Stimmungsschwankungen, Energiehochs, Heißhunger, viele Frauen kennen solche wechselnden Phasen ihres Zyklus. Doch statt sie als lästige Nebenwirkungen hinzunehmen, richten immer mehr Frauen ihren Alltag bewusst nach den vier Phasen ihres Zyklus aus. Das Prinzip nennt sich Cycle Syncing. Wie das genau funktionieren kann, verrät dieser Ratgeber.
„Cycle Syncing bedeutet nicht, sich dem Zyklus unterzuordnen, sondern seine Kraft gezielt zu nutzen“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER. Der weibliche Zyklus besteht demnach aus vier Phasen: Menstruation, Follikelphase, Ovulation, also dem Eisprung und der Lutealphase. In jeder Phase dominieren unterschiedliche Hormone und damit auch unterschiedliche körperliche und emotionale Bedürfnisse.
Die vier Phasen des weiblichen Zyklus
Menstruation (Tag 1–5): Rückzug und Reflexion. Mit dem Einsetzen der Blutung sinken die Spiegel der Hormone Östrogen und Progesteron auf ihren Tiefpunkt. Viele Frauen fühlen sich dann erschöpft und brauchen mehr Ruhe. „In dieser Phase ist es völlig in Ordnung, sich zurückzuziehen, Nein zu sagen und mehr Schlaf zuzulassen“, erklärt Marschall. Meditation, sanftes Yoga oder auch Tagebuchschreiben können helfen, in sich hineinzuhorchen.
Follikelphase (Tag 6–13): Energie tanken. Nach der Menstruation steigt das Hormon Östrogen, die Energie kehrt zurück. Jetzt ist die ideale Zeit, um neue Projekte zu starten oder kreative Ideen umzusetzen. „Diese Phase fühlt sich oft wie ein innerer Frühling an, also voller Aufbruchsstimmung“, sagt Marschall. Auch intensive Workouts wie Krafttraining oder Cardio seien jetzt besonders effektiv.
Ovulation (Tag 14–17): Kommunikation und Klarheit. Der Eisprung markiert den hormonellen Höhepunkt. Östrogen und Testosteron sorgen für Selbstbewusstsein und Kommunikationsstärke. „In dieser Phase fällt es leicht, sich zu zeigen, zu netzwerken oder Präsentationen zu halten“, sagt Marschall.
Lutealphase (Tag 18–28): Fokus und Fürsorge. Nach dem Eisprung steigt das Progesteron. Viele Frauen werden ruhiger und introvertierter. Gleichzeitig nimmt die Konzentrationsfähigkeit zu. „Diese Phase eignet sich perfekt für To-Do-Listen, Aufräumen und organisatorische Aufgaben“, sagt Marschall. Sportarten wie Pilates oder Spaziergänge können den Körper sanft unterstützen. Um eventuelle Regelschmerzen zu lindern, rät sie vor allem zu einer anti-entzündlichen Ernährung.
Cycle Syncing im Alltag
Cycle Syncing bedeutet nach Angaben von Marschall nicht, das ganze Leben auf den Zyklus zu „trimmen“, sondern vielmehr, bewusste Mikro-Anpassungen im Alltag vorzunehmen. Viele Frauen dokumentieren ihren Zyklus mit Apps oder Tagebuch und stimmen Termine, Ernährung und Bewegung bewusst darauf ab. Wer weiß, dass die Menstruation naht, plant bewusst ruhigere Tage ein, legt wenn möglich wichtige Meetings in die Ovulationsphase oder gestaltet die Lutealphase produktiv, aber unbedingt zurückgezogen. „Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Balance. Der Zyklus ist wie eine innere Landkarte, die uns Orientierung gibt“, erläutert Marschall.
Wissenschaft und Körperintelligenz vereint
Obwohl Cycle Syncing noch kein offizieller medizinischer Standard ist, basiert das Konzept auf hormonellen Grundlagen. Schmerzempfinden, Stressresistenz oder sportliche Leistungsfähigkeit verändern sich über den Zyklus hinweg. Der wissenschaftliche Nachweis des Effektes steht noch aus, aber auch die eigene Körperwahrnehmung ist schon hilfreich. Wer beginnt, auf den eigenen Rhythmus zu hören, kann häufig Veränderungen erleben. Dazu können mehr Energie, weniger Regelschmerzen und ein tieferes Verständnis für sich selbst zählen. „Wenn wir lernen, mit unserem Zyklus statt gegen ihn zu leben, erschließen wir eine Quelle von Energie, Klarheit und Selbstakzeptanz“, so das Fazit von Dr. Ursula Marschall.