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Schreibabys: Hilfe für Eltern und Kind

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Jedes Baby schreit. Das eine etwas mehr, das andere etwas weniger. Manche Säuglinge schreien allerdings unverhältnismäßig viel und ohne erkennbaren Grund. Eltern von sogenannten „Schreibabys“ sind oft erschöpft, überfordert und sehr belastet. Um ruhig zu bleiben und für das Kind da sein zu können, ist es wichtig, sich frühzeitig Hilfe zu holen und auf sich selbst zu achten.

Ein schreiendes Baby versetzt die Eltern in Alarmbereitschaft. Das ist von der Natur so gewollt und durchaus sinnvoll. „Babys können sich noch nicht anders äußern und weisen durch ihr Schreien auf etwas hin, das sie stört. Ist das Bedürfnis gestillt, beruhigen sich die Babys normalerweise wieder. Bei Schreibabys ist das anders. Sie können Reize aus der Umgebung nur schwer oder gar nicht filtern und finden schlecht zur Ruhe und in den Schlaf. Dadurch sind sie dauerhaft übermüdet, überreizt und überfordert. Für sie reicht es daher nicht aus, die Windel zu wechseln oder sie zu füttern“, erklärt Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der Barmer. Da diesen Säuglingen die Fähigkeit fehlt, sich selbst zu beruhigen, spricht man auch von einer „Regulationsstörung“. Sie ist in der Regel harmlos, bedeutet aber für die betroffenen Familien eine große Belastung. Der Nachwuchs fängt unvermittelt mit Schreien an, und steigert sich im Verlauf des Tages. Einen Höhepunkt findet das Schreien meist in den Abendstunden. Ruhephasen sind nur von kurzer Dauer, betroffene Eltern sind daher meist dauerhaft übermüdet und gereizt. Das überträgt sich auf das Baby, und ein Kreislauf entsteht. „Mütter von Schreikindern leiden fast immer an einem chronischen Erschöpfungs- und Überforderungssyndrom. Sie brauchen Unterstützung, um ihrem Baby helfen zu können“, so Petzold. Hinzu kommen Gefühle wie Verunsicherung und Enttäuschung darüber, warum sich das eigene Kind nicht beruhigen lässt, und manchmal auch Wut. Spätestens jetzt sollten sich Eltern Hilfe suchen, um impulsive Reaktionen wie Schütteln oder Schlagen zu vermeiden. Denn dadurch kann das Baby lebensgefährlich verletzt werden.

Schreibaby oder nicht?

Das Phänomen des Schreibabys ist häufiger, als man vielleicht denkt: In den ersten drei Lebensmonaten schreit etwa jeder achte bis zehnte Säugling besonders viel. Sind Eltern extrem erschöpft und unsicher, ob sie ein Schreibaby haben, ist ihre erste Anlaufstelle der Kinderarzt. Er untersucht das Kind und fragt vor allem nach der Häufigkeit und Dauer des Schreiens. Als Faustregel für ein Schreibaby gilt ein Schreien von mehr als drei Stunden pro Tag, an mehr als drei Tagen pro Woche und das über mehr als drei Wochen hinweg. Die Babys ziehen dabei die Beine an und ballen die Hände zu Fäusten. Ihr Gesicht ist stark gerötet und der Bauch durch das übermäßige Schreien hart. „Ein harter Bauch galt früher als Hinweis für eine Dreimonatskolik, die das Schreien verursacht. Allerdings hat sich herausgestellt, dass nur selten Verdauungsstörungen bei Schreibabys vorliegen. Daher gilt der Begriff Dreimonatskolik mittlerweile als veraltet“, erklärt Petzold. Können organische Ursachen ausgeschlossen werden, ist es wichtig, dass sich die Eltern nicht die Schuld geben und Entlastung finden. Die gute Nachricht: Nach dem vierten Lebensmonat hört das übermäßige Schreien bei mehr als 60 Prozent der Babys auf. Bis dahin können sich Eltern auch von speziellen Schreiambulanzen beraten lassen.

Da die Ursachen für die Regulationsstörung weitgehend unklar sind, gibt es auch keine allgemeingültigen Tipps, die bei jedem Säugling helfen. Insgesamt wird aber empfohlen, dem Baby eine rauchfreie Umgebung und einen festen Tagesablauf zu geben, der Ruhe und Geborgenheit vermittelt. Laute Musik, schnelle Bewegungen oder lärmende Spielgeräte sollten lieber gemieden werden. Manchmal kann ein Schnuller dem Baby helfen, zur Ruhe zu kommen, oder auch ein Spaziergang an der frischen Luft oder eine sanfte Bauchmassage. Schreit das Kind allerdings schon eine Weile, sollten Eltern nicht zu viel ausprobieren, um es nicht noch mehr Reizen auszusetzen. Und auch an die eigene Gesundheit sollten Eltern denken. Wenn möglich, sollten Angehörige oder Freunde in die Betreuung des Kindes eingebunden werden, um selbst einmal für kurze Zeit zur Ruhe kommen zu können.