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Pflegende Angehörige: Fürsorglich und oft überfordert

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Die Pflege eines Angehörigen bedeutet große organisatorische und emotionale Herausforderungen. Meist ist der Wunsch zu helfen so stark, dass die eigenen Bedürfnisse auf der Strecke bleiben. Doch genau das sollten Pflegende von Anfang an vermeiden.

Tritt in der Familie ein Pflegefall ein, steht das Leben plötzlich Kopf. Neben dem eigenen Alltag müssen jetzt auch die Bedürfnisse des zu Pflegenden erfüllt werden. Oft sind erst einmal viele Behördengänge, Telefonate und Gespräche nötig, um die neue Lebenssituation zu organisieren. Aber auch wenn all das geklärt ist, kehrt für pflegende Angehörige oftmals keine Ruhe ein, so dass eigene Interessen und Hobbys in den Hintergrund rücken. „Das ist fatal, denn für die Pflege benötigt man viel Stärke, und die Zeit, um diese zu schöpfen, muss man sich unbedingt nehmen. Nur von den Reserven zu leben, geht nicht lange gut“, warnt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer. Um neue Energie zu tanken, sind kurze Pausen nötig, denn jede Unterbrechung der Pflege bringt neue Impulse und etwas Stärke. Schon ein paar Minuten können helfen. Wichtig ist, dass diese wirklich ausschließlich zum Ausruhen gedacht sind, also nicht für kurze Telefonate, zum Listen erstellen oder für Grübeleien genutzt werden. „Ideal ist es, wenn die Pause tatsächlich von Ruhe und Stille geprägt ist. Das gelingt am besten durch einfaches Nichtstun“, so Jakob-Pannier. Kurze Entspannungspausen kann man gut einbauen, wenn der Pflegebedürftige mit Sicherheit schläft.

Eigene Bedürfnisse nicht vergessen

Auch wenn es schwierig ist: Um für andere da sein zu können, muss man auch für sich selbst gut sorgen. Wer sich selbst vergisst, hat keine Kraft für andere. Jakob-Pannier rät daher, sich so oft es geht Zeit für die Dinge, die einem wichtig sind, zu nehmen. „Hobbys tragen enorm zur Entspannung bei, was wiederum zu Stressabbau und Ausgeglichenheit führt. Pflegende Angehörige sollten sich diese Auszeit daher bewusst gönnen“, meint Jakob-Pannier. Die Möglichkeiten, etwas für sich selbst zu tun, sind vielfältig. Die Einen finden Entspannung in Sport und Bewegung, für andere ist Musik Balsam für die Seele, auch das Eintauchen in eine andere Welt beim Lesen eines guten Buches kann hilfreich sein. Wer gern kocht, kann sich selbst mal wieder sein Lieblingsgericht nur für sich als besondere Belohnung zubereiten. Kochen kann entspannend wirken, und vielleicht bleiben sogar ein paar Portionen übrig, die man für den stressigen Alltag einfrieren und zwischendurch genießen kann. Apropos Essen: „Eine ausgewogene Ernährung ist für den pflegenden Angehörigen und den zu Pflegenden gleichermaßen wichtig, allerdings kommt sie bei den Betreuern aus Zeitmangel oft zu kurz“, so Jakob-Pannier.

Eigenlob stinkt nicht!

Pflegende Angehörige leisten viel, oft dreht sich ihr Alltag fast ausschließlich um die Bedürfnisse des zu Pflegenden und um tägliche Erledigungen. „Reflektiert wird am Ende des Tages häufig nur das, was alles nicht geklappt hat, Hürden, die noch zu nehmen sind, und die verbleibenden Sorgen. Viel zu kurz kommt dabei Lob für Dinge, die gut gelaufen sind, für die eigenen Stärken“, erklärt die Psychologin. Sie rät, sich öfter Positives vor Augen zu halten, und sich selbst dafür zu loben. Auch wenn man es sich selbst sagt und es nur selten von anderen hört – Lob tut gut.

Angebote der Barmer für Pflegende Angehörige

Die Barmer veranstaltet Seminare, um pflegende Angehörige zu unterstützen. Bundesweit gibt es Kurse für Pflegende mit unterschiedlichen Schwerpunkten sowie häusliche Schulungen, die von Fachkräften durchgeführt werden. Sie ermöglichen eine persönliche und intensive Beratung. Im Internet stellt die Barmer auch Videos mit konkreten Anleitungen (Rollator einstellen, Aufhelfen nach einem Sturz) zur Verfügung, und es gibt die Möglichkeit, an einer Online-Beratung teilzunehmen. Informationen zu allen Angeboten gibt es hier.