Lindau, 10. November 2025 – "Um unser Gesundheitssystem schnell zu entlasten, ist eine kurzfristig Notfall- und Rettungsdienstreform und eine vorgeschaltete digitale medizinische Triage erforderlich", so der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. med. Christoph Straub, bei der heutigen Gesundheitskonferenz der Krankenkasse in Lindau. Dort diskutierten Expertinnen und Experten darüber, wie die Effizienzpotenziale im deutschen Gesundheitswesen durch Digitalisierung, eine zielgerichtete Patientensteuerung, mehr Eigenverantwortung und eine bessere Gesundheitskompetenz der Bevölkerung gehoben werden können.
Digitalisierung als Schlüssel
"Auch die Digitalisierung ist ein entscheidender Schlüssel für eine zukunftssichere, effiziente und gerechtere Gesundheitsversorgung“, ergänzt Alfred Kindshofer, Landesgeschäftsführer der Barmer in Bayern. Sie könne die Versorgungsqualität und Prozesse verbessern, den Fachkräftemangel abfedern und wirtschaftliche Innovationspotenziale freisetzen. Trotz politischer Maßnahmen bleibe die Umsetzung jedoch herausfordernd. Bürokratische Hürden, Datenschutzbedenken und globale Krisen würden den Fortschritt bremsen. Eine digital unterstützte Gesundheitsversorgung könne ihr volles Potenzial entfalten, wenn sie nicht nur effizienter, sondern auch zielgerichteter auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausgerichtet wird. So könnten Versicherte, die an einem von der Krankenkasse angebotenen digitalen Präventionsprogramm teilnehmen, über eine App personalisierte Ernährungsempfehlungen erhalten, die auf deren individuellen Gesundheitsdaten, Ernährungszielen und potenziellen Risikofaktoren basierten.
Die Gesundheitskompetenz der Menschen muss besser werden
Der baden-württembergische Landesgeschäftsführer der Barmer hält es für unumgänglich, dass die Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger besser werden muss, um das Gesundheitswesen zu entlasten. Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteile und für das eigene Wohlbefinden anzuwenden. Laut einer aktuellen Studie, der HLS-GER 3, die Doris Schaeffer von der Universität Bielefeld bei der Barmer-Gesundheitskonferenz am Bodensee vorstellte, tut sich die Mehrheit der Bundesbürger damit schwer. 55,7 Prozent hätten eine geringe Gesundheitskompetenz, bei den sozialschwachen Menschen habe sie sich seit der letzten Erhebung sogar verschlechtert. "Eine schlechte Gesundheitskompetenz hat Folgen für den Einzelnen und für die Allgemeinheit. Denn sie geht mit ungesunder Ernährung und zu wenig Bewegung, einem schlechteren Gesundheitszustand, mehr Fehltagen im Job und der häufigeren Nutzung unseres Gesundheitssystems einher. Und das können wir uns nicht leisten", sagt Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer in Baden-Württemberg.
Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der BARMER in Baden-Württemberg
Schon vor drei Jahren beziffert die Weltgesundheitsorganisation die Folgekosten der mangelhaften Gesundheitskompetenz in Deutschland auf bis zu 24 Milliarden Euro. "Wie so oft haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit. Wir müssen schon den Kindern beibringen, was gesund ist und wie wir es bleiben. Das Thema Gesundheitskompetenz gehört verpflichtend in die Kita und in die Lehrpläne der Schulen. Wir brauchen eine nachhaltige Strategie, die in unserer Gesellschaft grundlegend etwas verändert. Ansonsten werden wir an dieser Wunde noch in Jahrzehnten herumdoktern und Ressourcen verschwenden."