Demografische Entwicklung, Fachkräftemangel, angespannte Finanzsituation – Die gesetzliche Pflegeversicherung hat großen Reformbedarf. Die Barmer hat daher in ihrem Positionspapier „Pflege für die Zukunft stark machen“ eine Vielzahl von Reformmaßnahmen formuliert, mit denen die soziale Pflegeversicherung für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet werden kann. Die Krankenkasse liefert damit einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung. In einem Sondernewsletter kommentieren wichtige Stimmen der Gesundheitsbranche Sachsen-Anhalts die einzelnen Vorschläge.
Barmer-Vorschlag: Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung dauerhaft sicherstellen
Die soziale Pflegeversicherung befindet sich in einer schwierigen Finanzsituation, denn die Kosten für die pflegerische Versorgung wachsen stetig. Notwendig ist nicht nur eine Finanzierungsreform für die Pflegeversicherung, sondern auch eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten für die Finanzierung zwischen Bund, Ländern und der Pflegeversicherung. Details dazu finden Sie hier.
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Herbert Wollmann (SPD) zum Vorschlag der Barmer
„Die Lage der Pflegeversicherung ist schwierig – perspektivisch kommen immer weniger Beitragszahler auf immer mehr Beitragsempfänger. Das Problem ist bereits länger bekannt und für jeden offensichtlich, der einmal die deutsche Bevölkerungspyramide gesehen hat. In den letzten 15 Jahren hat es darüber hinaus erhebliche Leistungsausweitungen gegeben. Die Leistungsausgaben sind heute mehr als doppelt so hoch wie noch im Jahr 2013. Doch nicht nur die Ausgaben der Pflegeversicherung sind gestiegen, auch der Eigenanteil der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen nimmt immer mehr zu. Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz ist allenfalls eine Übergangsmaßnahme und geht die strukturellen Probleme der Pflegefinanzierung nicht an.
Wie kann eine nachhaltige Finanzierung gelingen? Guter Rat ist teuer. Immer höhere Beiträge und Eigenanteile sind keine Lösung. Die Belastung der Versicherten sowie der Pflegebedürftigen und Angehörigen ist schon jetzt sehr hoch. Gleichzeitig ist der Bundeshaushalt in deutlich schlechterer Verfassung als noch in den Boomjahren des vergangenen Jahrzehnts. Damit sind einige Einschränkungen verbunden. So ist eine Dynamisierung des Bundeszuschusses oder auch die Finanzierung der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge durch den Bund durchaus wünschenswert, aber politisch aktuell schwer durchsetzbar. Die Lage ist hier ähnlich wie auch bei der Diskussion Beiträge der Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Politik ist gefordert, „outside the box“ zu denken. Ein Finanzausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung, sozusagen ein Morbi-RSA der Pflegekassen, ist als Vorschlag überprüfenswert. Auch eine Bürgerversicherung bei der Pflege, also eine Vereinigung der privaten und der sozialen Pflegeversicherung, ist mittelfristig überlegenswert. Die Bürger im Land wünschen sich nach neuesten Umfragen sogar eine Pflegevollversicherung. Hierbei müssten aber die Kosten seriös berechnet und auch entsprechend in der Bevölkerung kommuniziert werden. Das Ziel muss ein Modell sein, das Angehörige und Pflegebedürftige entlastet und gleichzeitig sozialverträglich finanziert ist.“