Verantwortung übernehmen, Veränderungen bewirken, etwas zurückgeben – das ist möglich beim Ehrenamt im Verwaltungsrat der Barmer. Im Gespräch erzählt Katrin von Löwenstein von ihrer Begeisterung für die basisdemokratische Mitbestimmung als Verwaltungsrätin einer großen Ersatzkrankenkasse. Hauptberuflich arbeitet die 46-Jährige als Führungskraft bei der Bundesagentur für Arbeit. Was sie in ihrem Ehrenamt antreibt? Klare Ziele und eine starke persönliche Motivation. Ganz besonderes Augenmerk legt sie auf die Chancengleichheit für Kinder in der Gesundheitsversorgung und einen schnelleren Zugang zu Psychotherapie. Katrin von Löwenstein erzählt, was man im Verwaltungsrat der Barmer alles bewegen kann und warum Haltung, Herz und Durchhaltevermögen wichtige Eigenschaften bei einem Ehrenamt sind.
Verantwortung aus vollem Herzen: Katrin von Löwenstein und ihr Ehrenamt im Verwaltungsrat der Barmer
Redaktion:
Constanze Löffler (Autorin und Ärztin, Nerdpol – Redaktionsbüro für Medizin- und Wissenschaftsjournalismus)Katrin von Löwenstein, 46, ist vieles: Führungskraft. Vereinsvorsitzende. Mutter. Motorradfahrerin. Und sie ist ehrenamtliches Mitglied im Verwaltungsrat der Barmer. Was nach einem übervollen Terminkalender klingt, ist für sie vor allem eines: sinnstiftend.
„Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben“, sagt Katrin von Löwenstein. Nach einem Zusatzstudium in Arbeits- und Wirtschaftsrecht suchte sie nach einem Engagement, das zu ihr passt. Ein Amt als Laienrichterin? Es war nichts frei. Ihr Schwiegervater, selbst Richter, Gewerkschafter und erfahrener Ehrenamtler, brachte sie auf eine andere Idee: Wie wäre es mit dem Verwaltungsrat einer Krankenkasse? „Gesundheitspolitik fand ich spannend und genau wie mein Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit, sind die Ersatzkrankenkassen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Damit kannte ich mich aus.“ Zunächst stieg von Löwenstein stellvertretend beim Verwaltungsrat der Barmer ein und merkte dann schnell: „Das ist mein Ding.“
Mitgestaltung im Verwaltungsrat
Heute ist die Dreifach-Mutter nicht nur ordentliches Mitglied, sondern seit 2023 auch Teil des Präsidiums. Sie bereitet Sitzungen mit vor, berät mit ihrem Gremium über die verschiedenen Themen und bringt sich unter anderem im Finanzausschuss mit Fachkenntnis und Haltung ein. „Klar, ein gewisses Vorwissen ist nicht schlecht, aber man kann sich in alles einarbeiten. Das Wichtigste ist eine gewisse Offenheit, Interesse für die Themen und der Wille, etwas zu bewegen.“
Die thematischen Schwerpunkte der Baden-Württembergerin sind:
- Chancengleichheit für Kinder in der medizinischen Versorgung
- Ein schnellerer Zugang zu Psychotherapie
„Beides bewegt mich beruflich und persönlich. Ich habe im Nebenfach Psychologie studiert, daher begleitet mich das Thema mentale Gesundheit schon lange. Und als Mutter sehe ich, wie ungleich die Gesundheitsversorgung von Kindern je nach sozialem Hintergrund noch immer ist. Das darf nicht sein, schließlich sind Kinder unsere Zukunft“, sagt Katrin von Löwenstein.
Verwaltungsrätin Katrin von Löwenstein setzt sich zum Beispiel für Chancengleichheit für Kinder in der medizinischen Versorgung ein.
Einsatz gegen soziale Ungerechtigkeit
Dass sich Katrin von Löwenstein für soziale Gerechtigkeit einsetzt, hat auch persönliche Gründe. Sie wuchs mit drei Geschwistern auf. Ihr Vater starb früh, die Mutter musste die Kinder alleine groß ziehen. „Ich weiß, wie es ist, wenn man plötzlich vor dem Nichts steht: Nach dem Studium war ich eine Zeit lang arbeitslos und musste von staatlicher Unterstützung leben.“
Auch gesundheitliche Herausforderungen sind ihr nicht fremd: Ihr ältester Sohn kam mit einem Herzfehler zur Welt.
Heute ist sie als Führungskraft bei der Bundesagentur für Arbeit erfolgreich – sie kennt also beide Seiten: „In meinem Job sehe ich jeden Tag, welche Auswirkungen soziale Probleme auf Menschen haben. Das treibt mich an. Ich will nicht, dass jemand durch das Raster fällt.“
Erfolge, die zählen
Was Katrin von Löwenstein an ihrer Arbeit im Verwaltungsrat besonders schätzt, ist der Perspektivwechsel. „Wir sind keine Expertinnen und Experten in der Sache, machen den Job nicht haupt-, sondern ehrenamtlich“, sagt die 46-Jährige. „Wir schauen aus der Perspektive der Menschen auf die Barmer und fragen uns, ob die Krankenkasse so läuft, wie man es sich als Versicherte wünscht. Das ist im besten Sinne basisdemokratisch."
Oft braucht es einen langen Atem, bis Veränderungen sichtbar werden: „Doch wenn wir zum Beispiel eine neue Leistung durchsetzen können, dann ist das ein richtig gutes Gefühl." Ein konkreter Erfolg, auf den von Löwenstein besonders stolz ist? „Die Übernahme der Meningokokken-B-Impfung für Kinder.“
Zwischen Beruf, Ehrenamt und Familie
Doch wie bringt man Ehrenamt, Beruf und Familie unter einen Hut? „Mit viel Organisation, Struktur und Disziplin, aber vor allem mit Rückhalt von Familie, engen Freunden und Arbeitgeber“, sagt Katrin von Löwenstein. Sie hat einen verständnisvollen Arbeitgeber, der ihr große Flexibilität ermöglicht. Oft arbeitet sie parallel für Job und Ehrenamt, mit dem Laptop in den Sitzungspausen oder zwischen zwei Terminen. „Das geht natürlich nur, wenn das Umfeld mitzieht.“ Zudem sei es wichtig, sich um sich selbst zu kümmern und Zeit für sich zu haben, betont sie: „Ich mache viel Sport, fahre Motorrad und höre auf Dienstreisen gerne Hörbücher."
Mehr Sichtbarkeit für das Ehrenamt
Katrin von Löwensteins ehrenamtliches Engagement endet nicht beim Verwaltungsrat. Als Vorsitzende des Vereins Barmer VersichertenGemeinschaft e.V. - Die Unabhängigen, der sie für den Verwaltungsrat nominiert hat, organisiert sie Veranstaltungen, gibt Interviews und knüpft wichtige Kontakte. Seit Frühjahr 2025 ist sie außerdem stellvertretende Verwaltungsrätin im Medizinischen Dienst Baden-Württemberg.
Gern würde sie mehr junge Menschen für die Selbstverwaltung begeistern und das Ehrenamt damit sichtbarer machen. „Es ist viel zu wenig bekannt, dass man wirklich etwas bewegen kann.“ Hat sie noch einen Wunsch im Hinblick auf ehrenamtliches Engagement? „Mehr Anerkennung! Schließlich lebt unsere Gesellschaft davon."
Wie wird man Mitglied im Verwaltungsrat?
- Die Mitglieder des Verwaltungsrats werden alle sechs Jahre bei der Sozialwahl aufgrund von Vorschlagslisten gewählt.
- Die Mitarbeit im Verwaltungsrat ist ein Ehrenamt. Man bekommt eine Aufwandsentschädigung – sie variiert nach Aufwand und Verantwortlichkeit der einzelnen Mitglieder.
- Erforderlich sind ein Interesse an Gesundheitspolitik, gesellschaftliches Engagement und 5 bis 10 Stunden Zeit pro Woche.
- Wer mitmachen möchte, sollte sich rechtzeitig bei einer der vorschlagsberechtigten Vereinigungen informieren und sich dort einbringen.