Der Impfschutz bei Kindern in Sachsen bleibt hinter den Zielen zurück. Trotz der seit 2020 geltenden Impfpflicht hinkt beispielsweise der Masernschutz für Kinder in Sachsen den Zielen deutlich hinterher, wie der aktuelle Barmer-Arzneimittelreport zeigt.
Dresden, 21. Februar 2025 – Der aktuelle Barmer-Arzneimittelreport untersuchte speziell die Impfquoten von Kindern. Sachsen hat von allen 16 Bundesländern die schlechteste Masern-Impfquote. Nur rund 77 Prozent der Zweijährigen im Freistaat hat im Jahr 2022 den vollständigen Masernimpfschutz erhalten. Um eine Herdenimmunität zu erreichen, ist jedoch eine Immunisierungsrate von mindestens 95 Prozent erforderlich. Selbst bis zum sechsten Lebensjahr wurde er nur bei knapp 85 Prozent der Kinder erreicht.
Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Sachsen
„Die Masernimpfpflicht hat die Impfquote zwar erhöht, aber das Ziel von 95 Prozent wird in Sachsen weiterhin nicht erreicht. Um dies zu ändern, sind gezielte Impfkampagnen und intensivere Aufklärung notwendig, um Vorbehalte gegen Impfungen abzubauen“, sagt Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Sachsen. Eine flächendeckende Herdenimmunität sei bisher nicht gelungen, was die Bekämpfung der hochinfektiösen Krankheit erheblich erschwere. Diese Immunität sei entscheidend, um nicht nur geimpfte Personen zu schützen, sondern auch diejenigen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
Sachsen ist Schlusslicht beim Masernimpfschutz
Wie aus dem Report hervorgeht, ist der Masernschutz in Sachsen besonders lückenhaft. Für die vollständige Masernimpfung sind zwei Impfdosen erforderlich. Mit 77,3 Prozent liegen die Werte der vollständig geimpften Kinder in Sachsen um bis zu zehn Prozentpunkte unter dem Bundesschnitt. Die höchste Durchimpfungsrate weist das Saarland, mit 94 Prozent auf. Der Masernschutz wurde in Sachsen auch bei den bis zu Sechsjährigen nicht vollständig aufgeholt. Im Jahr 2022 hatten landesweit nur 84,8 Prozent der bis Sechsjährigen den vollständigen Masernimpfschutz erhalten, bundesweit dagegen waren es fast 92 Prozent. Das angestrebte 95-Prozent-Ziel wird nicht nur von Sachsen, sondern von allen Bundesländern verfehlt. "Impflücken gefährden die Gesundheit unserer Kinder und schwächen den Schutz für alle. Je größer diese Lücken in einzelnen Regionen sind, desto höher ist das Risiko für lokale Masernausbrüche. Weltweit ist die Zahl der Todesfälle durch Masern im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 43 Prozent gestiegen“, warnt Welfens.
Impflücken auch bei weiteren Infektionskrankheiten
Neben dem Masernschutz liefert der Arzneimittelreport auch Informationen zu den Impfquoten für andere von der Ständigen Impfkommission empfohlene Schutzimpfungen. In Sachsen erreichen die Impfquoten für Impfungen ohne Impfpflicht, wie beispielsweise Diphtherie, Keuchhusten, Polio und Hepatitis B, in den ersten beiden Lebensjahren nur Werte zwischen 74 und rund 78 Prozent. Die Impfung gegen Varizellen hatte dabei mit 64 Prozent die insgesamt niedrigste Quote. „Ein zentrales und erschreckendes Ergebnis unserer Analysen ist, dass die angestrebten Impfquoten für die 13 empfohlenen Impfungen zur Grundimmunisierung bei keiner Impfung erreicht werden, auch nicht für Masern nach Einführung der Impfpflicht. Die vielen Masernfälle und ein Todesfall in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 in England zeigen noch einmal, dass ohne Erreichen der Herdenimmunität massive Ausbrüche von Masernerkrankungen jederzeit möglich sind“, mahnt Welfens.
Zahlreiche Kleinkinder in Sachsen komplett ungeimpft
Laut Barmer-Report gibt es außerdem noch immer eine erhebliche Zahl an Kindern, die in den ersten beiden Lebensjahren vollständig ungeimpft sind. In Sachsen betrifft dies 3,6 Prozent der im Jahr 2020 geborenen Kinder. „Es ist alarmierend, dass immer noch viele Kinder überhaupt keinen Impfschutz haben. Diese Impflücken gefährden nicht nur die betroffenen Kinder, sondern alle, die sich selbst nicht durch Impfung schützen können“, erklärt die Barmer-Landeschefin. Nur in Bayern und Baden-Württemberg habe der Anteil ungeimpfter Kinder mit rund vier Prozent noch höher gelegen, während Brandenburg mit nur 1,5 Prozent die geringste Quote aufweise. „Erkrankungen, gegen die es heute Standartimpfungen gibt, kennen viele Menschen nicht mehr. Das zeigt auf der einen Seite wie der gut ein Impfschutz wirkt, auf der anderen Seite aber verlieren Krankheiten dadurch ihren Schrecken. Die Menschen werden sorgloser im Umgang mit präventiven Schutzmöglichkeiten, bis hin, dass sie Impfungen komplett ablehnen. Impfmüdigkeit ist gefährlich“, mahnt die Barmer-Chefin und verweist auf mehr Aufklärung. So schreibt die Barmer beispielweise aktuell Familien und Jugendliche an, wenn der HPV-Impfschutz unvollständig ist, mit der Tendenz, das zukünftig auch auf andere Impfungen auszuweiten.