Zu sehen auf diesem Bild ist eine Kanüle, die in einem Impfstofffläschchen steckt. Spritze und Fläschchen liegen auf einem gelben Impfausweis.
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Worauf Menschen mit Immunerkrankungen bei Impfungen achten sollten

Lesedauer unter 3 Minuten

Etwa fünf Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum leiden an chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die durch ein gestörtes Immunsystem ausgelöst werden. Ein ausreichender Impfschutz ist für diese Menschen von hoher Relevanz, da sie besonderen Risiken ausgesetzt sind. Warum das so ist und worauf Menschen mit Immunerkrankungen bei Impfungen achten sollten, erklärt dieser Ratgeber.

Unter einer Immunerkrankung, auch Immunstörung oder Immunpathologie genannt, wird eine Fehlfunktion des Immunsystems verstanden, die zu gesundheitlichen Problemen führen kann. „Normalerweise schützt das Immunsystem den Körper vor Infektionen und fremden Eindringlingen. Bei einer Immunerkrankung ist diese natürliche Abwehr jedoch gestört“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin der BARMER. Etwa fünf bis acht Prozent der Weltbevölkerung leiden an chronisch-entzündlichen Erkrankungen, die durch Störungen im Immunsystem ausgelöst werden. Neben Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose und Lupus, bei denen das Immunsystem irrtümlich körpereigenes Gewebe angreift, existiert die Immundefizienz oder Immunschwäche. Das Immunsystem ist dann in seiner Funktion eingeschränkt oder zu schwach, um den Körper ausreichend zu schützen. Patientinnen und Patienten sind somit anfälliger für Infektionen. 

Hohes Risiko für Erkrankung

Viele solcher Patientinnen und Patienten mit immunvermittelten Erkrankungen sind möglicherweise nicht ausreichend geimpft und in der Folge unzureichend vor bestimmten Infektionen geschützt. „Aber gerade für sie ist ein ausreichender Impfschutz besonders wichtig, da sie aufgrund ihrer Erkrankung und der häufig damit verbundenen immunsuppressiven Therapie ein erhöhtes Risiko haben, an Infektionen zu erkranken“, sagt Marschall.

Immunsuppressiv beschreibt eine Wirkung oder Therapie, die das sich gegen seinen Besitzer gewandte Immunsystem gezielt unterdrückt oder schwächt. Das Problem dabei, die Anfälligkeit für Infektionen wird erhöht, da das Immunsystem seiner Schutzfunktion nicht nachkommen kann. Impfungen für Immunerkrankte sind von der Forschung bisher wenig beachtet worden. Ein Projekt des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) beschäftigt sich aktuell mit diesem Thema. 

Warum ist Impfen bei Immunerkrankungen besonders wichtig?
Patientinnen und Patienten mit einer immunvermittelten Erkrankung und auch jene, die sich in Immuntherapie befinden, sind besonders gefährdet für Infektionen und schwere Krankheitsverläufe. Auch während der Immuntherapie kann eine Infektion zu einer Verschlechterung der Grunderkrankung führen und Schübe auslösen. Diese Patientinnen und Patienten profitieren von einem erweiterten Impfschutz. Bestimmte Impfungen sind für sie zusätzlich empfohlen, möglichst in jüngeren Jahren als bei gesunden Menschen.

Können Impfungen Immunerkrankungen, Krankheitsschübe oder ein Fortschreiten der Krankheit auslösen?
Impfungen aktivieren das Immunsystem mit dem Ziel, langfristig eine Immunabwehr gegen eine Infektion aufzubauen. Das Risiko für eine schubartige Verschlechterung oder ein langsames Fortschreiten der Erkrankung nach einer Impfung ist gering. „Impfungen schützen viel häufiger vor Krankheitsschüben durch Infektionen, als dass sie diese auslösen. Nach aktuellem Kenntnisstand werden immunvermittelte Erkrankungen nicht von Impfungen getriggert“, erläutert Marschall. Entsprechende Sorgen und Ängste sollten in einem ärztlichen Aufklärungsgespräch aber dennoch vorab besprochen werden. 

Wirken Impfungen bei immunvermittelten Erkrankungen überhaupt?
Grundsätzlich zeigen Patientinnen und Patienten ohne Therapie eine gute Immunantwort mit einer ausreichenden Schutzwirkung durch Impfungen. Gelegentlich müssen aber abhängig von der Immuntherapie mehr Impfungen als bei Gesunden verabreicht werden, um den Schutz aufzubauen. 

Können alle Impfungen verabreicht werden? 
Unter Berücksichtigung des aktuellen Impfstatus können alle Tot- und RNA-Impfstoffe gegeben werden. „Befindet sich ein Patient jedoch in immunsuppressiver Therapie, sollten bis auf wenige Ausnahmen keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden“, sagt Marschall. 

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Impfung?
Ist eine Immuntherapie geplant, sollte der Impfschutz im Vorfeld vervollständigt und aufgefrischt werden. Liegt eine hohe Krankheitsaktivität vor, sollte eine Immuntherapie nicht für eine Impfung verschoben werden. Diese kann dann auch unter Immuntherapie nachgeholt werden, dort idealerweise in der Mitte eines Applikationsintervalls. „Impfungen sollten letztlich nicht in Phasen einer stark erhöhten Krankheitsaktivität erfolgen, um das Immunsystem nicht vollständig zu überfordern“, weiß die Medizinerin der Barmer.