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Beamte in der GKV – ein Thüringer Aushängeschild…

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Redaktion

  • Patrick Krug (Pressesprecher Barmer Thüringen)

Seit nunmehr fünf Jahren haben angehende Beamtinnen und Beamte in Thüringen die Möglichkeit, sich zu denselben Bedingungen für die gesetzliche Krankenversicherung zu entscheiden wie nicht-verbeamtete Arbeitnehmer. Denn das Land übernimmt seitdem den Arbeitgeberanteil der Krankenkassenbeiträge. So weit, so einfach. Was die Attraktivität des Beamtendienstes im Freistaat steigern sollte, ist jedoch nach wie vor kaum bekannt bei jenen, die es betrifft. Die Barmer Thüringen kritisiert die unzureichende Informationslage und positionsorientierte Beratung seitens der Beihilfestellen.

„Bei der Regelung handelt es sich um ein Aushängeschild für unser Bundesland. Nur hat es das Land nie an seine Türen angebracht“, sagt Alexander Renner, der bei der Barmer für die Kundenberatung von Studierenden spezialisiert ist. Immer wieder stelle er in Gesprächen fest, dass ein Großteil der angehenden Beamtinnen und Beamten wenig bis gar nichts von der Möglichkeit weiß, weiterhin Teil der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung zu bleiben. Ein objektives Abwägen von Argumenten sei den meisten Betroffenen gar nicht möglich, weil die Wenigsten überhaupt den Weg zur eigenen Krankenkasse gehen, um sich beraten zu lassen.

Objektive Beratung Fehlanzeige

Die Beihilfestellen sind stattdessen erster Anlaufpunkt. Und genau darin sieht Alexander Renner die Ursache des Problems. „Fest steht, dass es keine Beihilfestellen bräuchte, wenn alle Menschen in diesem Land gesetzlich versichert wären“, kommt er unverblümt zum Punkt. Und berichtet aus Erfahrung, dass Studierende im Gespräch mit ihm kaum informiert sind darüber, was es bedeutet, sich bei Aufnahme eines Beamtenverhältnisses für die eine oder die andere Option zu entscheiden – obwohl diese jungen Frauen und Männer zuvor bereits Infos der Beihilfestelle eingeholt haben. 

Alexander Renner ist spezialisiert auf die Beratung von Studierenden. Foto: Patrick Krug

Alexander Renner ist spezialisiert auf die Beratung von Studierenden. Foto: Patrick Krug

Renner schlussfolgert, dass die Beratung dort in zahlreichen Fällen nur halbherzig geschehe, positionsorientiert sei. Gepaart mit einseitigen, vertriebsorientierten Anwerbeversuchen privater Versicherer bereits im Umfeld der Hochschulen bliebe jungen Menschen kaum mehr die Möglichkeit, sich objektiv ein Bild zu machen und wohlüberlegt eine richtungsweisende Entscheidung fürs Leben zu treffen.

Entscheidung mit Weitsicht

„Ob jemand fortan privat oder gesetzlich krankenversichert sein möchte, ist eine grundlegende Frage mit weitreichenden Folgen. Eine solche Entscheidung muss auf Basis umfassender Informationen und Fakten getroffen werden“, betont Alexander Renner. Dazu gehöre auch eine Vorausberechnung der anfallenden Kosten bis ins hohe Alter, denn die anfangs oft niedrigen Beiträge in der Privatversicherung können durch höhere Kosten in späteren Jahren empfindlich ansteigen.

Ihm gehe es nicht darum, junge Menschen auf Biegen und Brechen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu halten. Sondern sie dahingehend zu beraten, dass es möglicherweise sinnvoll ist, fürs Alter etwas anzusparen. Was bei einem schweren und dauerhaften Krankheitsfall geschieht und wie sich das Gründen einer Familie auswirken kann, auch dazu gelte es, Informationen einzuholen bzw. bereitzustellen.

Skepsis und Nachholbedarf an Hochschulen

Bei all diesen Aspekten und Feinheiten, die bedacht werden sollten, stellt Renner jedoch auch immer wieder eine gehörige Portion Skepsis bei den Menschen fest, mit denen er in der Kundenberatung zu tun hat. Das jedoch wundert ihn nicht, spricht er doch als Barmer-Mitarbeiter im Kleid der GKV. Was fehle, so Renner, ist eine Beratungsstelle, die nicht zugleich Dienstleister der Privatversicherten ist, und meint damit die Beihilfestelle. Hierbei gebe es auch für die Thüringer Hochschulen Nachholbedarf.

Er richtet deshalb einen klaren Appell an jene jungen Menschen, die kurz vorm Start eines Beamtenverhältnisses stehen. „Bitte nehmen Sie auch die Beratung bei der eigenen Krankenkasse in Anspruch!“ Die Betonung liege dabei auf dem Wörtchen „auch“. Denn grundsätzlich sei an den Informationsangeboten von Beihilfestellen und privaten Versicherungsunternehmen nichts per se falsch. Nur eben – und das zeige seine Erfahrung aus den vergangenen fünf Jahren – seien deren Informationen oft unvollständig und positionsorientiert.

„Es kommt nicht von ungefähr, dass ein Großteil derjenigen, die von der privaten zurück in die gesetzliche Krankenversicherung wechseln möchten, sich ausgerechnet im Alter zwischen 50 und 54 Jahren befinden“, fügt er seinem Appell noch an. Das seien die Menschen, die zu spät merken, dass sich ihre Entscheidung für die Private im fortgeschrittenen Alter dann doch rächt. Nur unter bestimmten Voraussetzungen und bis zum Alter von 54 Jahren ist eine Rückkehr in die gesetzliche Versicherung überhaupt möglich. 

Von der Solidargemeinschaft profitieren soll nur, wer auch in deren Kassen eingezahlt hat.