Dr Christine Schneemilch_original
STANDORTinfo für Sachsen-Anhalt

Dr. Christine Schneemilch vom Marburger Bund Sachsen-Anhalt zum leistungsbezogenen Vergütungssystem

Lesedauer unter 2 Minuten

Die Barmer liefert mit dem 10-Punkte-Papier 2.0 zur sektorenübergreifenden Versorgung einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung in Sachsen-Anhalt. In unserem Sondernewsletter kommentieren wichtige Stimmen der Gesundheitsbranche Sachsen-Anhalts die einzelnen Vorschläge der Barmer.

Barmer-Vorschlag: Leistungsbezogenes Vergütungssystem aufbauen

Die Barmer schlägt vor, ein leistungsbezogenes Vergütungssystem aufzubauen. Für die sektorenübergreifenden Leistungen soll eine einheitliche und angemessene Finanzierungsbasis geschaffen werden. In einem modularen Vergütungssystem soll eine Basisvergütung für die jeweiligen medizinischen Leistungen durch weitere Vergütungsbestandteile ergänzt werden. Details dazu finden Sie hier.

Dr. Christine Schneemilch, Vorsitzende des Marburger Bundes Sachsen-Anhalt, zum Vorschlag der Barmer

"Das Ergebnis der aktuellen Mitgliederbefragung „MB-Monitor 2022“ zeigt deutlich die Auswirkungen der Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen. Hohe Arbeitsbelastung, ständiger Zeitdruck, ausufernde Bürokratie und das Diktat der Ökonomie belasten Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern zunehmend. Es ist höchste Zeit für einen, wie auch von der Barmer vorgeschlagenen, Systemwechsel mit einer sektorenübergreifenden Neustrukturierung des Gesundheitswesens. Der Marburger Bund hat im September 2020 ein Positionspapier „Zukunft der Krankenhausversorgung aus ärztlicher Sicht“ vorgelegt und aktuell um ein Versorgungsstufenmodell ergänzt.
Wohnortnahe kooperative Versorgungskonzepte, die ohne bürokratischem Aufwand die medizinische Versorgungsqualität für die Patienten verbessern, sind das Ziel. Kooperationen und Vernetzungen zwischen Krankenhaus und vertragsärztlichem Bereich, sowie stationärer und ambulanter Kranken- und Altenpflege und Rehabilitationseinrichtungen sollten unbedingt gefördert werden. Es geht um eine bedarfsgerechte Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit wohnortnaher Grund- und Notfallversorgung sowie einer zentralisierten Spezial- und
Maximalversorgung.
Das bisherige pauschalisierte Abrechnungssystem hat zu Fehlanreizen geführt. Der Marburger Bund favorisiert eine erlösunabhängige Vergütungskomponente, in der Krankenhäuser zur Erfüllung des Versorgungsauftrages entsprechend ihrer Versorgungsstufe leistungsunabhängige Pauschalen erhalten. Finanzierungen notwendiger Investitionen sind eine öffentliche Aufgabe und müssen gemeinsam von Bund und Ländern getragen werden.
Bei einer sektorenübergreifenden Neustrukturierung des Gesundheitssystems sollte stets der Patient im Fokus stehen. Entscheidend ist die Qualität der Patientenversorgung, egal ob die Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Leistungsbezogene Vergütungssysteme bergen immer die Gefahr von Fehlanreizen, Behandlungen durchzuführen, die nicht indiziert, aber gewinnträchtig abgerechnet werden können. Diese Fehlentwicklung im Gesundheitswesen ist strikt abzulehnen. Gesundheit ist kein marktwirtschaftliches Gut. Diagnostik und Behandlungen, ob ambulant oder
stationär erbracht, müssen sich primär an den gesundheitlichen Bedürfnissen der Patienten orientieren.
Das bisherige erlösorientierte Abrechnungssystem sollte durch ein kombiniertes Vergütungssystem aus krankenhausindividuellen Personalausgaben und Vorhaltekosten sowie Abrechnung landeseinheitlicher pauschalierter Sach- und Betriebskosten ersetzt werden."