Hohenmölsen ist eine kleine Stadt im Süden Sachsen-Anhalts. Sie liegt im Burgenlandkreis und zählt circa 9.400 Einwohnerinnen und Einwohner. Wie andere Städte im ländlichen Raum steht Hohenmölsen vor Herausforderungen. Bürgermeister Andy Haugk steckt den Kopf jedoch nicht in den Sand. Im Gegenteil. Er bewegt für seine Stadt viele Dinge, auch in Sachen Gesundheitsversorgung. Wir sprachen mit ihm über Autokennzeichen, engagierte Unternehmer und die Folgen von 3.000 Tafeln Schokolade.
Herr Haugk, Hohenmölsen stand in den letzten Jahrzehnten vor einigen Umbrüchen. Welche Entwicklungen gab es genau?
Unsere Stadt verzeichnet, wie viele andere Orte im ländlichen Raum, einen demografisch bedingten Rückgang der Einwohnerzahl. Bis 1994 waren wir Kreisstadt. Dieser Status ging dann verloren. Ende 2007 schloss die Bundeswehr als großer Arbeitgeber der Region ihre Kaserne im Ort. Im April 2008 wurde das Krankenhaus zugemacht. Diese Wunde begleitet uns bis heute.
Das klingt nach vielen Herausforderungen. Dennoch bleiben Sie positiv und verzeichnen Erfolge in der Stadtentwicklung.
Ja, das ist richtig. Wir hatten schwierige Zeiten als Stadt. Aber ich blicke auch auf viele Erfolge. Wir haben trotz all der Umbrüche unsere Versorgungsfunktion für die Region nicht verloren. Wir sind Schulstadt, verfügen also in Hohenmölsen über alle Schulformen. Auch im Lebensmittelhandel haben wir zentrale Bedeutung. Eine Analyse hat ergeben, dass wir ungefähr 15.000 Menschen versorgen, weit mehr als wir Einwohnerinnen und Einwohner zählen.
Sie sind bekannt dafür, das Autokennzeichen von Hohenmölsen umzuinterpretieren. Was bedeutet die Abkürzung HHM für Sie?
Die Abkürzung mag für einige nur das Autokennzeichen von Hohenmölsen sein. Ich pflege aber zu sagen, dass damit noch viel mehr gemeint ist. Für mich stehen die drei Buchstaben für "Hohenmölsen hat mehr".
Barmer-Landesgeschäftsführerin Birgit Dziuk, Wirtschaftsrat-Chef Andy Schmidt, Apothekerin Ina Leischner, Bürgermeister Andy Haugk und CDU-Bundestagsabgeordneter Dieter Stier in Hohenmölsen.
Das gilt Ihrer Meinung nach auch für die Gesundheitsversorgung. Können Sie das ausführen?
Wir haben in Hohenmölsen insgesamt zwölf Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner. Dazu kommen Fachärztinnen und -ärzte für die Bereiche Kinder- und Jugendmedizin, HNO und Gynäkologie. Für unseren Augenarzt konnten wir auch eine Nachfolge finden. Anfang des nächsten Jahres wird er in Hohenmölsen sogar ambulant operieren. Wir verfügen weiterhin über Pflegeeinrichtungen in unserer Stadt und in den Zahnarztpraxen beginnt teilweise auch schon eine neue Generation mit der Arbeit.
Diese Zahlen werden Menschen in anderen ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts neidisch machen. Wie haben Sie so viele medizinische Fachkräfte akquirieren können? Gibt es ein Geheimrezept?
Das ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Zunächst einmal braucht es engagierte Leute, kluge Unternehmerinnen und Unternehmer, die bereit sind, zu investieren und kreative Lösungen zu finden. Die habe ich in Hohenmölsen. Der Faktor Glück gehört zweifelsohne auch dazu und möglicherweise hat es geholfen, dass wir das Thema Gesundheit zur Chefsache gemacht haben und dranbleiben, auch wenn etwas mal nicht klappt.
Was klappt denn nicht?
Wir haben uns beispielsweise eine ganze Zeit lang mit den Chancen von Zuwanderung für unsere medizinische Versorgung beschäftigt. Leider konnten wir diese Potentiale nicht heben. Die Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen von Menschen aus Nicht-EU-Ländern ist derart komplex und langwierig, dass es auch für die betroffenen Personen nicht sinnvoll war, so einen Prozess anzustoßen.
Vertreterinnen und Vertreter aus Gesundheitsbranche, Wirtschaft und Politik in der Neuen Apotheke in Hohenmölsen.
Ich möchte gerne nochmal auf den Faktor „kreatives Engagement“ zurückkommen. Haben Sie ein konkretes Beispiel?
Ja, da muss ich nicht lange überlegen. Wir haben hier im Ort beispielsweise seine sehr engagierte Apothekerin, die ein Gesundheitszentrum in Hohenmölsen aufgebaut hat. Strukturen von Apotheke, Sanitätshaus und Ärztezentrum greifen hier ineinander. Ich freue mich sehr über dieses Engagement und die unkonventionellen Wege, die sie mitunter geht. Sie hat zum Beispiel 3.000 Tafeln Schokolade bedrucken lassen, um einen Hausarzt zu finden. Und was soll ich sagen? Es hat funktioniert.