Berichte von den Sitzungen des Verwaltungsrats und wichtigen Veranstaltungen
Selbstverwaltung - Brücke zwischen Bürger/innen und Politik
Die Selbstverwaltung steht für Mitbestimmung, Eigenverantwortung und praxisnahe Entscheidungen. Doch ihre Autonomie wird zunehmend eingeschränkt. Wie steht es um das Vertrauen in die Selbstverwaltung? Darüber hat der Verwaltungsrat der Barmer am 31. März 2025 mit der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Schröder sowie rund 200 Gästen am Sitz der Barmer bei der Veranstaltung „Von der Vertreterversammlung bis heute“ in Berlin lebhaft diskutiert.
Unterschiedliche Meinungen sind keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung. Fortschritt entsteht durch Dialog - nicht durch das Verstummen anderer. Lasst uns weiter Brücken bauen statt Mauern, appellierte die Verwaltungsratsvorsitzende.
Barmer-Verwaltungsrat zu Koalitionsverhandlungen - Licht und Schatten im Papier der AG Gesundheit/Pflege
Anlässlich seiner Sitzung am 1. April 2025 in Berlin hat der Verwaltungsrat der Barmer die angehenden Koalitionäre von Union und SPD aufgefordert, politische Maßnahmen zur zukunftssicheren Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu beschließen. „Wir begrüßen die ersten wichtigen Signale von Union und SPD zur Stabilisierung der Beitragssätze in der Kranken- und Pflegeversicherung. Wir fordern, dass die beabsichtigte vollständige Übernahme versicherungsfremder Leistungen letztlich auch Eingang in den Koalitionsvertrag findet und vor allem umgesetzt wird“, so die Barmer-Verwaltungsratsvorsitzende Sylvi Krisch. Die milliardenschweren Kosten für die Krankenversicherung von Bürgergeld-Beziehenden, für die Transformation stationärer Versorgungsstrukturen und die Corona bedingten Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung gehörten endlich zu 100 Prozent aus Steuermitteln finanziert.
Einnahmeorientierte Ausgabenpolitik als Kernstrategie
Erhebliche Bauchschmerzen bereite dem Verwaltungsrat der Barmer hingegen die Tatsache, dass die angehenden Koalitionäre wohl aus lauter Freude vor dem kreditfinanzierten Geldsegen es vergessen hätten, die ausufernden Ausgaben der Krankenversicherung ins politische Visier zu nehmen. Krisch: „Klug investieren muss auch im Gesundheitswesen mit sinnvollem Sparen einhergehen. Angesichts bisher nie dagewesener Ausgabensteigerungen stimmt es mehr als nachdenklich, dass Politik anscheinend nicht bereit ist, auch im Sinne der Beitragszahlenden finanzielle Entlastungen durch sinnvolle Ausgabenbegrenzungen herbeizuführen.“ Die zukünftige Bundesregierung müsse auf die in der Vergangenheit im Gesundheitswesen bereits bewährte Strategie einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik setzen. Im Ergebnispapier formulierte Maßnahmen wie etwa eine Entbudgetierung von Fachärzten in unterversorgten Regionen, eine Pharmastrategie mit ausgabentreibenden Wirkungen oder eine Schließung der Betriebskostenlücke bedarfsnotwendiger Krankenhäuser dürften angesichts der Rekordbelastung der Beitragszahlenden und ausufernder Lohnnebenkosten keinesfalls Eingang in den Koalitionsvertrag finden.
Mentale Erste Hilfe: Warnsignale erkennen und richtig reagieren
Die Anzahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei denen eine psychische Erkrankung diagnostiziert wird, ist in den letzten sechs Jahren deutlich gestiegen. Psychische Erkrankungen beginnen oft im Jugendalter und können sich mit der Zeit verschlimmern, wenn sie nicht behandelt werden. Deshalb ist es wichtig, auf Warnsignale zu achten und zu reagieren, damit psychische Belastungen sich nicht zu einer dauerhaften Erkrankung entwickeln.
Jugend und junges Erwachsenenalter sind eine aufregende und turbulente Zeit, im positiven wie im negativen Sinne. Es finden weitreichende Veränderungen im Körper statt, der Hormonhaushalt justiert sich neu und das Gehirn strukturiert sich um. Zugleich wandeln sich soziale Beziehungen und Rollen intensiver und schneller als in anderen Phasen des Lebens. Damit einher gehen auch Enttäuschungen, Zweifel und psychische Belastungen. Das ist normal und alle Menschen erleben diese Herausforderungen auf dem Weg ins Erwachsenenleben mehr oder weniger intensiv. Wir wissen aber auch, dass über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen erstmals vor dem 19. Lebensjahr auftritt. Deshalb ist es wichtig, gerade bei jungen Menschen besonders auf Warnsignale zu achten, damit aus einer belastenden Episode keine dauerhafte Erkrankung entsteht. Und damit dort, wo tatsächlich eine psychische Erkrankung vorliegt, früh reagiert werden kann.
Anstieg der Diagnosen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) hat untersucht, wie sich die Diagnosen psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit 2018 entwickelt haben. Diese Analyse beschreibt eine Entwicklung, die Sorgen macht. Eine depressive Episode wurde im Jahr 2023 in Deutschland bei rund 400 Tausend Menschen zwischen 13 und 24 Jahren diagnostiziert. Das sind 30 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Noch deutlicher fällt der Anstieg bei phobischen Störungen mit plus 65 Prozent und bei anderen Angststörungen mit plus 46 Prozent innerhalb von sechs Jahren aus.
Hinschauen und helfen, damit aus Belastungen keine Krankheit entsteht
Weil Jugendliche und junge Erwachsene sich in einer sensiblen Umbruchphase in ihrem Leben befinden, ist Unterstützung in belastenden und überfordernden Phasen besonders wichtig. Damit diese Menschen nicht langfristig krank werden, gilt es hinzuschauen und zu reagieren. Wichtig ist, die erlebte Belastung anzuerkennen, sie nicht kleinzureden, und das Gespräch zu suchen – sei es in der Familie oder unter Freunden.
Gerade junge Menschen sind aber oft unsicher, welche Anzeichen auf psychische Erkrankungen hinweisen und wie sie mit Angehörigen oder Freunden umgehen sollen, bei denen sie solche Anzeichen wahrnehmen. Besonders schwierig ist das für Jugendliche und junge Erwachsene, die erstmals mit einer solchen Situation konfrontiert werden.
Mentale Erste Hilfe schafft Sicherheit im Umgang mit Betroffenen
Deshalb hat die Barmer gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention einen Kurs für mentale Erste Hilfe entwickelt. Seit November 2024 bietet sie kostenfreie Online-Seminare an, für die sich alle Interessierten anmelden können. Parallel wird derzeit ein digitaler Kurs entwickelt, der jederzeit individuell absolviert werden kann und in drei Modulen wesentliche Grundlagen vermittelt: Wie erkennt man Anzeichen psychischer Erkrankungen? Welche Anlaufstellen und Hilfsmöglichkeiten gibt es? Wie kann man sensibel und wertschätzend mit Betroffenen über Belastungen und Sorgen sprechen? Aber auch: Wie stärkt man die eigene psychische Gesundheit, damit sich psychische Belastungen nicht verstetigen?
Mit diesem Angebot und einer begleitenden deutschlandweiten Kampagne will die Barmer das Bewusstsein dafür schärfen, Warnsignale frühzeitig zu erkennen, und Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind. Zugleich werden grundlegendes Wissen und Fähigkeiten vermittelt, um Menschen mehr Sicherheit zu geben, wenn sie Freunden und Angehörigen in psychisch belastenden Phasen zur Seite stehen wollen.