspannung, sind aber nicht aufweckbar. Nach einigen Minuten legen sie sich meist von selbst wieder hin und schlafen weiter.

Am nächsten Morgen haben sie keine Erinnerung an das Ereignis. Der Nachtschreck kann durch Schlafmangel, emotionalen Stress und fieberhafte Erkrankungen begünstigt werden. Selten verbirgt sich dahinter eine ernsthafte Erkrankung, wie zum Beispiel eine Epilepsie. In der Regel verschwindet der Nachtschreck spätestens mit der Pubertät. Oft leiden die Eltern aufgrund des nächtlichen Hochschreckens, der Fürsorge fürs Kind und den damit verbundenen Schwierigkeiten selbst wieder einzuschlafen, mehr als das Kind.

Schlafwandeln

20 Prozent der Kinder schlafwandeln mindestens einmal bis zum Eintritt in die Pubertät. Fachleute sprechen dabei von Somnambulismus. Insbesondere im ersten Schlafdrittel kommt es hierbei zu einer unvollständigen Weckreaktion aus dem Tiefschlaf heraus.

Je nachdem, wieviel des Gehirns „wach wurde“ und wieviel des Gehirns „weiterschläft“, ist das Verhalten der schlafwandelnden Kinder mehr oder weniger komplex und zielgerichtet. Dies kann vom Umherblicken, sich im Bett aufrichten und an der Bettdecke zupfen bis hin zum Verlassen des Betts mit zielgerichteten Handlungen, wie zum Beispiel spielen oder auch die Wohnung verlassen, führen. Die Kinder sind nur schwer aufweckbar und sollten aus diesem Grund lediglich sanft ins Bett zurückgebracht werden.

Vorsicht: Beim Schlafwandeln können sich die Kinder selbst, oder auch andere, gefährden und verletzen. Deswegen ist die Sicherung der Schlafumgebung, wie beispielsweise das Sichern von Fenstern, Türen und Treppen, dringend angebracht.

Meist verschwindet das Schlafwandeln mit der Pubertät von selbst. Schlafmangel, Fieber und Schmerzen können das Schlafwandeln begünstigen. Bei häufigem Schlafwandeln mit komplexem Verhalten während dieser Zeit können sich sehr selten ernsthaftere Erkrankungen dahinter verbergen. In diesen Fällen ist eine medizinische Abklärung zu empfehlen. Erste Anlaufstelle ist dabei die Kinderärztin beziehungsweise der Kinderarzt.

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Albträume

Albträume treten im Gegensatz zum Nachtschreck eher in der zweiten Schlafhälfte auf. Die Kinder erwachen durch den angstbesetzten Traum, können sich an die Inhalte gut erinnern und sind auch rasch orientiert. Gelegentlich fällt das erneute Einschlafen aufgrund der starken emotionalen Aufgebrachtheit schwer. Albträume treten bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen vermehrt auf.

Sollten Albträume gehäuft vorkommen und vor allem als belastend vom Kind erlebt werden, können verhaltenstherapeutische Maßnahmen, wie das wiederholte Aufmalen oder Aufschreiben des Albtraums am Tage sowie deren Aufarbeitung anhand dessen hilfreich sein und in einfachen Fällen auch von den Eltern selbst durchgeführt werden.

Das Vorgehen sollte über zwei Wochen hinweg täglich für denselben Albtraum wiederholt werden. Im Bedarfsfall erfolgt eine weitere Zwei-Wochen-Periode mit einem weiteren Albtraum. Das Verfahren kann so lange wiederholt werden, bis infolge einer Generalisierung keine weiteren Albträume mehr auftreten. Bei diesem Vorgehen kann in ausgeprägten Fällen die kinderärztliche Praxis gegebenenfalls auch unter Hinzuziehung einer Kindertherapeutin oder eines Kindertherapeuten unterstützen.

Schnarchen und Atemaussetzer

Bei Kindern können Schnarchen, Atemstillstände (Apnoe) und Phasen reduzierter Atmung (Hypopnoe) während des Schlafs auftreten. Fachleute sprechen in diesen Fällen auch von kindlicher Schlafapnoe.

Ursachen sind häufig verengte obere Atemwege infolge vergrößerter Rachen- und Gaumenmandeln. Daneben gewinnt Übergewicht als Ursache zunehmend an Bedeutung. Aber auch Kinder mit Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und Rückverlagerung des Unterkiefers (Retrognathie) können betroffen sein.

Die Atemaussetzer bewirken eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und der inneren Organe und führen durch wiederholte Weckreaktionen zu einem nicht erholsamen Schlaf mit reduziertem Anteil erholsamer Schlafstadien, wie zum Beispiel dem Tiefschlaf.

In der Folge können Entwicklungs- und Wachstumsverzögerungen auftreten. Vor allem aber führt eine erhöhte Tagesschläfrigkeit bei betroffenen Kindern dazu, dass diese am Tage überdreht, hippelig und unkonzentriert sind. Es können sich ähnliche Symptome entwickeln wie bei hyperaktiven Kindern. Wird in der kinderärztlichen Praxis der Verdacht auf eine kindliche Schlafapnoe bestätigt, erfolgt in aller Regel eine Abklärung im Schlaflabor.

Bewegungsstörungen im Schlaf bei Kindern

Bei vielen Kindern kann man rhythmische Bewegungen des Kopfes oder des ganzen Körpers beim Einschlafen beobachten. Diese Phänomene dienen in der Regel der Selbstberuhigung und dem erleichterten Einschlafen. Die Kinder schaukeln sich sozusagen selbst in den Schlaf.

Das Verhalten verliert sich im Laufe der Entwicklung. Sehr selten steckt eine Epilepsie – eine elektrische Übererregung des Gehirns – dahinter, welche der Abklärung bedarf. Der Verdacht ergibt sich immer dann, wenn beispielsweise neben den Schaukelbewegungen auch andere Auffälligkeiten, wie zum Beispiel muskuläre Verkrampfungen oder ein entstellter Gesichtsausdruck auftreten. In diesen Fällen, oder wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie am besten zunächst Ihre kinderärztliche Praxis an.

Ein Restless-Legs Syndrom (Syndrom der unruhigen Beine) kann vereinzelt bereits im Kindesalter auftreten. Die betreffenden Kinder können zumeist die Beine, seltener die Arme, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden nicht stillhalten. Bewegung und Umherlaufen führt zu einer Linderung der körperlichen Missempfindungen in den Beinen beziehungsweise Armen.

Diese werden oft als Brennen, Ameisenlaufen, Kribbeln, Ziehen, Reißen oder auch als schmerzhaft beschrieben. Nicht selten wirken die Symptome wie die beim Hyperaktivitätssyndrom. In diesen Fällen ist eine kinderärztliche Untersuchung angeraten.

Tagesschläfrigkeit und Einschlafneigung am Tag

Liegt eine Tagesschläfrigkeit und Einschlafneigung am Tag vor, sprechen Fachleute von einer Hypersomnie. Leidet Ihr Kind unter einer großen Müdigkeit am Tag, sollte als erstes geschaut werden, ob das Kind in der Nacht ausreichend Schlaf bekommt.

Im nächsten Schritt gilt es zu klären, ob eine organische Erkrankung hinter der Müdigkeit steckt. Eine kindliche Schlafapnoe sollte in diesem Zusammenhang ebenfalls abgeklärt werden. In seltenen Fällen kann bereits bei Kindern eine Narkolepsie – also ein wiederholtes zwanghaftes Einschlafen am Tage beziehungsweise der Verlust der Körperkraft (Kataplexie) bei stärkeren, meist positiven Gefühlen – die Ursache von Tagesschläfrigkeit und Einschlafneigung am Tag darstellen. In diesen Fällen überweist die kinderärztliche Praxis in aller Regel zur weiteren Abklärung in ein Schlaflabor.

Nächtliches Einnässen (Enuresis nocturna)

Wenn es nach dem fünften Lebensjahr mindestens zweimal pro Monat ohne erkennbare organische Ursache zu nächtlichem Einnässen kommt, spricht man von einer behandlungsbedürftigen Enuresis nocturna. Diese sollte von einer Kinderärztin bzw. einem Kinderarzt abgeklärt werden. Die Lebensqualität von Kind und Eltern kann durch das nächtliche Einnässen stark belastet werden.

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Welche Krankheiten können Ursache von Schlafstörungen bei Kindern sein?

Akute und chronische Erkrankungen, wie zum Beispiel Infektionen, Schilddrüsenfehlfunktionen, Diabetes mellitus, Mangelerscheinungen, Lebensmittelunverträglichkeiten oder Neurodermitis, sind einige mögliche Ursachen für organisch bedingte Schlafstörungen.

Sollten Sie den Eindruck haben, dass eine organische Ursache der Grund für die Schlafstörung Ihres Kindes sein könnte, ist Ihre kinderärztliche Praxis erste Anlaufstelle zwecks Abklärung möglicher organischer Ursachen.

Seelische Belastungen als Ursache

Nicht nur Erwachsene schlafen bei emotionalen Belastungen schlecht, sondern auch Heranwachsende. Streitereien der Eltern, Angst vor dem ersten Kindergartentag beziehungsweise Schultag, Trennungsängste, die Geburt eines Geschwisterchens, Probleme mit anderen Kindern sind nur ein paar Beispiele für krisenhafte und stressauslösende Lebenssituationen, die mit Schlafstörungen einhergehen können.

Viele dieser Schlafstörungen sind vorübergehender Natur und verschwinden mit dem Wegfall des Auslösers. Gelegentlich dauern die emotionalen Belastungen und in der Folge die daraus resultierenden Schlafstörungen länger an. In diesen Fällen kann die Unterstützung durch eine Kindertherapeutin oder einen Kindertherapeuten hilfreich sein.

Schlafstörungen bei Kindern: Entwicklungsphasen

Kleinkinder und Kinder, die normalerweise gut schlafen, können in bestimmten Entwicklungsphasen vorübergehend (wieder) Probleme mit dem Schlaf bekommen. So kann zum Beispiel das aufregende Krabbeln- und Laufen-Lernen dazu führen, dass ein Kind nachts (wieder) öfters aufwacht. Auch Ängste (etwa vor Monstern), wie sie besonders bei Kleinkindern auftreten, können vorübergehend das Ein- und Durchschlafen erschweren.

Die Probleme sind in aller Regel vorübergehender Natur und stehen im Zusammenhang mit körperlichen und emotionalen Entwicklungsschritten Ihres Kindes. Nur wenn die Schlafstörung länger andauert, ist der Kontakt zur kinderärztlichen Praxis notwendig.

Wichtig für Schlafen ohne Schlafprobleme: Richtige Schlafhygiene bei Kindern

„Schlafhygiene“ ist ein Begriff, der leicht falsch verstanden werden kann. Er beschreibt nicht die abendliche Körperpflege vor dem Zubettgehen. Vielmehr meint der Begriff das abendliche, schlafförderliche Verhalten vor und auch während der Zubettgehzeit. Viele Schlafprobleme können bei fehlender Routine und Struktur im Tagesablauf und durch schlafstörendes Verhalten am Abend und in der Zubettgehsituation auftreten – und sind in ihrer Häufigkeit und ihren Einfluss auf den Schlaf nicht zu unterschätzen.

Typische Beispiele für eine schlechte Schlafhygiene gerade auch bei Kindern sind unregelmäßige Essens- und Schlafenszeiten, ein gesteigerter beziehungsweise aufregender Medienkonsum am Abend und vor allem auch ein fehlendes Zubettgehritual. 

Wann professionelle Hilfe bei Schlafstörungen des Kindes nötig ist

Von Schlafproblemen im Säuglings- und Kleinkindalter sind nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern direkt betroffen. Schläft das Kind nicht, sind auch die Eltern und gegebenenfalls Geschwister in aller Regel wach. Schlafstörungen und Schlafmangel haben Auswirkung auf das Verhalten und Erleben am Tag. Müdigkeit, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Nicht-Still-Sitzen-Können, Bewegungsdrang verbunden mit Unruhe, Quengeln und Weinerlichkeit sind häufige Symptome von einem nicht ausreichenden und gestörten Nachtschlaf des Kindes.

Bei sogenannten Schreibabys sollten Sie sich rechtzeitig Unterstützung holen.

Zeigen sich bei Ihrem Kind auch nach dem sechsten Lebensmonat keinerlei Anzeichen für einen strukturierten Schlaf-Wach-Rhythmus mit einer Hauptschlafperiode in der Nacht, kann ein Beratungsgespräch mit der Kinderärztin, dem Kinderarzt oder in einer Schlafambulanz sinnvoll sein. Bei Bedarf werden sie von dort an weitere Spezialisten überwiesen. 

  • Renz-Polster, René und Imlau, Nora: Schlaf gut Baby!: Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten (2016)  
  • Schlarb, A.: Begleit- und Arbeitsbuch für Eltern. Das Elterntraining für Kinder bis 4 Jahre mit Schlafstörungen (2013)
  • Leonie Fricke-Oerkermann, Jan Frölich, Gerd Lehmkuhl Alfred Wiater: Ratgeber Schlafstörungen. Informationen für Betroffene, Eltern, Lehrer und Erzieher (2006)

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