Zu sehen ist eine Frau, die sich den Mund mit einem gelben Klebeband zugeklebt hat
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Mouth Taping – Gute Idee oder Unsinn?

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Ausreichend guter Schlaf ist die Voraussetzung für körperliche und seelische Gesundheit, für Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden. Für einen gesunden Schlaf gibt es zahlreiche Tipps. Eine neue Methode wird gerade in vielen sozialen Medien angepriesen, das sogenannte Mouth Taping. Unser Ratgeber beschäftigt sich damit, wie ein Pflaster zu besserem Schlaf verhelfen soll und was aus medizinischer Sicht davon zu halten ist.

Beim Mouth Taping, auf Deutsch Mund-Kleben, werden vor dem Zubettgehen die Lippen mit einem Pflaster oder Klebeband zugeklebt. Das soll die Atmung durch den Mund verhindern und die Nasenatmung forcieren. Denn durch die Nase atmen ist gesünder. Viele Menschen berichten in den sozialen Medien davon, dass dies zu einem besseren Schlaf führe und sie nach dem Aufstehen fitter und ausgeruhter seien. Sogar das Immunsystem soll davon profitieren. „Das Atmen durch die Nase ist grundsätzlich positiv. Die Luft wird beim Einatmen erwärmt und befeuchtet. Gleichzeitig wird sie durch die feinen Härchen in der Nase gereinigt. Die in der Nasenschleimhaut sitzenden Immunzellen bilden als Reaktion auf Staub, Erreger und Pollen Antikörper und stärken so die körpereigene Abwehr“, sagt Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der BARMER. Beim Atmen durch den Mund gelangt die Luft hingegen unangewärmt und ungefiltert in die Lunge. Das kann das Eindringen von Krankheitserregern begünstigen. Oft trocknet auch der Rachen aus, was wiederum die Abwehrleistung der Schleimhaut schwächt. Wer im Schlaf überwiegend durch den Mund atmet, merkt dies nach dem Aufwachen oft an einem trockenen Mund und Rachen. Auch Schnarcher und Schnarcherinnen atmen überwiegend durch den Mund. Es ist also gesünder, durch die Nase zu atmen. Aber sollte man sich deshalb nachts die Lippen zukleben?

Mouth Taping ohne nachgewiesenen Nutzen

„Wenn man gesund ist und nicht gerade erkältet, atmet man in der Regel nachts ohnehin durch die Nase, manchmal auch etwas durch den Mund. Das ist ganz normal. Wer Probleme mit der nächtlichen Atmung hat oder sogar unter Schlafstörungen leidet, sollte unbedingt der Ursache auf den Grund gehen und ärztlichen Rat einholen“, rät Petzold. Ursache kann beispielsweise eine Schlafapnoe sein, bei der es zu nächtlichen Atemaussetzern kommt. In diesem Fall sind eine Untersuchung im Schlaflabor und eine geeignete Therapie unter ärztlicher Betreuung sinnvoll. Insgesamt sind Schlafprobleme individuell zu betrachten und können viele Ursachen haben. Man sollte deshalb nicht versuchen, sie mit Selbsthilfemaßnahmen wie Mouth Taping zu lösen. Die Methode hat zudem aus wissenschaftlicher und schlafmedizinischer Sicht bisher keinerlei Nutzen nachweisen können. Ersticken kann man durch den mit einem Pflaster zugeklebten Mund nicht. Die Selbsterhaltungssysteme des Körpers sorgen dafür, dass man wach wird oder den Mund so stark öffnet, dass sich das Pflaster löst. Allerdings kommt es vorher zu einem bedenklichen Abfall des Sauerstoffgehalts im Blut, weshalb das Selbsterhaltungssystem überhaupt erst anspringt. Und das kann auf Dauer gesundheitsschädlich wirken. Abgesehen davon ist die Mundpartie eine der empfindlichsten Hautregionen und wird das nächtliche Kleben nicht lange tolerieren.

Tipps für einen besseren Schlaf

Die Schlafqualität lässt sich bei leichteren Schlafbeschwerden oft bereits mit wenigen einfachen Maßnahmen verbessern. Dazu zählen:

  • Das Schlafzimmer vor dem Zubettgehen gut lüften. Eine Temperatur von 16 bis 18 Grad ist optimal.
  • Smartphone oder Tablet nicht mit ins Bett nehmen. Ihr blaues Licht hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin und stört damit den Schlaf.
  • Etwa zwei Stunden vor dem Schlafengehen keine schweren Mahlzeiten mehr zu sich nehmen. Das kurbelt die Verdauung an und erschwert das Ein- und Durchschlafen.
  • Regelmäßige Bewegung und Sport fördern das Einschlafen. Allerdings sollte man in den letzten zwei Stunden vor dem Schlafengehen darauf verzichten.
  • Das Schlafzimmer so einrichten, dass man sich wohlfühlt. Warme Lichtquellen beim Zubettgehen sorgen zusätzlich für eine angenehme Wohlfühlatmosphäre.

Viele Krankenkassen bieten zudem hilfreiche Online-Kurse für besseren Schlaf. BARMER-Versicherte können zum Beispiel kostenlos den HelloBetter Schlafkurs absolvieren. In dem achtwöchigen Kurs lernt man wirksame Strategien, um die Schlafqualität langfristig zu verbessern. Damit man morgens ausgeschlafen aufwachen und ausgeruht und mit viel Energie in den neuen Tag starten kann.