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Antibiotika: Therapiedauer wird individueller

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Der Einsatz von Antibiotika ist bei vielen bakteriellen Erkrankungen die Standardtherapie. In den vergangenen Jahrzehnten galt die Faustregel, das Arzneimittel bis zum Ende einzunehmen, auch wenn der Patient sich bereits besser fühlte. Genau diese Empfehlung ändert sich jetzt. Inzwischen gilt immer öfter: Antibiotika so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich einnehmen.

Im Kampf gegen teilweise lebensgefährlichen Krankheiten, die durch Bakterien ausgelöst werden, spielen Antibiotika eine wichtige Rolle. Sie töten Krankheitserreger ab oder hemmen die Vermehrung der Bakterien. Die gute Wirksamkeit und die relativ geringe Zahl von Nebenwirkungen hat allerdings auch ihre Schattenseite, denn sie führte in der Vergangenheit zu einem teilweise sorglosen Umgang mit diesem wichtigen Arzneimittel. Das begünstigt gefährliche Resistenzen, bei denen auch Antibiotika nicht mehr wirken. Dann kann es schnell um Leben und Tod gehen.

Studien zeigen: Weniger kann mehr sein

„Die optimierte Einnahme von Antibiotika kann dazu beitragen, die Gefahr von Resistenzen zu reduzieren. Studien aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass in vielen Fällen ein kürzerer Einsatz mehr Vorteile hat als bisher angenommen“, erklärt Heidi Günther, Apothekerin bei der Barmer. Ein kürzerer Einnahmezeitraum bedeutet noch weniger Neben- und Wechselwirkungen, gleichzeitig ist die Wirksamkeit bei vielen Krankheitsbildern aber gleich hoch. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2016 konnte beispielsweise gezeigt werden, dass eine fünftägige Antibiotikaeinnahme bei Patienten mit einer ambulant erworbenen Lungenentzündung genauso wirksam war wie eine zehntägige. Daher liegt der Schluss nahe, dass Antibiotika in der Vergangenheit oft länger als nötig eingenommen wurden. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass das Immunsystem nur in der Anfangsphase von einer medikatösen Unterstützung profitiert und anschließend die Selbstheilungskräfte so groß sind, dass eine weitere Einnahme den Krankheitsverlauf nicht beeinflusst.

Diese Erkenntnis bedeutet jedoch nicht, dass Patienten ein Antibiotikum automatisch eigenhändig absetzen können, sobald ihre Symptome verschwunden sind. Wie lange die Therapie tatsächlich dauern muss, kann und sollte nur der behandelnde Arzt entscheiden. Er wird dabei neben der Erkrankung selbst auch so individuelle Faktoren wie beispielsweise das Alter, die Fitness und den Stoffwechsel der Patienten berücksichtigen.

Blick in die Zukunft

Um Antibiotika-Therapien langfristig wirklich individuell gestalten zu können, ist die Wissenschaft gefordert. Sie arbeitet derzeit an unterschiedlichen Methoden. So könnte beispielsweise über sogenannte Biomarker im Blut kontrolliert werden, wie die Entzündungsparameter sich verändern. Doch das ist im Augenblick noch Zukunftsmusik.

Gut zu wissen
Nicht nur die Dauer, auch die richtige Einnahme spielt bei einer Antibiotikatherapie eine entscheidende Rolle. Um beispielsweise den Wirkstoffpegel im Blut stabil zu halten, sollten Antibiotika möglichst immer zur gleichen Zeit eingenommen werden, egal ob sie einmal oder mehrmals am Tag geschluckt werden müssen. Wichtig ist auch der Hinweis, wann das Medikament eingenommen werden soll, also vor, während oder nach dem Essen. Zum Schlucken eignet sich am besten ein Glas Wasser. Tee, Milch und Fruchtsäfte könnten zu Wechselwirkungen führen.