Warum sind soziale Medien für viele Menschen zu einem unverzichtbaren Teil ihres Lebens geworden? Und was kann man tun, wenn der ständige Blick auf Smartphone und Tablet überhandnimmt?
Wer kennt das nicht. Kaum aufgewacht, greift der moderne Mensch zum Smartphone, prüft die wichtigsten Nachrichten und schaut, was in den Stunden seiner Abwesenheit bei Instagram, TikTok und Co. passiert ist. Zunehmend mehr Menschen achten dabei nicht allein auf die eigentlichen Neuigkeiten, sie brennen darauf zu erfahren, wie andere Menschen auf das reagiert haben, was sie noch am Abend selbst veröffentlicht haben. Die Likes der digitalen Beobachter werden zur Währung, zur Messlatte für die eigene Anerkennung, die man in sozialen Medien erfährt. „Wenn man ein Like erhält, schüttet das Gehirn das Glückshormon Endorphin aus. Man fühlt sich gut. Wird ein neuer Rekord an Zuspruch erreicht, schüttet es besonders viele Endorphine aus“, erklärt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der BARMER. Doch wer mit dem Hormonfahrstuhl nach oben fährt, der bleibt oft auch nicht vom emotionalen Abstieg verschont. Sinkt der digitale Zuspruch, schüttet das Gehirn wesentlich weniger Glückshormone aus. Auch vor Stresshormonen bleiben wir nicht verschont, wenn der Blick ungeduldig nach Hinweise einer Interaktion auf dem Smartphone Ausschau hält. Aus dem Stimmungshoch kann so schnell ein Tief werden.
Wann Medienkonsum zum Problem wird
Andrea Jakob-Pannier betont, dass die intensive Nutzung von Smartphone, Tablet oder Computer für sich genommen kein Problem ist. Moderne Kommunikationsmittel gehören heute zu unserem Alltag. Sie beschreibt stattdessen charakteristische Merkmale für eine Medienabhängigkeit. Problematisch wird es, wenn Internet und Co. zum Lebensmittelpunkt werden und die reale Welt ins Hintertreffen gerät. Oft kommt es dann zu einer Störung des Tag- und Nachtrhythmus, Schlafmangel und Leistungsdefizite sind die Resultate. Im schlimmsten Fall führt das zu massiven sozialen Problemen in Schule und Beruf.
Tipps für „good vibrations“
Soweit muss es nicht kommen. Die Psychologin rät, zunächst einmal darüber nachzudenken, wie man digitale Medien nutzt. Wie viel Zeit geht dafür drauf, vor allem im privaten Bereich? Und welcher Gewinn wird daraus gezogen? Sind die Emotionen, die Erfahrungen und das Wissen, das man aus sozialen Medien erhält, für das eigene Leben tatsächlich wichtig oder vielleicht doch eher ein banales Geplätscher, das sogleich wieder vergessen ist? Steht fest, wie viel Zeit für Smartphone und Co. anfallen, kann man sich klarer Gedanken machen über analoge Alternativen, die vielleicht in Vergessenheit geraten sind. Sportliche Bewegung ist eine bewährte Alternative. Sie sind ebenso dazu in der Lage unser Belohnungssystem verlässlich anschlagen zu lassen. Für Menschen, die moderne Medien exzessiv nutzen, hat die Psychologin auch einen Vorschlag: „Man kann mit sich selber vereinbaren, wieviel Zeit pro Tag dem Smartphone gehören soll!“ Wer selber aktiv in sozialen Medien ist und dabei die Messlatte der Likes und Views immer höhergeschraubt hat weiß, dass kein Mensch dauerhaft in der Lage ist, neue Rekorde aufzustellen. Likes sind zwar nett, aber sie sind bei weitem nicht der einzige Maßstab für Zufriedenheit. „Ein gutes Verhältnis zu Freunden oder zur Familie und Kollegen ist allemal wichtiger und sorgt viel direkter dafür, dass man sich gut fühlen kann“, fasst Jakob-Pannier zusammen.