Zu sehen sind zwei Exemplare des Barmer Pflegereports 2021
Pflege

Pflegereport 2021: 2030 circa sechs Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland

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Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Nora Hoffmann (Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung)

Die Zahl der Bundesbürger, die häuslich oder stationär auf Pflege angewiesen sein werden, wird nach einer Prognose der Barmer bis zum Ende dieses Jahrzehnts stärker als erwartet ansteigen – von heute 4,5 auf dann etwa sechs Millionen Menschen.

Pflegenotstand brisanter als angeommen

Bis zum Jahr 2030 könnten selbst bei vorsichtigen Annahmen mehr als 180.000 Pflegekräfte fehlen, auch weil es mit dann insgesamt rund sechs Millionen pflegebedürftigen Menschen über eine Million Betroffene mehr geben wird als bisher angenommen worden ist.

Aktueller Hinweis: im November 2022 ist der BARMER Pflegereport 2022 erschienen. Schwerpunkt sind hier die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Pflegebereich. 

Die Barmer hat ihre Prognose im Pflegereport 2021 vorgelegt. „Die Politik muss zügig gegensteuern, andernfalls bleibt die Pflege eine Großbaustelle auf schwachem Fundament. Im Koalitionsvertrag stehen dazu einige richtungsweisende Vorhaben. Das begrüßen wir ausdrücklich! Nun muss rasch die Umsetzung angegangen werden“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer.

Infografik zum Barmer Pflegereport 2021: Die Zahl Pflegebedürftiger steigt rasant und erreicht schon 2030 sechs Millionen.

Diese Grafik zeigt drei Prognosen, wie sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2060 entwickeln könnte. Für das Jahr 2030 liegen alle drei Prognosen bei circa 6 Millionen Pflegebedürftigen. Für das Jahr 2060 liegt das Szenario mit dem geringsten angenommenen Anstieg bei 6,8 Millionen, das Szenario mit dem höchsten angenommenen Anstieg bei 8,3 Millionen.

Leistungen anheben und regelmäßig erhöhen

Um eine finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen zu vermeiden, plädiert Straub dafür, dass die Leistungsbeträge der sozialen Pflegeversicherung einmalig angehoben und dann regelmäßig dynamisiert werden. Die von der Politik für den Jahreswechsel geplante Anhebung der Pflegesachleistungsbeträge sowie die Einführung eines Leistungszuschlages bei vollstationärer Pflege seien erste wichtige Schritte.

Der ab dem kommenden Jahr vorgesehene jährliche Steuerzuschuss in Höhe von einer Milliarde Euro solle im Gleichschritt mit den jährlichen Ausgaben der Pflegeversicherung ansteigen. „Die künftige Bundesregierung will die Pflegebedürftigen mittelfristig in Bezug auf die steigenden Eigenanteile in der stationären Pflege entlasten. Auch die Prüfung zur weiteren Senkung der Eigenanteile ist ein wichtiges Element“, so Barmer-Vorstandschef Straub.

Infografik zum Barmer Pflegereport 2030: Hunderttausende zusätzliche Pflegekräfte benötigt, bis 2030 circa 180.000

Diese Grafik zeigt, unterteilt nach Fachkräften, Hilfskräften mit Ausbildung und Hilfskräften ohne Ausbildung, eine Prognose, wie viele Pflegekräfte bis 2060 in Deutschland benötigt werden, um die steigende Zahl an pflegebedürftigen Menschen zu versorgen.

Den drohenden Pflegenotstand abwenden

Wie aus dem Barmer-Pflegereport weiter hervorgeht, werden in weniger als zehn Jahren knapp drei Millionen Pflegebedürftige ausschließlich von ihren Angehörigen gepflegt und damit rund 630.000 mehr als im Jahr 2020. Zudem wird es insgesamt eine Million Menschen vollstationär und 1,17 Millionen durch ambulante Pflegedienste versorgte Menschen geben.

Dies entspricht einem Anstieg um gut 200.000 Betroffene (+26 Prozent) in Pflegeheimen und 165.000 Personen, die ambulant versorgt werden (+16 Prozent). „Angesichts der steigenden Zahl Pflegebedürftiger und der bereits heute großen Zahl an fehlenden Pflegekräften ist Deutschland auf dem besten Wege, in einen dramatischen Pflegenotstand zu geraten.

Um diesen abzuwenden, muss die künftige Bundesregierung vor allem die Ausbildung attraktiver machen. Es muss mehr Nachwuchs für die Pflege gewonnen werden“, sagt Straub.

Angehörige sind und bleiben der größte „Pflegedienst“ überhaupt

Die Hauptlast bei der Pflege von Menschen in Deutschland tragen weiterhin die Angehörigen. Ohne deren unermüdlichen Einsatz als größter Pflegedienst wird es auch künftig nicht gehen.

Deshalb ist es laut Barmer-Chef Straub auch ein wichtiger Schritt, dass die künftige Bundesregierung eine Lohn-Ersatzleistung im Falle pflegebedingter Auszeiten für pflegende Angehörige und Nahestehende einführen möchte. "Wir können es uns nicht leisten, dass deren Hilfsbereitschaft an der Last der Pflege zerbricht und an der Tatsache, dass sie Pflege zum Nulltarif leisten müssen", so Straub.

Dann müssten mehr Menschen stationär versorgt werden, obwohl sie lieber von pflegenden Angehörigen zu Hause betreut würden. Der Barmer-Pflegereport 2018 hatte zutage gebracht, dass viele pflegende Angehörige an der Belastungsgrenze arbeiten, vergleichsweise häufig krank sind und kurz davor stehen, die persönliche Betreuung und Pflege aufzugeben.

Mit dem digitalen Pflegeantrag in wenigen Minuten Unterstützungsleistungen beantragen

Die Barmer ermöglicht es pflegenden Angehörigen, Pflegeanträge digital zu stellen. So können Betroffene innerhalb weniger Minuten Unterstützungsleistungen beantragen. Darüber hinaus bietet die Barmer ihren Versicherten kostenlos das Seminar „Ich pflege – auch mich“ an.

In mehreren Modulen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem, wie sie sich trotz der anstrengenden Pflegesituation entlasten können. Pflegende Angehörige können auch individuelle häusliche Schulungen anfordern.

Hier kommt eine Pflegefachkraft nach Hause und informiert die Pflegeperson, wo sie die Pflege optimieren und auch sich selbst entlasten kann.

Zum Barmer Pflegereport 2021