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Leisure-Sickness-Syndrom: Wenn die Entspannung zu spät kommt

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Wochenlang war der Stress im Privat- oder Berufsleben groß. Lässt er endlich nach, wird man plötzlich krank. Das Phänomen heißt Leisure Sickness oder auch Freizeitkrankheit. Wie sie entsteht und sich psychologisch gegensteuern lässt.

Kaum ist die stressige Arbeitszeit vorüber und der Urlaub beginnt, bekommen viele Menschen Kopfschmerzen, Erkältungssymptome und allgemeine Erschöpfung. Das Szenario ist als Leisure-Sickness-Syndrom bekannt und kein Einzelfall. 2017 befragte das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Internationalen Hochschule Bad Honnef mehr als 2.000 Personen dazu. Gut ein Fünftel der Deutschen aller Berufsgruppen hatte es schon selbst erlebt.

Nervensystem in Schieflage

Es gibt mehrere Erklärungsansätze für Leisure Sickness. Die herrschende Meinung geht von einem Zusammenhang zwischen Stress und der Antwort des Körpers darauf aus. „Grundlage ist das Wechselspiel von Sympathikus und Parasympathikus im vegetativen Nervensystem. Stress aktiviert den Sympathikus. Die Konzentration wird hochgefahren, der Herzschlag beschleunigt und die Muskeln werden verstärkt mit Sauerstoff versorgt. So bereitet der Körper uns vor, es mit einem Aggressor aufzunehmen oder vor ihm fliehen zu können“, sagt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer. Ist die Gefahr aus dem Weg, übernimmt normalerweise wieder der Parasympathikus. So folgt auf den Stress eine Phase der Entspannung. „Bei anhaltendem Stress steht der Körper aber kontinuierlich unter erhöhtem Einfluss der Hormone Adrenalin und Cortisol. Der verspätete Wechsel zum Parasympathikus kann sich dann durch starke Symptome wie eine geschwächte Immunabwehr, Kopfschmerzen und Schlappheit auswirken“, sagt Jakob-Pannier. Ein immer wiederkehrendes Leisure-Sickness-Syndrom kann auch ein Warnzeichen für beginnende Depressionen sein. Daher sollte in solchen Fällen professionelle Hilfe, wie zum Beispiel ein Arztbesuch, erwogen werden.

Rechtzeitig gegensteuern

Am besten ist, es gar nicht erst zu den Ausfallerscheinungen kommen zu lassen. „In der Regel spürt man, wenn man sich in einer längeren Hochstressphase befindet“, sagt Jakob-Pannier. Typische Symptome seien Müdigkeit, Reizbarkeit und gedankliches Nicht-Abschalten-Können. Dann sei es angesagt, rechtzeitig zu reagieren und der Entspannung eine Chance zu geben. Zum Beispiel, indem während oder nach der Arbeit ein Bewegungsprogramm eingebaut werde. Ein 20-minütiger Spaziergang könne hier schon helfen, um den Kopf freizubekommen. Auch ausreichend zu schlafen sei wichtig, um sich zu erholen. Falle das Einschlafen schwer, könnten Übungen wie progressive Muskelentspannung helfen. „Oftmals sind es schon kleine Dinge, die beim Stressabbau helfen können. Wichtig ist, sich dafür ganz bewusst die Zeit zu schaffen“, so Jakob-Pannier.