Zu sehen ist ein Mann mit Schlaftabletten
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Der richtige Umgang mit Schlafmitteln – Bei Schlaflosigkeit sind Tabletten keine Dauerlösung

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Viele Menschen geraten im Leben in Krisensituationen, die psychisch derart belasten, dass sie ihnen den Schlaf rauben. Die Schlaflosigkeit kann dabei unter anderem von innerer Unruhe, Angst und Panik ausgelöst werden. In solchen Fällen, wenn im Alltag scheinbar nichts mehr in gewohnten Bahnen läuft, schaffen Schlaf- und Beruhigungsmittel abends zumindest befristet Abhilfe. Aus Sicht von Fachleuten sind Tabletten aber keine Dauerlösung. Dieser Ratgeber klärt über Risiken und Nebenwirkungen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln auf Rezept auf und beschreibt, wie sich diese Präparate später wieder kontrolliert absetzen lassen, wenn die Phase der Schlaflosigkeit überwunden ist.

Schlaf- und Beruhigungsmittel auf Rezept

Synthetische Präparate gegen Schlaflosigkeit sind verschreibungspflichtig, benötigen also ein Rezept. Manche Menschen lassen sich zum Beispiel in einer massiven oder plötzlich auftretenden Lebenskrise Wirkstoffe wie Zolpidem oder Zopiclon verschreiben, um abends Einschlafen zu können. „Die sogenannten ‚Z-Substanzen‘ zählen neben Benzodiazepinen zur Beruhigung zu den häufigsten verschriebenen Medikamenten, wenn Patientinnen und Patienten etwa aufgrund von depressiven Verstimmungen an Schlafmangel leiden. Die Substanzen wirken angstlösend, muskelentspannend, entkrampfend und können helfen, Einschlafstörungen zu überwinden und besser durchzuschlafen“, sagt Heidi Günther, Apothekerin bei der Barmer. Häufig lasse die Wirkung mit der Zeit aber nach.

Abhängigkeitspotential enorm!

Viele Schlaf- und Beruhigungsmittel haben massive Nebenwirkungen. Sie machen schnell abhängig und lösen Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Benommenheit, Tagesmüdigkeit, Muskelschwäche und Verhaltensauffälligkeiten aus. Auch mindern sie die Fahrtüchtigkeit. Insbesondere bei Älteren und Kranken besteht die Gefahr von Stürzen. Wegen dieser Risiken wurde ihre Anwendung durch die Arzneimittel-Richtlinie grundsätzlich auf vier Wochen begrenzt. „Nur in begründeten Ausnahmen können Ärztinnen und Ärzte ihren Patientinnen und Patienten solche Mittel über einen längeren Zeitraum verordnen. Ob ein solcher Fall vorliegt, entscheidet der Behandler. Eine Dauergenehmigung durch die Kasse ist nicht möglich“, sagt Günther.

Werden Schlaf- und Beruhigungsmittel lange oder hochdosiert eingenommen, steigt nach wenigen Wochen das Suchtrisiko. Eine Abhängigkeit kann dann durch einen Entzug zuhause oder in der Klinik behandelt werden. Verschiedene Maßnahmen können Betroffene in einem solchen Prozess begleiten. Grundsätzlich ist es wichtig, Schlaf- und Beruhigungsmittel möglichst kurz und in niedriger Dosis einzunehmen. Vielfach werden sie jedoch über Monate oder sogar Jahre hinweg verschrieben.

Wie lassen sich Schlaf- und Beruhigungsmittel wieder absetzen?

Patientinnen und Patienten sollten die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln nicht ohne ärztliche Begleitung abbrechen. Andernfalls können erhebliche Entzugserscheinungen wie erneute Schlafstörungen, Unruhe, Angst, Zittern, Schwindel oder Kreislaufprobleme auftreten. „Die Beschwerden ähneln jenen, gegen die die Mittel ursprünglich eingenommen wurde. Es entsteht ein Teufelskreis“, sagt Günther. “Die Dosis sollte daher nach einem individuell strukturierten Plan der behandelnden Ärztin oder des Arztes verringert werden. Die Reduzierung erfolgt dann Schritt für Schritt über Wochen oder Monate“. Die Dauer der Entwöhnung hänge von der Diagnose, dem Wirkstoff und der Dosis ab, in der dieser eingenommen wurde. Günther rät: „Entspannungsübungen oder mildere Schlaf- und Beruhigungsmittel auf Pflanzenbasis können dabei hilfreich sein.“

Beim Absetzen von Schlaf- und Beruhigungsmitteln ist es wichtig, Entzugssymptome auf ein Minimum zu reduzieren. Folge Vorgehensweisen werden dabei empfohlen: Schrittweise Dosisverringerung („Ausschleichen“) der Medikation, motivierende Kontakte mit der Ärztin oder dem Arzt, um das Absetzen durchzuhalten, sowie psychotherapeutische Unterstützung, etwa durch eine kognitive Verhaltenstherapie. Gelingt der ambulante Entzug nicht, kommt ein vollstationärer Aufenthalt in Frage.

Generell ist es sinnvoll, mit seiner Ärztin oder seinem Arzt zu sprechen oder sich an eine Suchtberatungsstelle zu wenden, falls Patientinnen und Patienten das Gefühl haben, die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Mit ärztlicher, psychologischer oder psychotherapeutischer Unterstützung lässt sich nach geeigneten Wegen suchen, um von solchen Präparaten loszukommen. „Die Erfolgsquote ist hoch. Nach erfolgreicher Entwöhnung berichten Patientinnen und Patienten, dass sie ihr Leben wieder intensiver und realer erleben“, sagt Günther.