Arbeitsrecht & Sozialversicherungsrecht

Arbeitsunfähigkeit: Regelung und Nachweis

Lesedauer

unter 3 Minuten

Redaktion

  • Internetredaktion Barmer

Qualitätssicherung

  • MBO-Verlag

Was bedeutet Arbeitsunfähigkeit?

Laut § 2 AU-RL liegt eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Sozialversicherung vor, wenn Versicherte aufgrund von Krankheit ihre zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen können.

Das Bundesarbeitsgericht definiert Arbeitsunfähigkeit als "einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der den Arbeitnehmer daran hindert, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, oder ihn in Gefahr bringt, sie nur unter Verschlechterung seines Gesundheitszustandes erbringen zu können". Kurz gesagt: Arbeitsunfähigkeit ist die persönliche Arbeitsverhinderung aufgrund von Krankheit.

Arbeitsunfähigkeit in Abhängigkeit zum Krankheitszustand?

Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die eine Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen.

Gilt auch bei der Wiedereingliederung eine Arbeitsunfähigkeit?

Arbeitsunfähigkeit besteht auch während einer stufenweisen Wiedereingliederung fort. Arbeitslose sind arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage sind, leichte Arbeiten in einem Umfang zu verrichten, für den sie sich bei der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Die vorherige Tätigkeit ist unerheblich.

Die Teilnahme an einer stationären Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation (Kur), die ein Träger der gesetzlichen Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung oder ein sonstiger Sozialleistungsträger bewilligt hat, ist nicht wie eine Arbeitsunfähigkeit zu bewerten (vgl. Ausnahmetatbestände § 3 AU-RL), es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit bestand bereits vor Beginn der Leistung, besteht fort oder wurde durch eine interkurrente Erkrankung ausgelöst.

Wann muss eine Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen werden?

Eine Arbeitsunfähigkeit müssen Arbeitnehmende dem Betrieb nach § 5 Abs. 1 EFZG unverzüglich anzeigen, das heißt ohne schuldhaftes Zögern. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage dauert. Die Bescheinigung wird elektronisch von der Praxis an die Krankenkasse übermittelt. Das Unternehmen ist berechtigt, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher zu verlangen. Dieses wurde mit Urteil des Bundesarbeitsgerichtes bestätigt (BAG, Urteil vom 14.11.2012 – 5 AZR 886/11).

Solange Mitarbeitende ihrer Nachweispflicht schuldhaft nicht nachkommen, kann das Unternehmen die Entgeltfortzahlung verweigern. Darüber hinaus kommt nach Ausspruch einer Abmahnung auch eine verhaltensbedingte Kündigung infrage.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat einen hohen Beweiswert. Eine im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat grundsätzlich keinen geringeren Beweiswert, muss aber erkennen lassen, dass der Arzt zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit unterscheidet.

Ernsthafte Zweifel des Betriebes können den Beweiswert erschüttern. Vom Bundesarbeitsgericht bejaht wurde dies zum Beispiel bei Schwarzarbeit während der Arbeitsunfähigkeit oder für den Fall, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit angekündigt hat, wenn er den beantragten Urlaub nicht erhält.

Hat der Arbeitgeber Zweifel, so kann er verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachterliche Stellungnahme des MD zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt (§ 275 Abs. 1a Satz 3 SGB V).

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Das bisherige Nachweisverfahren für die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit wurde zum 01.01.2022 von einem formularbasierten auf einen elektronischen Übermittlungsweg umgestellt. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ist seit 01.01.2023 auch verpflichtend für Arbeitgeber: Die Krankenkassen stellen den Arbeitgebern nach Eingang der digitalen Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum elektronischen Abruf bereit, die folgende Daten enthält:

  • den Daten des Beschäftigten,
  • den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
  • das Datum der Ausstellung der Krankschreibung und
  • die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung.

Der Abruf durch die Betriebe erfolgt mit einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm oder mit dem SV-Meldeportal. Das Verfahren gilt für gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – einschließlich der geringfügig Beschäftigten. Bei geringfügig Beschäftigten kann die Minijob-Zentrale die Arbeitsunfähigkeitsdaten zum Zwecke der Durchführung des U1-Verfahrens nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz ebenfalls bei den Krankenkassen elektronisch abrufen.

Wechseln Mitarbeitende während einer Arbeitsunfähigkeit die Krankenkasse, übermittelt die bisherige Krankenkasse seit dem 1.4.2024 die AU-Daten an die neue Krankenkasse.

Mitarbeitende haben gegenüber ihrem Unternehmen die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich mitzuteilen. Die Pflicht zur Vorlage ihrer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform bei Arbeitgebern ist aber in den Fällen, in denen das neue elektronische Abrufverfahren greift, entfallen.

Das digitale Verfahren zur Prüfung von Vorerkrankungen läuft übrigens unabhängig von der neuen Übermittlungsmethode der Krankschreibungen weiter.

Qualitätssicherung