Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Bedrohung durch hybride Kriegsführung werfen fundamentale Fragen auf. Und das auch im Hinblick auf die Sicherheitsarchitektur des Landes. Die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen und die unberechenbaren Risiken, die von Cyberangriffen, Sabotageakten oder anderen Formen hybrider Bedrohungen ausgehen, stellen uns vor ganz neue Aufgaben. Während die Diskussion über die Rolle Deutschlands im NATO-Bündnisfall nach wie vor prägend ist, rückt zunehmend auch die Bedeutung der zivilen Infrastruktur in den Mittelpunkt. Ein zentraler Aspekt dabei: Wie resilient ist unser Gesundheitswesen gegenüber Krisen?
Nicht im Krieg, nicht im Frieden
Kapitän zur See Kurt Leonhards, Kommandeur des Landeskommandos Hamburg, gab kürzlich beim Verband der Ersatzkassen (vdek) wichtige Impulse zu dieser Thematik. Im Rahmen einer intensiven Diskussion zur sicherheitspolitischen Lage, hybrider Kriegsführung und der Rolle Deutschlands in einer möglichen NATO-Intervention, erläuterte er, dass Deutschland sich zwar nicht im Krieg befinde, aber eben auch nicht mehr im Zustand des Friedens sei. Diese „neue Normalität“ bringe tiefgehende Herausforderungen mit sich, auf die das Land nicht ausreichend vorbereitet sei.
Kapitän zur See Kurt Leonhards, Kommandeur des Landeskommandos Hamburg bei einer Veranstaltung des vdek in Hamburg
Leonhards‘ Appell war eindeutig: Um auf hybride Bedrohungen wie Cyberangriffe und Sabotageakte schnell und effektiv reagieren zu können, müsse die Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Akteuren deutlich verstärkt werden. Dabei gehe es nicht nur um die militärische Verteidigung, sondern auch um die Sicherstellung kritischer Infrastrukturen. Eine solche Infrastruktur umfasst neben den klassischen Bereichen wie Strom- und Wasserversorgung auch das Gesundheitswesen. Krankenhäuser, Arztpraxen und Versorgungseinrichtungen sind auf funktionierende Netzwerke angewiesen, nicht nur zur Behandlung von Patienten, sondern auch zur Aufrechterhaltung grundlegender gesellschaftlicher Ordnung in Krisenzeiten.
Gesundheitswesen und Krisenbewältigung
Die Bedeutung des Gesundheitswesens als Teil der nationalen Sicherheitsstrategie wird zunehmend anerkannt. Schon jetzt ist der Gesundheitssektor auf allen Ebenen mit der Herausforderung konfrontiert, seine Systeme vor Cyberangriffen zu schützen und auf Krisensituationen wie Pandemien oder Naturkatastrophen adäquat zu reagieren. In Zukunft wird der Druck jedoch weiter steigen. Leonhards wies darauf hin, dass Deutschland in puncto Resilienz und Vernetzung seiner Verteidigungsstrukturen noch erheblichen Nachholbedarf hat. Das betrifft nicht nur die technische Absicherung von Netzwerken, sondern auch die strukturelle Zusammenarbeit zwischen den relevanten Akteuren. Gesundheitsdienstleister, Notfalldienste, Polizei und Militär müssen in Krisensituationen Hand in Hand arbeiten, um eine schnelle und koordinierte Reaktion zu gewährleisten.
Besondere Aufmerksamkeit sollte der Verbesserung der gesellschaftlichen „Awareness“ geschenkt werden. Leonhards betonte, dass es nicht nur um technologische Lösungen geht, sondern auch um das Bewusstsein und die Sensibilität der Bevölkerung sowie aller Verantwortlichen in den relevanten Sektoren. Nur durch eine enge Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zwischen staatlichen, militärischen und zivilen Institutionen könne in Krisenfällen effizient und zielgerichtet gehandelt werden.
Der Blick in die Zukunft
Die Frage, wie wir in Notfallsituationen – aber auch im Alltag – mit den begrenzten Ressourcen umgehen, die uns im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen, wird uns auch beim kommenden Norddeutschen Dialog am Dienstag, den 9. Juni 2026, beschäftigen. Merken Sie sich diesen Termin also schon jetzt vor! Weitere Infos folgen zeitnah.
Fest steht: Die hybride Kriegsführung und die zunehmende Bedrohung durch Cyberangriffe erfordern ein Umdenken in der Sicherheitsstrategie Deutschlands. Das Gesundheitswesen spielt eine zentrale Rolle in der Krisenbewältigung und muss in die Überlegungen zur Sicherstellung der nationalen Resilienz integriert werden. Der Aufruf von Kapitän zur See Kurt Leonhards zur verstärkten Zusammenarbeit und Vernetzung muss als dringender Impuls verstanden werden – insbesondere im Hinblick auf die komplexen Herausforderungen der Zukunft.
Von: Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Hamburg