Dr. Susanne Klein, Landesgeschäftsführerin Barmer Hamburg
STANDORTinfo Hamburg

Auf den Punkt – Gesundheitspolitik aus dem Blickwinkel von Susanne Klein

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Wir alle kennen den Spruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Wenn wir uns aber mit modernen Führungsprinzipien auseinandersetzen, werden wir feststellen, dass hier längst die Umkehrung „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser“ angekommen ist. Bringt die Führungskraft ihren Mitarbeitenden Vertrauen entgegen, ist dies die Grundlage für eigenständiges, verantwortungsvolles Handeln der Mitarbeitenden. Aber die Gefahr ist, dass Mitarbeitende das Vertrauen ausnutzen und ihre „eigenen“ Wege gehen. Erkennt die Führungskraft dies, wird sie womöglich wieder zur Kontrolle greifen.

Wir alle kennen den Unterschied zwischen kooperativem und nicht kooperativem Verhalten. Verhalten sich alle Akteure im System kooperativ, werden sie gemeinsam ein hohes Maß an Wohlfahrt und Zufriedenheit erreichen. Es ist allerdings so, dass jeder einzelne im Voraus nicht weiß, wie sich die anderen Akteure verhalten. Sind wir kooperativ, unser Gegenüber ist dies aber nicht, sind wir die Verlierer im System.

Was heißt das nun für das Gesundheitssystem? Gehen wir vereinfacht von drei Akteuren aus: Leistungserbringende, Patientinnen und Patienten, Kostenträger. Die Leistungserbringenden erbringen medizinische Leistungen, die die Patienten benötigen, und der Kostenträger übernimmt die Kosten. So weit so gut. Aber was ist, wenn Leistungserbringende zu viel machen, Qualitätsvorgaben nicht eingehalten werden und/oder Arbeit abgerechnet wird, die nicht erbracht wurde? Patienten merken dies im Zweifelsfall nicht. Es entstehen aber Kosten für Leistungen, die vielleicht gar nicht erbracht wurden oder nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen. Kosten, die zu Lasten der Versicherten gehen, denn diese zahlen die Leistungen mit ihren Beiträgen. 

In der Ökonomie sprechen wir hier von asymmetrischer Information: der eine weiß nicht, was der andere tut. Aber in der Ökonomie haben wir auch Lösungen dafür. Entspricht die Leistung nicht der geforderten Qualität, wechselt man halt den Anbieter. Das ist im Gesundheitssystem schwierig. Wechselt man einfach den Arzt oder das Krankenhaus? Wer ist man? Ist das der Patient, der eventuell gar nicht erkennt, ob die Leistung gut war oder nicht und der auch die Qualitätsvorgaben wie Mindestmengen etc. nicht unbedingt kennt?

Wenn wir privat eine Rechnung bekommen, prüfen wir diese. So ist und muss es auch im Gesundheitssystem sein. Wenn Rechnungen von Leistungserbringenden gestellt werden, so sind diese zu prüfen. Dafür ist es notwendig, dass Leistungserbringende ihre Arbeit dokumentieren und die Einhaltung von Qualitätsvorgaben nachweisen können. Das dient letztlich auch der eigenen Sicherheit. Damit ist klar: Genau so viel Dokumentation benötigen wir im Gesundheitssystem! 

Es ist gut, dass das Thema Entbürokratisierung an vielen Stellen diskutiert wird. Denn nach vielen Jahren mag es an der Zeit sein, den Dokumentationsaufwand wieder genau auf das beschriebene Mindestmaß zu reduzieren. Hier sind alle Beteiligten im System gefordert: Leistungserbringende, Kostenträger und Gesetzgeber.