Pressemitteilungen 2023

Barmer-Pflegereport – Pflegefachkräfte besonders stark von Corona betroffen

Lesedauer unter 4 Minuten

Kiel, 8. Februar 2023 – Pflegefachkräfte in Schleswig-Holstein waren noch nie so sehr von Corona betroffen wie im vergangenen Jahr. Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der Barmer hervor. Besonders im März und Juli des Jahres 2022 gab es in dieser Berufsgruppe viele Krankschreibungen mit einer COVID-19-Erkrankung. Die bisherige Spitze an AU-Bescheinigungen seit Beginn der Pandemie gab es in Schleswig-Holstein mit 173 AU-Bescheinigungen je 10.000 Pflegefachkräfte im Pflegeheim im März 2022. Im Vergleich zu März 2021 waren es knapp neunmal so viele Krankmeldungen (20 je 10.000). Im Juli 2022 waren es sogar fast elfmal so viele wie im selben Zeitraum ein Jahr zuvor (106 und 10 je 10.000). Neben Corona führten auch psychische Erkrankungen zu vielen Arbeitsunfähigkeitsfällen bei Pflegekräften. So waren in Schleswig-Holstein im Sommer 2022 knapp dreimal so viele Pflegefachkräfte in Pflegeheimen psychisch erkrankt als andere Erwerbstätige (192 gegenüber 68 je 10.000 Beschäftigte). „Die Kontaktsperren im Pflegeheim, die notwendigen Hygienemaßnahmen, einschließlich der Verpflichtung für das Personal, Masken zu tragen, sowie der pandemiebedingte Personalausfall haben die Arbeit der Pflegekräfte sehr erschwert. Emotionsarbeit, die sonst von Angehörigen geleistet wurde, musste unter erschwerten Bedingungen von den Pflegekräften übernommen werden. Das hat alles Spuren hinterlassen“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der Barmer in Schleswig-Holstein.

Stationär Pflegebedürftige und Corona

Aber auch Pflegebedürftige in Heimen waren stark von den jeweiligen Corona-Wellen betroffen. Zu Beginn der Pandemie waren 50 bis 60 Prozent der mit CO-VID-19 Verstorbenen stationär Pflegebedürftige. „Für viele Menschen hat Corona seinen Schrecken verloren. Corona-Maßnahmen wurden immer weiter heruntergefahren. Doch in Pflegeheimen finden sich nach wie vor besonders vulnerable Gruppen. Deshalb brauchen wir auch weiterhin ein Corona-Konzept mit Augenmaß vor allem für besonders Schutzbedürftige“, fordert Dr. Hillebrandt. 

Weniger Pflegebedürftige zu Pandemie-Beginn ins Pflegeheim

Wie aus dem Pflegereport weiter hervorgeht, sind gerade zu Beginn der Pandemie weniger Pflegebedürftige vollstationär gepflegt worden. In Schleswig-Holstein gab es hier einen Rückgang um 22,5 Prozent. Dieser Rückgang hatte mehrere Gründe. Zum einen war aufgrund der Kontaktbeschränkungen der Zugang zu Pflegeeinrichtungen versperrt bzw. nur erschwert möglich. Zum anderen hatten die Angehörigen Sorge, dass sie ihre Nächsten bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim nicht besuchen können. „Zu Beginn der Pandemie sind auch deswegen weniger Menschen ins Pflegeheim gekommen, weil die Angehörigen Angst um deren Gesundheit hatten. Durch die Impfungen und das Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln konnte das coronabedingte Sterberisiko aber deutlich gesenkt werden. Die Pflegeheime müssen aber für weitere Corona-Wellen gewappnet sein“, sagt Dr. Hillebrandt. Dazu sollten Eventualplanungen getroffen werden für den Fall, dass sich weitere Virusvarianten durchsetzen, die womöglich wieder zu schweren Verläufen führen.

Studie: Belastung von Pflegekräften in der Pandemie stark gestiegen

Das Pflegepersonal habe während der Corona-Pandemie ohne zusätzliche personelle, strukturelle oder finanzielle Ressourcen weit über seine Belastungsgrenzen hinaus arbeiten müssen. Eine gemeinsame Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung und der Barmer, an der im Frühjahr 2022 über 1.000 Pflegekräfte aus dem stationären und ambulanten Pflegebereich teilgenommen haben, habe untersucht, wie weit diese Belastungsgrenzen tatsächlich überschritten worden seien. Darüber hinaus sei betrachtet worden, welchen Einfluss die Pandemie zwei Jahre nach ihrem Beginn auf die Pflegekräfte hatte. Dafür seien Themen wie Burnout, Traumatisierung, Präsentismus oder quantitative Anforderungen beleuchtet worden. Grundsätzlich könne festgestellt werden, dass die körperliche und emotionale Erschöpfung seit der Pandemie gestiegen sei. 81,2 Prozent der befragten Pflegekräfte hätten von einer Zunahme der beruflichen Anforderungen durch die Corona-Pandemie berichtet. Die Zufriedenheit mit den körperlichen Arbeitsbedingungen, mit der Art und Weise der Führung und die allgemeine Arbeitszufriedenheit hätten sich seit der Corona-Pandemie verschlechtert. „Pflegekräfte berichteten von fehlender Zeit für anstehende Aufgaben und einer Zunahme der Arbeitsgeschwindigkeit. 48,5 Prozent mussten oft oder immer Überstunden machen. Viele Pflegekräfte konnten Pausen nicht regelmäßig und selbstbestimmt einlegen. Die Möglichkeit zur Pause hat sich mit der Pandemie noch weiter verschlechtert“, erläutert Dr. Hillebrandt die Ergebnisse der Studie. Sie zeigten auch eine starke Zunahme der körperlichen und emotionalen Erschöpfung. Vor allem jüngere Pflegekräfte wiesen eine hohe emotionale Erschöpfung auf. 43,2 Prozent der Pflegekräfte berichteten, dass sie vor der Pandemie oft oder immer körperlich erschöpft gewesen seien - im Befragungszeitraum wären es sogar 69,5 Prozent gewesen. Der Gedanke an einen Berufswechsel habe seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. Stationäre Pflegekräfte bewerteten das Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen Organisation geringer als ambulante Pflegekräfte. Das Phänomen, trotz Krankheit am Arbeitsplatz zu erscheinen, sei auch in der Pflegebranche weit verbreitet. Sowohl vor der Corona-Pandemie (48,8 Prozent) als auch zum Befragungszeitpunkt im Frühjahr 2022 gab zumindest gut die Hälfte (51,8 Prozent) der Pflegekräfte an, nie trotz schwerer Krankheitssymptome zur Arbeit gekommen zu sein.

Kontakt für die Presse:

Torsten Nowak
Pressesprecher Barmer Schleswig-Holstein
Telefon: 0800 333 004 656-631
E-Mailpresse.sh@barmer.de
Twitter: twitter.com/BARMER_SH
STANDORTinfo Schleswig-Holstein: www.barmer.de/p006182