Christoph Stolte
STANDORTinfo Sachsen-Anhalt

Der Vorstand der Diakonie Mitteldeutschland Christoph Stolte zur Entlastung Pflegebedürftiger

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Demografische Entwicklung, Fachkräftemangel, angespannte Finanzsituation – Die gesetzliche Pflegeversicherung hat großen Reformbedarf. Die Barmer hat daher in ihrem Positionspapier „Pflege für die Zukunft stark machen“ eine Vielzahl von Reformmaßnahmen formuliert, mit denen die soziale Pflegeversicherung für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet werden kann. Die Krankenkasse liefert damit einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung. In einem Sondernewsletter kommentieren wichtige Stimmen der Gesundheitsbranche Sachsen-Anhalts die einzelnen Vorschläge.

Barmer-Vorschlag: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen entlasten

Pflege findet überwiegend zu Hause statt, durch Angehörige, Nachbarn oder auch mit Hilfe von ambulanten Pflegediensten. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen müssen organisatorisch und finanziell weiter entlastet werden. Details dazu finden Sie hier.

Der Vorstand der Diakonie Mitteldeutschland Christoph Stolte zum Vorschlag der Barmer

„Die Pflegeversicherung soll pflegebedürftige Menschen und ihre Familien zuverlässig absichern und eine am Bedarf der Menschen orientierte Pflege ermöglichen. Seit Einführung der Pflegeversicherung erfolgte keine regelhafte Dynamisierung beziehungsweise Erhöhung der Leistungen. Jede Qualitätsverbesserung, jede Erhöhung des Personalschlüssels oder jede Vergütungssteigerung muss deshalb von den Pflegebedürftigen selbst getragen werden. Immer mehr Pflegebedürftige sind auf staatliche Hilfen angewiesen. Wir brauchen eine Finanzierung der Pflege, mit der das bestehende Problem der zunehmenden Eigenanteilsbelastung der Pflegebedürftigen gelöst wird. Wir brauchen eine grundlegende Pflegereform.
Die Kostensteigerungen der letzten Jahre werden nicht von der Pflegeversicherung ausgeglichen. Leistungsanpassungen reichen nicht aus und kommen viel zu spät. Es gibt eine schleichende Entwertung der Pflegeleistungen und es droht eine Unterversorgung. Dem ist dringend entgegenzuwirken, die Eigenanteile müssen begrenzt werden. 
Die Leistungsverbesserungen in der häuslichen und stationären Pflege erfolgen mit dem 1. Januar 2024 zu spät und mit fünf Prozent zu gering. Die vorgesehene Erhöhung des Pflegegeldes zeugt von einer fehlenden Wertschätzung der Pflegeleistungen von Angehörigen. Zudem werden nicht alle Leistungen der Pflegeversicherung angehoben. Nicht hinnehmbar ist, dass es keine Anhebung des Entlastungsbetrags für Pflegebedürftige des Pflegegrads 1 geben soll. Ich plädiere für ein flexibles Entlastungsbudget für Pflegebedürftige, in dem neben den Leistungen der Verhinderungspflege und der Kurzzeitpflege auch der Entlastungsbetrag nach Paragraf 45b SGB XI einzubeziehen ist. 
Angehörige von pflegebedürftigen Menschen leisten durch ihre informelle Pflegearbeit einen großen Beitrag in der pflegerischen Versorgung in Sachsen-Anhalt. Sie brauchen hierfür auch finanzielle Sicherheiten. Zu einer Verbesserung der Lebens- und Pflegebedingungen tragen auch die Beratungen in der häuslichen Umgebung bei, insbesondere bei einem noch niedrigen Pflegegrad 1 oder 2. Aktuell können aufgrund der Verortung der Leistungserbringung bei den Pflegekassen nur partiell häusliche Schulungen stattfinden. Die Barmer geht hier mit gutem Beispiel voran und hat entsprechende Vereinbarungen mit den Leistungserbringerverbänden geschlossen. Das muss flächendeckend bei allen Kassen geschehen, um ein breites Beratungsnetz für pflegende Angehörige zu etablieren.
Leicht zugängliche Unterstützungssysteme wie beispielsweise nachbarschaftliche Hilfe in Quartierskonzepten, Begegnungs- und Beratungsangebote oder Pflegewohngemeinschaften können die Inanspruchnahme von stationärer Pflege vermeiden oder zeitlich verzögern. Diese müssen stärker als bisher gefördert und erweitert werden. Es fehlen flächendeckende, vernetzte und bedarfsorientierte Pflegeangebote. Hier brauchen wir die reguläre Finanzierung innovativer Unterstützungsmaßnahmen und -strukturen.“